19.12.2024

Meckern über den falschen Politiker - Leserbrief

Der Glossist Sattler in der WZ ist wie ein rotes Tuch für mich.

[veröffentlicht am 19.12.2024]

Und erneut macht sich der Glossist Sattler die Welt widde-widde-wie sie ihm gefällt und verdreht die Fakten, so dass mal wieder Habeck als der Schuldige dasteht.

Sattler weist auf den angeblichen Widerspruch hin, dass die Ampel den Zuschuss für E-Autos gestrichen hat und nun auf EU-Ebene eine Subventionierung erreichen will.

Ein ganz kleines bisschen, aber auch wirklich nur ein ganz ganz kleines bisschen, hat Sattler recht: Habeck war das ausführende Organ, das die Subvention streichen musste, weil es sein Ressort war; aber genauer gesagt musste er die Subvention deshalb streichen, weil der Ampelsaboteur Lindner die Verlängerung dieser zeitlich befristeten Subvention verweigert hat. Habeck war also - vermutlich zähneknirschend - buchstabengetreu und ist dem Diktat des Finanzministers gefolgt.

Dasselbe ist zum Ende der Mehrwertsteuersenkung passiert: das Gesetz war befristet, und da es nicht verlängert wurde, ist die Senkung der Mehrwertsteuer regulär ausgelaufen. Es gab also keine “Erhöhung” der Mehrwertsteuer, sondern ab diesem Zeitpunkt galt schlicht wieder der vorherige Satz.

Nun zur zweiten Desinformation, die Sattler in seine Glosse gepackt hat: es war nämlich nicht die Umwidmung des Corona-Sondervermögens verfassungswidrig, sondern allein die fehlende Begründung für die Umwidmung war die Ursache, dass das Bundesverfassungsgericht so streng geurteilt hat. Generell wäre es möglich gewesen, den Zweck dieser Finanzmittel zu ändern und sie tatsächlich für die Finanzierung von weiterem Klimaschutz einzusetzen und trotzdem weiter den Buchstaben der Schuldenbremse zu folgen.

Mittlerweile kursiert sogar die Vermutung, dass auch an dieser Stelle kein “Praktikantenpapierchen” eingereicht wurde, sondern dass Lindner ganz bewusst die Begründung für die Umwidmung vermurkst hat. Und ganz zufällig findet sich unter den CDU-Abgeordneten einer, dem diese Nachlässigkeit auffällt. Die CDU hätte natürlich genausogut in der vorangegangenen Debatte im Bundestag auf diesen Fehler des damaligen Finanzministers hinweisen können. Dass sie stattdessen vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt und die Ampel ins offene Messer hat laufen lassen, ist eine perfide und bösartige Art, wie man eigentlich keine Politik machen sollte.

Die CDU hat hier erneut die Parteienstrategie über eine sinnvolle Maßnahme für Deutschland gestellt und damit wie so oft in den letzten drei Jahren gezeigt, dass sie keine eigenen Inhalte vorzuweisen hat, sondern sich trumpesk darauf beschränkt, den politischen Gegner schlecht zu machen, und findet dabei wie immer willfährige Helfer in der Krawallpresse aus dem Springerverlag.

Zur Erinnerung: Springer-Chef Döpfner hat zu Beginn der Ampelkoalition die “Bild”-Redaktion angewiesen, die Inhalte so auszurichten: “please stärke die FDP, damit die so stark sind, dass die Ampel platzt und Jamaika kommt”. Enorm spannend an dieser Farce ist nun, dass Söder seit Monaten aus allen Rohren gegen die Grünen feuert und damit Merz widerspricht, der sehr zaghaft eine Zusammenarbeit mit den Grünen nicht mehr kategorisch ausschließen mag.

18.12.2024

CDU-Wahlwerbung als Interview getarnt (3) - Leserbrief

Und das nächste Interview aus der Reihe folgt sogleich ...

[veröffentlicht am 18.12.2024]

Die WZ setzt ihre Reihe von Kuschelinterviews mit einer weiteren B- oder C-Promi-Politikerin ab, die vom bekannten Namen ihres Vaters profitieren will und sein Bundestagsmandat erben will. Welchen Sinn es hat, Fr. Bosbach aus dem Bergischen bei Köln in einer mittelhessischen Zeitung eine ganze Seite zu schenken, erschließt sich dem Leser der Wetterauer nicht. Das Interview lässt indes viele interessante Informationen aus, wie z.B., dass sie als Lobbyistin arbeitet und dem “jungen Wirtschaftsrat” der CDU vorsteht.

Wikipedia weiß viel Interessantes über sie: “Der Wirtschaftsrat sprach sich im Jahr 2019 gegen das Bundes-Klimaschutzgesetz und gegen den Expertenrat für Klimafragen aus. (...) Er möchte Klimaschutzmaßnahmen verlangsamen und sieht in Deutschland „Sonderwege in der Klima- und Energiepolitik“, durch welche „eine De-Industrialisierung droht“. Auf Ebene der Europäischen Union solle sich die Bundesregierung außerdem „für eine zeitliche Streckung der klimapolitischen Zielvorgaben einsetzen“. Und damit schließt sich der Kreis derjenigen, die alarmistisch “De-Industrialisierung” rufen und damit den Klimaschutz aushebeln wollen.

Sie bringt die üblichen inhaltsleeren Floskeln vor und versucht, mit dem Stichwort “cancel culture” Mitleid zu erwecken. Dabei hat sie offensichtlich nicht verstanden, dass die Meinungsfreiheit eben nicht nur für sie gilt, sondern auch für alle anderen. Man kann gern jede Meinung äußern, und ihre Behauptung, dass man das in bestimmten Situationen eben doch besser nicht tut, ist kein Zeichen von “Zensur”, sondern nur der Wille, nicht kritisiert zu werden. So funktioniert die Meinungsfreiheit aber eben gerade nicht! Wenn sie Unfug von sich gibt, muss sie auch den Gegenwind aushalten. Das ist beileibe keine “cancel culture”, sondern ein gesunder Diskurs. Es gibt kein Recht, unwidersprochen zu bleiben!

Gemäß einem Spiegelbericht aus dem November “arbeitet sie in der Energiewirtschaft und macht sich als Autorin für den Klimaschutz stark”. Das widerspricht ihrem Interesse für die Kernkraft diametral, denn KKW mit ihrer enorm langsamen Regelungszeit im Stundenbereich sind Gift für Erneuerbare Energien, wenn es um dynamische Anpassung der Stromerzeugung geht.

Beim Thema Atomkraft zeigt sie eine bemerkenswerte - oder absichtliche? - Unkenntnis der tatsächlichen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Lage, genau wie Merz offensichtlich bei den Themen Windkraft und Kernfusion vollkommen abwegig irrlichtert. Keiner der deutschen Kraftwerksbetreiber hat ein Interesse am Neubau oder Weiterbetrieb von Kernkraftwerken - alle Chefs haben abgewunken. Die deutschen KKW sind sämtlich in einem Stadium des Rückbaus, das eine erneute Inbetriebnahme ausschließt. Der Staat müsste für neue KKW irrsinnige finanzielle Garantien übernehmen und Subventionen leisten, die im Lichte der Preise für Windkraft und Photovoltaik überhaupt keinen Sinn ergeben. Seit den Neunziger Jahren gibt es im Maschinenbaustudium kaum noch Interessenten für das Fachgebiet “Kerntechnik”, somit gibt es auch keine Fachleute mehr, die Bauprojekte durchführen könnten.

Von allen westlichen KKW-Projekten lief das finnische Olkiluoto 3 noch am Besten ab - nur dreifach teurer als geplant. Der Reaktor ist zwar laufend defekt und läuft daher nur wenig, aber egal. Der englische Neubau Hinkley Point C kostet nach neuesten Zahlen über 62 Mrd. Euro. Das abgeschlossene US-Projekt Vogtle kostete 27,5 Mrd. €. Der Reaktor Flamanville in Frankreich kostete bis jetzt 19 Mrd. € und hat die üblichen französischen Probleme mit Kühlwasser. Alle KKW-Projekte hatten Preissteigerungen in drei- oder vierfacher Höhe und massive Verzögerungen um mehrere Jahre.

Deutschland hat dieses Jahr im Schnitt 70 % des Strombedarfs aus Erneuerbaren Quellen erzeugt. Nach Jahren der Blockade durch die Merkel-Regierungen II-IV mit überbordender Bürokratie und Störfeuer aus Bayern gegen den Stromtrassenbau gibt es Rekordzahlen bei der Genehmigung und beim Neubau von Windkraft und PV-Anlagen - außer in Bayern, rein zufällig auch dem Bundesland mit der derzeit größten Wirtschaftsschwäche (minus 0,6 % im Vergleich zu minus 0,1 % beim Bund).

05.11.2024

Fakenews im Interview mit Söder - Leserbrief

[veröffentlicht am 07.11.2024]

Deutschländer und Anastasiadis: wer könnte so ein Söder-Interview auch sonst leiten als die üblichen Verdächtigen, die regelmäßig sehr konservative Glossen in der WZ verzapfen und immer noch nicht verstehen wollen, dass sie damit nur den Themen der AfD hinterherlaufen.

Was genau macht ein lokaler Provinzfürst aus Bayern in einer mittelhessischen regionalen Tageszeitung? Er bringt die üblichen Behauptungen über “Migration” als wichtigstes Thema Deutschlands, verbunden mit finanziellen Forderungen zu Kürzungen, die jenseits der verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Regelungen liegen. Besonders spannend an dieser mentalen Kehrtwende ist, dass fast alle CDU- und CSU-Politiker im Bundestag 2022 für das Bürgergeld gestimmt haben, nämlich 176 von 197 (1 Nein, 1 Enthaltung, 19 abwesend). “Migration” ist meistens ein Sammelbegriff, um die Angst vor Kriminalität durch Ausländer zu schüren. Dabei geht die Kriminalitätsrate seit Jahren deutlich zurück. 2012 gab es 770.000 Verurteilungen, 2022 nur noch 650.000 (minus 16 %). Anmerkung: die Kriminalitätsstatistiken von Bund und Ländern geben die Zahl der Ermittlungen wieder, nicht die Zahl der Verurteilungen.

Zurück zu Söder: er ist der einzige deutsche Politiker, der es bei Twitter in die Hitparade der Korrekturen über Desinformation geschafft hat, die sog. “Community Notes”, die aufdecken, wenn ein Beitrag Unfug behauptet - und das tut er mit großer Regelmäßigkeit.

Söder ist eigentlich kein Politiker mehr, schon gar nicht Ministerpräsident: er verbringt den Großteil seiner Zeit in Bierzelten (110 Sauftermine in 10 Monaten!) und verbreitet dort populistischen Quatsch. Er versäumt 25 von 30 Landtagssitzungen sowie 70 von 80 Bundesratssitzungen. Twitter nennt ihn mittlerweile spöttisch “Food Blogger”, weil er mit seinem jährlichen Etat von 7,3 Mio. Euro für Selbstbeweihräucherung gern mal fotogen Drogen aus dem Maßbierkrug konsumiert oder riesige Schokoladeneier verschenkt. Trotz diverser Skandale hält er immer noch an seinem inkompetenten Wirtschaftsminister fest: Bayern ist immerhin führend beim Sterben der Bauernhöfe (über 13.000) und beim negativen Wirtschaftswachstum (mit 0,6 % mehr als doppelt so viel wie der Bund).

Im Interview vom 24.10. behauptet er großzügig, dass er sich nicht in die Politik der anderen Bundesländer einmischt, aber in allen sozialen Netzwerken tönt es nahezu täglich von ihm, dass es keine schwarz-grüne Zusammenarbeit geben wird (obwohl das in 6 Bundesländern leidlich gut funktioniert).

Söder behauptet regelmäßig, dass der Bund Bayern benachteiligt und dem Land Geld fehlt. Dabei unterschlägt er gern, dass er besonders stolz auf die drei CSU-Verkehrsminister war, die zuletzt für mehr als zehn Jahre sehr viel Förderung nach Bayern gepumpt haben, oder dass die Gelder einfach deswegen fehlen, weil gar keine Förderanträge gestellt wurden.

Beim Glasfaserausbau liegt Bayern auf dem vorletzten Platz aller Bundesländer. Bayern hat noch keine Aufstellung über die Hochwasserschäden, verlangt aber jetzt schon Zahlungen aus Berlin und behauptet auf Twitter, dass aus Berlin “0 Euro” kommen. Aiwanger schreibt täglich Briefe an Habeck und bettelt um mehr Geld, streicht aber die eigene Unterstützung für Flutopfer. Bayern ist sehr energisch beim Verhindern von Windkraftanlagen und Stromtrassen, wehrt sich aber vehement, dann die Konsequenzen für diese Verweigerungshaltung zu tragen (z.B. Strompreiszonen).

Das war kein Interview, sondern großzügige mediale Streicheleinheiten für Söders Selbstdarstellerei. Schade um den verschwendeten Platz.

14.10.2024

Olle Kamellen, wenn's noch ein bisschen mehr Hetze sein darf - Leserbrief

Wenn mir nix Neues mehr einfällt, dann nehm ich halt was vom letzten Jahr und lutsch es noch ein wenig mehr aus.

[veröffentlicht am 12.10.2024]

Für die WZ hat der Bundestagswahlkampf schon begonnen, scheint mir. Jeden Tag mindestens eine Glosse, gern auch mal zwei, gegen irgendeinen gefühlten Fehler, den die Ampel gemacht hat. Gerne wird dabei ausdrücklich der Name Habeck verwendet oder “die Grünen” oder “die Ampel”, selbst wenn das Subjekt der Berichterstattung ganz konkret einer der Koalitionspartner sein müsste, meistens müsste dies tatsächlich die Blockadepartei FDP sein.

Die Glosse von Schäfer am Samstag setzt der Berichterstattung noch als i-Tüpfelchen ein aufgewärmtes Thema vom letzten Jahr oben drauf: die angebliche Trauzeugen-Affäre um Graichen. Er ist ein ausgewiesener Experte und hat die Energiewende enorm beschleunigt, was natürlich den fossilen Lobbys offensichtlich ein Dorn im Auge war.

Die vorgebliche Vetternwirtschaft mit “Habeck und Graichen” hat sich damals schon als Sturm im Wasserglas entpuppt, da kein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist und Habeck tatsächlich gar nicht an den Entscheidungen beteiligt war, die als Vorwurf in die Welt gesetzt wurden. Der Faktencheck zu dieser Posse hat danach natürlich nicht dasselbe Ausmaß an medialer Aufmerksamkeit bekommen. Honi soit qui mal y pense!

Des weiteren erwähnt Schäfer schon wieder das angebliche “Heizungsgesetz” und unterstellt erneut der Ampel, hier schlechte Gesetze zu Lasten der kleinen Bürger ins Parlament zu bringen. Erneut als Faktencheck: das korrekt “Gebäude-Energie-Gesetz” genannte Paket wurde 2019 von Altmaier und Seehofer geplant und war weitaus radikaler als die entschärfte Fassung, die die Ampel 2022 weiterentwickelt hat. Die frühere CDU-Fassung enthielt die knallharte Auflage, nach einem Stichtag veraltete Heizungen erneuern zu müssen. Die neue Ampelfassung hingegen bietet die Möglichkeit, auch alte fossile Heizungen weiter zu betreiben, solange sie reparierbar sind. Nebenbei sollte in der Gesetzesnovelle eine Frist um ein Jahr vorgezogen werden, um geänderten EU-Auflagen nachzukommen. Es ist natürlich trotzdem sinnvoll, alte Heizungen mit Öl oder Gas z.B. gegen eine Wärmepumpe auszutauschen, denn ab 2027 steigt der Preis für fossile Brennstoffe deutlich aufgrund der kommenden CO2-Abgabe.

Umgekehrt verzichtet Schäfer gern darauf, z.B. die Vetternwirtschaft im Verkehrsministerium zu erwähnen, bei der ein Abteilungsleiter Patente über Brennstoffzellen hält und gleichzeitig für die Vergabe von 98 Mio. Euro Fördergeldern an die Wasserstoffindustrie zuständig ist. Es war lange unklar, ob er durch die Patenteinnahmen unmittelbar profitiert. Erst nach längerem gab es halbherzige personelle Konsequenzen. Bei den üblichen Krawallblättern erfuhr man hierzu: nichts außer dröhnender Stille. Das passt ja auch nicht in deren Narrativ, dass die FDP etwas falsch machen könnte. Aber die Grünen!

Der uns vielleicht drohende zukünftige Wirtschaftsminister Spahn hat nicht nur Milliarden bei seinen Maskendeals versenkt, die immerhin Partei-Spezis Millionenprovisionen eingebracht haben, sondern hat auch Beatmungsgeräte von Dräger bezahlt, die nie geliefert wurden, und hat für 9.999 Euro pro Person “private” Abendessen veranstaltet, bei denen er sich bis heute weigert, die zahlenden Gäste namentlich zu nennen. Damit toppt er sogar Scheuers Maut-Entschädigungszahlungen in Höhe von “nur” 243 Millionen Euro. Vielleicht sollten die Medien zur Abwechslung die schlechten Entscheidungen der vorherigen Regierung aufarbeiten und nicht nur Skandälchen bei der Ampel erfinden oder aufbauschen. Oder mal genauer hinschauen, welche Verflechtungen es so gibt: im Aufsichtsrat von Dräger z.B. sitzt die Vorsitzende des “Wirtschaftsrats” der CDU. Und nach 100 Millionen Euro Feenstaub für Flugtaxis drohnt Lillium nun erneut die Pleite und es werden weitere 50 Millionen Euro gefordert. Dafür wird dann zum Ausgleich die Förderung für die Batterieforschung gestrichen.

09.10.2024

Und täglich grüßt der Sattler - Leserbrief

Der Glossist Sattler ist nahezu täglich in der WZ vertreten und schimpft über die Ampel. Dabei nimmt er es mit den Fakten nicht besonders genau.

[veröffentlicht am 18.10.2024]

Die Glosse von Hr. Sattler am 09.10. ist ein Sammelsurium von Halb- und Viertelwahrheiten aus den letzten 3 Jahren, die er für sein nahezu tägliches Gejammer gegen die Ampelkoalition zusammengestellt hat. Ich wünsche mir zu jedem Beitrag von Sattler einen sofortigen Faktencheck, der unmittelbar alles korrigiert und klarstellt, was er behauptet.

Die Diskussion um Kernkraft sollte eigentlich lange beendet sein. Sattler versucht sie wieder aufzuwärmen und behauptet, überall werden neue Kernkraftwerke gebaut, nur Deutschland hat 6 % seiner Stromerzeugung leichtfertig aufgegeben.

Die Wahrheit ist: weltweit geht die Nutzung von Kernkraftwerken zurück. Finnland hat nach mehreren schwerwiegenden Störfällen das neueste KKW Olkiluoto gleich wieder für mehrere Monate abgeschaltet. In Frankreich laufen die KKW oft nicht wegen Sicherheitsmängeln und fehlendem Kühlwasser - wir werden nächsten Sommer wieder massiv EE-Strom nach Frankreich exportieren. Der Neubau Hinckley Point C in England steht vor dem Scheitern, nachdem die Bauzeit und die Kosten von geplanten 21 Mrd. auf derzeitige 58 Mrd. Euro explodiert sind und der chinesische Investor beim Stand von 38 Mrd. Euro ausgestiegen ist. Es sind so gut wie keine Neubauten konkret in Sicht, es gibt weltweit eigentlich nur ein paar schwammige Absichtserklärungen, aber dafür viel Getrommel von Lobbyorganisationen. Habeck zu England: “Das wird die teuerste Kilowattstunde Strom, die je in Europa produziert wurde”.

Die Wahrheit ist: der Atomausstieg wurde von der CDU-FDP-Koalition 2011 beschlossen und diese Regierung hat insgesamt 14 der 17 KKW abgeschaltet. Die Ampel hat die drei noch laufenden KKW sogar länger in Betrieb gehalten und dafür monatliche Strafzahlungen an die Betreiber geleistet, weil das Ausstiegsdatum längst vertraglich festgelegt war. Die deutschen KKW mussten gesetzlich abgeschaltet werden, weil die vorgeschriebenen Sicherheitsüberprüfungen (alle zehn Jahre) wegen des absehbaren Laufzeitendes lange vorher ausgesetzt wurden.

Es gab nie das Risiko eines Blackouts. Deutschland hat genügend Kapazitäten mit Wind, Solar, Kohle, Gas, Biomasse und Wasserkraft. Seit der Abschaltung der KKW ist der Strompreis an der Börse deutlich gesunken, und der CO2-Ausstoß ist geringer, weil viel mehr EE-Strom eingespeist werden kann. Sogar die Kohleverstromung ist deutlich zurückgegangen und hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als halbiert. Die Erzeugung von EE-Strom steigt und liegt mittlerweile sogar deutlich über Plan. Was jetzt zur Abrundung noch fehlt, sind mehr Stromtrassen von Nord nach Süd und Batteriespeicher sowie der Stopp der bayrischen Verhinderungspolitik beim Ausbau der Erneuerbaren.

Sattler behauptet, die Wirtschaft schrumpft. Die Wahrheit ist: es gibt Branchen, denen es gut geht, und welche, denen es schlecht geht. Das ist offensichtlich eine Binsenweisheit, aber Sattler pickt sich natürlich gezielt den schlechten Teil heraus. Liebherr hat gerade einen Milliardenauftrag für elektrische (!) Bergbaumaschinen aus Australien bekommen. Der DAX steigt auf über 19.000. Die Bemessungsgrenze für die Renten soll steigen wegen “der guten Lohnentwicklung”. Es sind mehr als 46 Mio. Arbeitnehmer in Lohn und Brot. Die letzte saisonale Winterarbeitslosigkeit war die geringste seit mehreren Jahren. Tesla und TSMC bauen Fabriken in Deutschland auf. Das “Schrumpfen” bewegt sich im Promillebereich.

Was viel problematischer für die Wirtschaftsentwicklung ist: in Deutschland wird Arbeit viel stärker besteuert als Vermögen. Die Superreichen haben in den letzten zehn Jahren und insbesondere während Corona ihr Vermögen vervielfacht und angehäuft. Die Vermögenssteuer ist seit 1998 ausgesetzt und nach Schätzungen fehlen dem Staat dadurch insgesamt 380 Mrd. Euro. Die Erbschaftssteuer enthält lächerliche Deckelungsgrenzen, und mit Tricks und Schlupflöchern konnte Friede Springer Aktien im Wert von einer Milliarde Euro steuerfrei verschenken. Die Mitbesitzerin von BMW, Susanne Klatten, kann an ihre drei Kinder je 1,5 Mrd. Euro steuerfrei verschenken. Statt über Kürzungen beim Bürgergeld nachzudenken, könnte der Staat hier ansetzen. Das eingenommene Geld kann dann zur Stützung von wirklichen Zukunftstechnologien verwendet werden statt den Reichen weitere Steuergeschenke zu machen.

08.10.2024

Die CDU kann es besser? - Leserbrief

Die Glossen der WZ glänzen seit einiger Zeit durch Abwesenheit von Faktenkenntnis und der Forderung nach fragwürdigen, rechtswidrigen Sanktionen gegen Flüchtlinge.

[veröffentlicht am 08.10.2024]

Die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für das Bürgergeld scheinen an den konservativen Politikern und auch am Glossisten Deutschländer vollkommen vorbei zu gehen. Deutschländer fordert in der Glosse vom 25.09. Kürzungen beim Bürgergeld, garniert mit dem heuchlerischen Feigenblatt der “Bedürftigkeit”, und fordert durch die Blume auch eine Arbeitspflicht.

Genau wie diversen populistischen Politikern entgeht ihm dabei offensichtlich, dass das Bürgergeld das verfassungsrechtliche Existenzminimum garantiert. Genauso verbietet das Grundgesetz einen Arbeitsdienst.

Auf die Forderung nach einer Arbeitspflicht setzt er auch noch Seitenhiebe gegen angeblich Arbeitsunwillige und verlangt mehr Sanktionen, damit mehr Steuerzahler das Haushaltsloch stopfen, das durch Lindners ideologisches Beharren auf der Schuldenbremse und die widersinnige Klage der CDU gegen “Sondervermögen” erst entstanden ist. Auch hier ist das Bundesverfassungsgericht vor: die Sanktionen sind begrenzt, Stichwort Existenzminimum.

Mein Gegenvorschlag: Erhöhung des Mindestlohns und Erleichterung der Arbeitsaufnahme für Geflüchtete. Hier kommen so viele qualifizierte Menschen ins Land, die monate- und jahrelang aufgrund von Einschränkungen durch das Asyl- und Ausländerrecht schlicht nicht arbeiten dürfen. Hier muss massiv Hilfe zur Selbsthilfe geleistet werden: Gesetzesänderungen, intensive Sprachkurse, berufliche Auffrischung, ergänzende Fortbildungen zum Erreichen deutscher Standards, ggfs. Ablegen von zusätzlichen Prüfungen als Voraussetzung für die Integration in den Arbeitsmarkt - zumal Menschen in qualififizierten Berufen auch gut verdienen und damit natürlich auch gut Steuern zahlen.

In der Glosse vom 26.09. hängt Deutschländer dem Irrglauben an, dass die CDU nach Merkel wieder auf einem guten Weg sei. Er scheint tatsächlich zu glauben, dass die Energieabhängigkeit von Russland durch die CDU gelöst wurde. Das Gegenteil ist der Fall: die jetzige Ampel hat unter großen Schmerzen den Knoten durchschlagen, den die CDU vorher jahrelang fest gebunden hat. Die Verstaatlichung der deutschen Gazprom geschah nur Tage vor einem massiven russischen Erpressungsversuch. Und wer hat vorher die deutschen Gasspeicher an Gazprom verkauft? Die Regierung unter CDU-Führung!

Die jetzige CDU unter Merz ist eine fremdenfeindliche, rückwärtsgerichtete Partei, und nicht mal die Beschreibung “AfD mit Substanz” trifft zu, denn die CDU hat einfach keine Substanz zu bieten. Der Geldvernichter Spahn ist nun plötzlich “Energieexperte”. Die Nestlé-Lobbyistin Klöckner darf weiter Märchen erzählen. Die finanziellen Debakel durch 10 Jahre CSU-Verkehrsminister werden unter den Tisch gekehrt. CDU-Politiker schlagen blindwütig auf die Regierung ein, haben aber selbst keine Positionen und keine Lösungen. Sie versuchen, die Positionen der AfD zu übernehmen, um deren Wähler zurückzugewinnen und erreichen das Gegenteil. Merz ist angetreten, die AfD zu halbieren, stattdessen hat er ihren Wähleranteil verdoppelt. Die aktuellen “Vorschläge” verstoßen gegen EU-Recht, gegen die UN-Menschenrechtscharta und gegen die Genfer Flüchtlingskonvention.

Das Geschwafel von “Technologieoffenheit” führt nun dazu, dass Autohersteller wie VW sogar wagen, eine Lockerung von Abgasgrenzwerten zu fordern. Der Kampf um die Automärkte wird aber nicht in Deutschland geführt, sondern in China, USA und Indien. Dort steht die Richtung zum E-Auto schon längst fest. Lassen wir doch den Markt regeln statt mit ein bisschen Protektionismus deutsches Steuergeld bei Firmen zu verbrennen, die immer noch Verbrenner bauen wollen und ihre Kunden mit Schummelsoftware in der Motorelektronik dreckiger fahren lassen als die Prospekte versprachen. Nebenbei ist Qatar mit 17 % bei VW Aktionär. Da gibt es genug Geld, VW braucht keine deutschen Subventionen.

27.09.2024

Glossisten schimpfen über "woke" - Leserbrief

Es sinkt für Sie ... das Niveau! Die Glosse vom 16.09. erreicht ein neues Tief. Erneut versucht ein Glossist die Behauptung zu platzieren, dass es Deutschland wirtschaftlich total schlecht geht. Spoiler: tut es nicht.

[veröffentlich am 27.09.2024]

So ganz genau lässt es sich nicht datieren, aber irgendwann sind einige Glossisten der WZ abgerutscht auf Querdenker-Niveau. Die Glosse vom 16.09. verwendet den Begriff “woke” wie ein Schimpfwort. Dabei ist das englische “aufgeweckt” eigentlich ein positiver Begriff. Außer natürlich für Querdenker, die eigentlich dann doch nicht selbst gedacht haben, sondern nur etwas hinterherlaufen, was sie in der Youtube-Universität aufgeschnappt haben.

Anastasiadis will dem Leser wieder mal weismachen, wie schlimm es um die deutsche Wirtschaft bestellt ist. Gleichzeitig habe ich eine Meldung vom Wochenende im Ohr, dass die Bemessungsgrenze für die Rentenbeiträge steigen soll, weil “die Lohnentwicklung so positiv war”. Diese zwei Aussagen widersprechen sich fundamental! Außerdem: es gibt 46 Mio. Arbeitnehmer, der DAX steigt und steigt, die Strompreise fallen, und seit Blackrock-Liebling Merz plötzlich die Wärmepumpen doch gut findet, klingelt auch dort wieder die Kasse.

Wie schon früher geschrieben: ja, es geht konkret der Autoindustrie schlecht, aber das sind selbstgemachte Fehler, insbesondere die verschlafene Disruption hin zu E-Mobilität. Vielleicht sollten wir es mit dem Motto der FDP halten: “der Markt regelt” und einfach mal nur zuschauen, welche Firmen überleben. Wer mit Schummelsoftware die Kunden betrügt, oder wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Oder halt der Autokäufer, der sich einem chinesischen Modell zuwendet, das modernere Technik zu einem besseren Preis bietet. Zum Beispiel mit modernen Feststoffbatterien auf Natriumbasis, die sich innerhalb von 10 Minuten auf 80 % aufladen lassen.

Aber Deutschland steckt im ideologischen Würgegriff der Besserwisserpartei FDP, die gegen jeden wirtschaftlichen Rat der Experten an der Schuldenbremse festhält und spannende Dinge wie Batterieforschung für so unnötig hält, dass die Fördergelder gestrichen werden. Stattdessen wird Feenstaub im Wert von 100 Mio. Euro auf Flugtaxis gestreut, damit die auf magische Weise alle Transportprobleme lösen. Und irgendjemand denkt auch noch, dass die Wasserstoffforschung für Pkw eine tolle Sache ist, und bläst dort Fördergelder hin. Der bayrische Flutpolder-Verhinderer Aiwanger musste kürzlich zugeben, dass sein Wasserstoff-BMW auf 100 km 23,50 Euro kostet. Der Zugverkehr Cuxhafen-Buxtehude fällt aus, weil der wasserstoffbetriebene Zug wegen Lieferengpässen keinen Brennstoff erhält.

Die Meldung, dass VW plötzlich 4 Mrd. Euro fehlen, bedarf auch einer Einordnung mit ein paar Fakten: letztes Jahr hat VW 18 Mrd. Euro Gewinn gemacht und konnte in den letzten zwei Jahren jeweils 4 Mrd. Euro Dividende ausschütten. 60 Mrd. Euro sollen in die Forschung von Verbrennermotoren investiert werden. 30 Mrd. Euro Strafzahlungen wurden fällig wegen Schummelsoftware. Die “fehlenden” 4 Mrd. Euro sind nicht etwa rote Zahlen auf dem Konto, sondern “nur” zu geringer Gewinn unter Plan. Vielleicht sollte das Land Niedersachsen, dem nach wie vor 20 % der Aktien gehören, mal im Aufsichtsrat auf den Tisch hauen und verlangen, dass die Führung eine einheitliche Meinung nach außen trägt. Im Moment diskutiert der Vorstand leider öffentlich, die Abgasgrenzwerte zu senken, damit das Geschäft besser läuft. Wie verbohrt kann man jetzt noch sein?

Und wer sehen will, wie es der Wirtschaft sehr bald richtig schlecht gehen wird, sollte unbedingt weiter eine restriktive Migrationspolitik verfolgen, damit keine Fachkräfte aus dem Ausland mehr zu uns kommen wollen - weil sie nämlich Angst vor dem Rechtsruck in Ostdeutschland haben. Wir schicken jedes Jahr eine Million Fachkräfte in Rente, aber es folgen in den jungen Generationen nur 400.000 Arbeitnehmer nach. Diese Lücke müssten wir eigentlich durch Immigration und Integration auffüllen. Nur: die CDU/CSU plappert der AfD nach, wie schlimm doch alle Ausländer sind, statt darüber nachzudenken, dass langfristig durch die Klimakatastrophe immer mehr Flüchtlinge aus dem Süden vor Dürren oder Überschwemmungen zu uns nach Europa flüchten werden. Das könnten geschätzte 2 Mrd. Flüchtlinge werden, davon anteilig ca. 100 Mio. für Deutschland. Klimaschutz ist Menschenschutz!

20.09.2024

Deutscher Dieselmotor stays forever! - Leserbrief

Ein Leserbrief beschwört die Überlegenheit des deutschen Dieselmotors, und der Klimaterror ist nur eine Erfindung!
[veröffentlicht am 20.09.2024, Änderungen und Streichungen der Red. markiert]

Hr. F., Sie müssen jetzt ganz stark sein und der Realität ins Auge schauen.

Nichts von dem, was Sie im Leserbrief vom 18.09. behaupten, entspricht der Wahrheit.

Ihr toller Diesel mit fast 7 Liter auf 100 km hat in den von Ihnen genannten 20.000 km Laufleistung über 3.600 kg CO2 in die Luft geblasen. Bei einem Preis von 1,60 pro Liter Diesel (optimistisch geschätzt) waren das 2.200 Euro nur an Sprit, hinzu noch Steuer, Versicherung, Betriebskosten. Mit einer eigenen Solaranlage auf dem Dach kann man dieselbe Strecke mit einem E-Auto für unter 500 Euro fahren. Selbst wenn man Strom aus der Steckdose für 28 ct pro kWh bezieht, kosten elektrische 20.000 km nur knapp 1.000 Euro (18 kWh auf 100 km angenommen). Und Sie sind auch noch stolz darauf, dass der neue Wagen einen halben Liter mehr verbraucht als der Alte? Nebenbei: E-Autos fahren mehrere Jahre lang steuerfrei (sogar Hybridfahrzeuge!). Unser Hybrid fährt noch zwei Jahre steuerfrei und kostet danach 10 Euro pro Jahr.

Nur in Deutschland hängt man aufgrund der Propaganda der fossilen Lobbys noch dem Märchen vom Verbrenner nach.

Die Zukunft ist elektrisch. Auch wenn Sie als ehemaliger Vorstand eines Autozulieferers natürlich einen Bias haben - die Zeit der Verbrenner ist politisch, technisch, ökonomisch und ökologisch vorbei. Nahezu alle Hersteller haben Termine angekündigt, wann der Bau von Verbrennern eingestellt wird. Die anderen werden aussterben oder Mondpreise für Liebhaber aufrufen. Tut Ihnen als Ingenieur die Tatsache nicht weh, dass ein Dieselmotor [hat] einen Wirkungsgrad von unter 30 % hat? Also verpuffen 70 % der Energie aus jedem Liter Diesel als Wärme. Ein Elektromotor hat einen Wirkungsgrad von über 80 % und bei jeder Drehzahl das volle Drehmoment. Jeder E-Smart lässt Ihren BMW an der Ampel stehen.

Hören Sie auf zu erzählen, dass E-Autos ein hohes Risiko haben, in Brand zu geraten. Nach Statistiken der Versicherungsbranche ist das Risiko bei einem E-Auto 20-mal geringer als bei einem Verbrenner-Auto.

Hören Sie auf zu erzählen, dass die Energiepreise immer weiter steigen und Deutschland deindustrialisiert wird. Das sind Behauptungen der Krawallpresse aus dem Springerverlag und von russischen Desinformationskampagnen. Auf sowas fallen nur Querdenker herein, die weder quer noch sonstwie denken, sondern vordenken lassen und unreflektiert weiterverbreiten, was ihnen vorgekaut wird. Die Wahrheit ist: je mehr EE-Strom wir produzieren können, desto billiger wird es. Der Börsenpreis in Leipzig ist schon teilweise unter 7 ct pro kWh gefallen. Die Probleme von VW sind hausgemacht, dort hängt man durch den Schlingerkurs und die “Technologieoffenheit” der weltweiten Entwicklung ein Jahrzehnt hinterher (und muss 30 Mrd Euro Strafzahlungen wegen Schummelsoftware verkraften). Deutschland produziert derzeit im Schnitt 70 % des Strombedarfs als EE-Strom, und die Tendenz ist weiter steigend.

Mittlerweile haben wir sogar Chancen, unseren billigen Strom aus dem Norden Deutschlands in den Süden zu transportieren, wenn weitere Stromtrassen gebaut werden und merkwürdig rückständige Politiker wie Aiwanger und Söder ihren Widerstand aufgeben. Mit besserem Stromtransport werden auch die Netzentgelte sinken und auch dadurch wird der Strom billiger. Mit mehr Transportkapazität werden auch die internationalen Redispatch-Kosten sinken.

Es gibt Schätzungen, dass bis 2040 die elektrischen LKWs die Modelle mit Verbrenner überholt haben. Daimler stellt einen 40-Tonner LKW mit 600 kWh-Akku vor, der am Stück 500 km fahren kann und mit 1 MW geladen werden kann! Auch in der Schwertransportlogistik ist die Zukunft elektrisch!

12.09.2024

Gibt es nur die Migration als Thema? - Leserbrief

Die WZ kennt in den Glossen der letzten Wochen anscheinend nur noch das Thema Migrationspolitik.

[veröffentlicht am 12.09.2024]

Der Glossist Schier macht am 04.09. denselben Denkfehler wie Sattler am Tag vorher: er fokussiert sich darauf, dass die Ampel und die Verlierer der Landtagswahlen “nicht genug” Migrationspolitik betrieben haben. Es ist ein Fehler, den Themen hinterher zu laufen, die die rechtsextremen Parteien setzen, und zu versuchen, es ihren Wählern “irgendwie” recht zu machen. Abgesehen davon haben wir ganz andere Probleme zu bewältigen als uns nur monothematisch auf die Migrationspolitik zu fokussieren. Warum nur glossieren sich die Schreiber jeden Tag an diesem einzelnen Thema die Finger wund?

Man sieht, dass es nötig ist, eigene Positionen zu besetzen statt nur dem politischen Gegner bei seinen Themen zu folgen. Das geht immer schief. Merz wollte die AfD “halbieren” und hat sie nur gestärkt. Statt diesen sehr lauten Warnschuss als das zu nehmen, was er ist, nämlich ein Weckruf, die Demokratie gemeinsam zu schützen, toben die sogenannten christlichen Parteien in Gillamoos weiter und skandieren am Rednerpult fremden- und demokratiefeindliche Parolen. Negatives Extrem ist mal wieder Söder, der die Entscheidung von Gerichten durch Entscheidungen des “Volkes” ersetzen will. Eigentlich müsste bei solchen Stammtischparolen sofort der Verfassungsschutz einschreiten! Söder inszeniert sich als Bierzeltagitator, der pro Jahr 7 Mio. Euro für Selbstdarstellung, Fotos und Pressearbeit ausgibt. Er besucht in zehn Monaten 110 Bierzelte, schwänzt aber 25 von 30 Landtagssitzungen.

Es ist jetzt nötig, dass alle demokratischen Parteien in Sachsen und Thüringen zusammenstehen und eine Regierung mit Beteiligung von AfD und/oder BSW verhindern. Das klingt vordergründig in sich selbst undemokratisch, aber: die AfD ist dort “gesichert rechtsextrem” eingestuft, und BSW ist offensichtlich das Sprachrohr Putins, der vom Internationalen Strafgerichtshof als Kriegsverbrecher zur Verhaftung ausgeschrieben ist und eigentlich bei seinem Besuch in der Mongolei tatsächlich hätte verhaftet werden müssen. BSW hat keine demokratische Struktur: die 650 Mitglieder sind handverlesen.

Zur Erinnerung: auch 2019 hat die AfD schon an den 30 % gekratzt, und das war definitiv nicht die Schuld der Ampel, die seit Ende 2021 regiert, und das halbwegs erfolgreich, trotz der permanent querschießenden FDP mit ihrer Lobby- und Klientelpolitik.

Die Migrationspolitik läuft seit Jahren grundsätzlich schief: es hätte spätestens 2015, mindestens aber nach den Bränden und anderen unsäglichen Zuständen in den Lagern, etwa in Griechenland, eine konsolidierte, gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik geben müssen, um alle Geflüchteten nach der Kapazität aller EU-Länder zu verteilen. Ursächlich für die Fluchtbewegungen sind Krieg und Hunger, und auch daran ist die Erste Welt nicht ganz unschuldig.

Das Dublin-Abkommen, das den Asylantrag im Land der ersten Ankunft erzwingt, ist grober Unfug und natürlich wunderbar bequem für Binnenländer wie Deutschland, die faktisch keine Außengrenzen für ankommende Flüchtlinge haben. Stattdessen werden zur Abschreckung die Flüchtlinge in Lager gesperrt oder die ankommenden Boote werden abgedrängt und zurück ins offene Meer geschleppt. Es gibt Videoaufnahmen, dass Polizeiboote sogar absichtlich Boote beschädigen. Die schikanöse Behandlung von NGO-Rettungsschiffen, die nicht in Italien anlegen dürfen oder nicht einmal medizinische Notfälle das Schiff verlassen dürfen, trägt ein Übriges dazu bei, dass man sich als humanistisch denkender Mensch schämen muss. Ganz vorn bei diesen menschlichen Katastrophen steht Orbán, der sich seit langem bei einem Verteilungsschlüssel für Geflüchtete querstellt.

Die Medien, allen voran die politischen Talkshows, tragen eine gehörige Mitschuld am Erstarken von antidemokratischen, rechtsextremen Parteien. Immer wieder werden rhetorisch talentierte Extremisten eingeladen und dürfen, meistens unwidersprochen, ihre kruden Behauptungen zur besten Sendezeit von sich geben. Die Moderatoren sind selten in der Lage, dem etwas Substanzielles entgegen zu setzen, weder sprachlich noch inhaltlich. Die “Faktenchecks”, die dann hinterher im Internet nachgeschoben werden, erreichen danach nur noch einen Bruchteil des Publikums, und die Nachbetrachtungen in den anderen Medien übernehmen zwecks Klickzahlen nur die knalligsten Schlagzeilen, und damit ist der Schaden angerichtet.

05.09.2024

Gedanken zu den ostdeutschen Landtagswahlen - Leserbrief

Zwei der drei Landtagswahlen in Ostdeutschland sind gelaufen, und sie sollten ein Weckruf für die demokratischen Parteien sein. Die CDU, CSU und FDP scheinen das aber nicht verstanden zu haben oder nicht verstehen zu wollen.

[veröffentlicht am 05.09.2024, der Kubicki-Tweet nicht im Leserbrief, Änderungen der Red. in rot]

Hr. Sattler hat es in der Glosse vom 02.09. noch immer nicht verstanden. Die mediale Zündelei, das Schlechtschreiben der Ampel, und das Beharren auf albernen Themen wie Gendern und Migration, die Normalisierung in zahlreichen TV-Talkshows, hat die Wähler in die Arme des rechtsextremen Originals getrieben. Die Statistiken zur Wählerwanderung sind in beiden Bundesländern katastrophal. Ich kann nach wie vor nicht verstehen, warum in den Bundesländern mit dem geringsten Migrantenanteil die meisten ausländerfeindlichen Wähler an die Urnen gegangen sind. Ich denke sogar, dass das kurzfristige Nachgeben der Ampel und die (eigentlich seit Monaten vorbereitete) Abschiebung von 28 Tätern nach Afghanistan sogar die ostdeutschen Wähler noch in ihren Positionen bestärkt hat.

Nach Umfragen (den “exit polls” nach Verlassen des Wahllokals) hat mehr als die Hälfte der CDU-Wähler sogar “nur” deswegen die CDU gewählt, um die AfD zu verhindern. Das ist wohl ein Ergebnis der entsprechenden CDU-Aufrufe. Besser wäre gewesen, zur Wahl der “schwachen” Parteien SPD oder Grüne aufzurufen, damit sie als Gegengewicht in den Parlamenten bleiben. SPD und Grüne waren auch bei den letzten Wahlen schwach, die Wählerwanderung hat sie aber relativ wenig getroffen. Viele Wähler haben also nicht aus vollem Herzen CDU gewählt, sondern weil sie sie als “kleineres Übel” angesehen haben.

Die CDU mit Linnemann setzt sogar in der Nachbetrachtung noch eins drauf und freut sich, dass die Grünen so schlecht abgeschnitten hätten. Die FDP ist erwartungsgemäß in beiden Landtagen nicht mehr vertreten. Das war die Quittung für die destruktive Oppositionsarbeit in der Bundespolitik. Tragisch ist natürlich trotzdem, dass damit eine weitere demokratische Partei nicht mehr vertreten ist - das lässt befürchten, dass die FDP ab jetzt auch in der Bundespolitik Amok läuft, was die gestrigen Äußerungen von Kubicki schon vermuten lassen. Voigt ist stolz darauf, dass Ramelow abgewählt wurde, vergisst aber, den Preis dafür zu nennen. Warum ein Vertreter einer bayrischen Minderheitspartei, CSU-Huber, in diese Talkrunden eingeladen wird, ist auch schwer verständlich. Auch die Positionen der CSU ähneln dem Trend: die Anderen schlecht reden, aber keine eigenen Ziele vorweisen können. Herzlichen Glückwunsch auch an Hr. Söder, der seit Monaten kategorisch die Grünen beschimpft und demonstrativ eine Koalition mit ihnen ablehnt. Der Wendehals (“Rücktritt, wenn kein Atomausstieg”) gehört ebenfalls zu den Totengräbern der Demokratie im Osten.

Es hilft also nicht, den Themen der Rechtsextremen nachzulaufen oder als Schwerpunkt nur die anderen demokratischen Parteien schlecht zu machen. Stattdessen hat die CDU es versäumt, eigene Standpunkte zu verdeutlichen. Besonders Kretschmer ist durch unsachlichen und populistischen Wahlkampf aufgefallen. Er hat es sogar Trump nachgemacht und in Interviews nachgewiesene eigene Äußerungen dementiert. Amerikanische Medien schreiben schon, dass in Thüringen erstmals seit der “Nazi EraÄra” wieder eine erwiesen rechtsextreme Partei durch Wahlen als Mehrheit ins Parlament einzieht. In den USA schrillen die Alarmglocken. Nur Putin freut sich: mit BSW ist er ebenfalls in den beiden Landtagen vertreten, und das sogar, ohne dass er eine Wahl fälschen musste. Bei dieser marxistisch-leninistischen Personenkult-Pseudo-”Partei” mit 650 handverlesenen Mitgliedern haben Nachforschungen schon mindestens 34 Ex-Stasi-Mitarbeiter gefunden.

Ostdeutschland hat ein massives Bildungs- und Demokratieproblem. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass das Märchen von den Protestwählern falsch ist. Die Wähler dort wussten und wissen genau, was sie tun. Nach dem Fall der Mauer ging es vielen DDR-Bürgern nur um wirtschaftliche Verbesserungen und nicht um das Hohelied der Demokratie, und das ist ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die unter hohen Risiken tatsächlich mit “Wir sind das Volk” auf die Straße gegangen sind und als “Bündnis 90” seitdem versuchten, Ostdeutschland zu gestalten. Das Ausplündern und der Ausverkauf der DDR durch westdeutsche Geschäftemacher direkt nach der Wiedervereinigung sind auch heute noch vielen Ostdeutschen bitter im Gedächtnis geblieben.

01.09.2024

Was in der Ampel wirklich schiefläuft - Leserbrief

[veröffentlicht am 30.08.2024]

Neben Sattler schreibt sich auch der Glossist Anastasiadis die Finger wund, um die Ampel schlecht zu machen. In der Glosse vom 21.08. zählt er diverse Regierungsentscheidungen auf und behauptet, dass die Wähler all diese Entscheidungen für schlecht hielten und erwartet von Scholz, "zur Seite zu treten".

Das einzige, was man korrekterweise aus der Aufzählung herauslesen kann, ist die Tatsache, dass Scholz sich von der FDP als destruktive Opposition in der Koalition auf der Nase herumtanzen lässt.

Zu den Punkten, die Anastasiadis aufzählt:

Es gibt nach Studien ca. 75.000 Tote pro Jahr durch Alkohol, von Tabak fange ich erst gar nicht an. Im Vergleich dazu ist das Gesundheitsrisiko durch Cannabis vernachlässigbar gering.

Von den Geflüchteten, die seit 2015 hier angekommen sind, konnten 86 % in den Arbeitsmarkt integriert werden.

Der Wirtschaft geht es überraschend gut, z.B. werden in Sachsen und Thüringen trotz der dortigen rechtsextremen Risiken über 30 Mrd. Euro in Zukunftstechnologien wie Chips und E-Autos investiert. Wem es schlecht geht, ist die konservative deutsche Autoindustrie, und das ist das Verdienst von FDP, CDU und CSU, die immer noch auf “Technologieoffenheit” beharren statt der Industrie klare, technisch sinnvolle Vorgaben für die Zukunft gemacht zu machen. Das ewige Hin und Her und das Verbreiten von Schlagworten hat den deutschen Autoherstellern mehr geschadet als sogar die Verhinderung von Euro 7-Grenzwerten auf EU-Ebene. Es gibt und gab nie ein “Verbrenner-Aus”, und trotzdem wird diese Behauptung immer noch wie eine Tatsache durch Presse und Medien geprügelt. Die FDP jubelt über Wasserstoff, E-Fuels und HVO und weiß genau, dass die Herstellungskapazitäten auf Jahre hinaus nie den Bedarf werden decken können und deren Herstellung eine immense Energieverschwendung bedeutet.

Es wäre stattdessen nötig, den ÖPNV zu stärken und Wissing in die Pflicht zu nehmen, in seinem Ressort CO2 einzusparen statt durch Gesetzesänderungen und Rechentricks seine Defizite auf andere Ressorts zu verschieben. Zur Erinnerung: auf EU-Ebene gibt es nach wie vor die Sektorziele, und wenn Wissing (und Nachfolger) bei den verpflichtenden CO2-Einsparungen bis 2030 nicht zu Potte kommt, wird uns das geschätzte 55 Mrd. Euro Strafzahlungen an die EU kosten.

Wenn insbesondere die FDP seit Beginn der Corona-Pandemie nicht den Fetisch “Freiheit” vor sich her getragen hätte, so dass es seitdem so gut wie keinerlei Hygiene- und Schutzmaßnahmen mehr gibt, hätte die deutsche Wirtschaft wesentlich weniger Ausfälle durch Krankheit gehabt und das Wirtschaftswachstum wäre sogar um deutlich ein Prozent höher ausgefallen. Zur Erinnerung: Corona ist leider endemisch geworden und wütet immer noch, die WHO hat lediglich die “globale Notlage” für beendet erklärt.

Der Industriestrompreis ist seit Monaten stetig am Fallen, und liegt je nach Region und Vertrag bei ca. 7,5 ct/kWh. Der niedrige Strompreis liegt insbesondere daran, dass wir seit über einem Jahr keine Kernkraftwerke mehr haben, die mit teurem Strom die Netze verstopfen, und sogar die Verstromung von Kohle liegt historisch niedrig (mehr als 40 % weniger als im Vorjahr, und unter dem Stand von 1965).

Zur Wirtschaft in Deutschland ein paar Fakten:

  • Der DAX ist knapp vor der Marke von 18.700 (27.08.2024).
  • Die Arbeitslosenquote ist die drittniedrigste seit 1990.
  • Es sind fast 46 Mio. Menschen in Lohn und Brot - ein Rekordwert.
  • Der Mindestlohn funktioniert und sorgt für mehr Steuereinnahmen, dürfte aber gern höher sein.
  • Die Inflationsrate ist wieder nahezu auf dem von der EZB erwarteten Niveau vor dem Ukraine-Krieg.
  • Massive Entbürokratisierung, z.B. bei Windkraftgenehmigungen.

Die Probleme, die wir angeblich haben, werden entweder durch die Hetze der rechten und konservativen Parteien und der Krawallpresse herbeigeredet oder wurden in 30 Jahren CDU-Regierung geschaffen. Die Ampel verdient Kritik, aber sie muss andererseits auch historisch nie dagewesene Probleme bewältigen.

23.08.2024

Schwache Argumente gegen Windkraft - Leserbrief

[veröffentlicht am 23.08.2024]

So, Hr. D. legt nochmal nach bei seinen Kampf gegen Windräder. Nachdem es keine sachlichen Argumente mehr gibt, müssen nun die Versiegelung und die Rückbaukosten von weit weg hergeholt werden.

Es ist richtig, dass für den Bau einer Windkraftanlage in etwa 2 Hektar Fläche benötigt werden und nach Fertigstellung 0,5 bis 0,7 Hektar Fläche benötigt werden. Das sehe ich nicht besonders negativ, denn durch die Wiederaufforstung kann man ökologisch wertvolleren Bewuchs in die Fläche bringen. Wie die WZ schon 2020 und 2022 berichtete, geht es dem Wald am Winterstein durch Dürre, Schädlinge und Wildverbiss nicht besonders gut. Wenn hier eingegriffen wird, schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe.

Der Flächenbedarf von 0,7 Hektar für eine Windkraftanlage ändert sich nicht. Für den Betrieb z.B. eines Kohlekraftwerks werden täglich 1,6 Hektar Fläche für den Tagebau vernichtet, die regelmäßig renaturiert werden müssen. Die Qualität von z.B. Ackerboden ist danach deutlich schlechter als vorher - die Wetterauer Landwirte können davon ein Lied singen.

Für den Rückbau einer Anlage nach Ende ihrer Lebensdauer ist eine gesetzliche Rücklage von 160.000 Euro erforderlich. Hr. D. geht nun vom Sparbuch aus, auf dem das Geld durch die Inflation aufgefressen wird. Man kann natürlich die Rücklage auch besser anlegen und somit langfristig der Inflation voraus sein. Insbesondere aber erregt sich Hr. Durchdewald über geschätzte Gesamtkosten von unter 500.000 Euro. Zum Vergleich dazu: “Fast 20 Jahre hat der Rückbau des Atomkraftwerks in der Nähe von Landshut gedauert - zweieinhalbmal so lange wie die Bauzeit. Hinzu kommen enorme Kosten: Schätzungen zufolge kostet der Rückbau eines Atomkraftwerks mindestens eine Milliarde Euro.”

Bevor hier also weiter über Kosten lamentiert wird, sollte man die Relationen im Auge behalten. Wir kommen weltweit bei der notwendigen Energiewende nicht an Photovoltaik und Windkraft vorbei. Der Rückbau eines Windrads ist in wenigen Monaten erledigt und es fällt kein Sondermüll an. Der Rückbau eines fossilen oder atomaren Kraftwerks dauert Jahre und die Menge an Sondermüll ist enorm - wohlgemerkt: wir haben immer noch kein Atommüllendlager, auch wenn Söder seit langem darum bettelt, es in Bayern anzusieden.

19.08.2024

Der Kampf gegen die Wärmepumpen - Leserbrief

[veröffentlicht am 17.08.2024, redaktionelle Kürzung markiert]

Der Glossist Schier schreibt am 30.07. über Absatzeinbrüche beim Verkauf von Wärmepumpen und schimpft auf “die Ampel”. Ehrlicherweise sollte er Ross und Reiter benennen und vor allem ein wenig die politische Entwicklung dahin bedenken.

Das “Gebäude-Energie-Gesetz” ist während der Großen Koalition unter der Ägide von Seehofer und Altmaier als Umsetzung einer EU-Richtlinie entstanden. Das Verbot von fossilen Heizungen wurde von Kohl seit 1998 betrieben und von der EU gesteuert, um nationale Alleingänge zu verhindern. Andere Länder haben schon viel länger als Deutschland entsprechende Fristen und Verbote, z.B. Frankreich (2017) und die skandinavischen Länder (Dänemark 2013).

Was nun der Ampel zugeschrieben und von der Krawallpresse letztes Jahr massiv als “Heiz-Hammer” unter Beschuss genommen wurde, wäre lediglich eine Änderung im GEG gewesen, um das Vorziehen einer Frist von 2026 auf 2025 festzulegen, wie von der EU gefordert.

Stattdessen hat die FDP im Frühling 2023 nach anfänglicher Zustimmung im Koalitionsausschuss (!) einen ihrer mittlerweile leider zahlreichen Rückzieher vollzogen und das GEG kurzfristig massiv verwässert, so dass es kaum noch positive Lenkungseinflüsse entfalten kann. Diese Verwässerung war heftig lobbygesteuert, denn der Investmentkonzern KKR besitzt mehrere Tausend Mietwohnungen in Deutschland und ist auch tief im fossilen Öl- und Gasgeschäft involviert. Rein zufällig ist KKR auch mit 48 % großer Anteilseigner am Springer-Konzern (“Bild”, “Welt” u.a. Krawallblätter), was die intensiven Schlagzeilen gegen Habeck und gegen Wärmepumpen in dieser Zeit erklären mag.

Die Verfälschungen und Verkürzungen über die Funktionsweise von Wärmepumpen (Stichworte z.B. Fußbodenheizung, Altbau, Fachwerkhaus, Preise usw.) entstammen größtenteils der Märchenwelt und der gezielten Auswahl von extremen Spezialfällen, um die Technologie schlecht zu reden. Im Normalfall hat eine Wärmepumpe eine wesentlich bessere Energie- und Kosteneffizienz als jede Öl- oder Gasheizung, und insbesondere in Verbindung mit Solaranlage und Speicher kann man kaum billiger und umweltbewusster heizen.

Fun Fact: das Haus von Lindner hat eine Wärmepumpe.

16.08.2024

Schwache Argumente für die Schuldenbremse - Leserbrief

[veröffentlicht am 16.08.2024]

Hr. Schier schreibt über die Schuldenbremse und begründet ihre Einhaltung mit dem Argument, wir dürften den kommenden Generationen keine “laufenden betrieblichen Kosten” hinterlassen. Das Gegenteil seiner Argumentation ist richtig: wir verschieben immer mehr notwendige Investitionen in die Zukunft und hinterlassen damit unseren Kindern einen Trümmerberg von maroder Infrastruktur. Je später wir investieren und reparieren, desto teurer wird es werden.

Allein das Beispiel “Bahn” zeigt, was passiert, wenn man nicht rechtzeitig eingreift: 2010 wurden notwendige Reparaturen und Investitionen auf 10 Mrd. Euro beziffert. Da dies nicht stattfand, ist der heutige Bedarf auf 88 Mrd. Euro angewachsen. Die Schweizer verweigern mittlerweile den notorisch verspäteten deutschen Zügen die Einfahrt, damit die Taktung der Schweizer Bahnen nicht gestört wird.

Kredite für Investitionen sind sinnvoll, denn mit dem Geld wird ein Gegenwert geschaffen, der im Normalfall dann zu einer gut funktionierenden Infrastruktur beiträgt. Es ist also gerade nicht geplant, die Kredite für den laufenden Betrieb zu verwenden, sondern bleibende Werte zu erschaffen oder zu bewahren. Die “schwäbische Hausfrau” Lindner ist hier volkswirtschaftlich vollkommen auf dem Holzweg. Zu Recht haben vor drei Jahren führende Ökonomen vor dem Laien Lindner als Finanzminister gewarnt. Eine staatliche Kreditaufnahme ist nicht mit einem Kredit für Privatleute vergleichbar. Insbesondere erhält der Staat für das Geld eine bessere Infrastruktur, die allen Bürgern zugute kommt, und durch mehr Geld im Umlauf steigt die Beschäftigung - es braucht ja Arbeitskräfte für die Maßnahmen. Die staatlichen Kredite werden durch eine mäßige Inflation langfristig auch harmloser.

Mittlerweile ist die FDP der einzige Streiter für die Erhaltung der Schuldenbremse: alle Wirtschaftsforschungsinstitute und Organisationen sprechen sich deutlich für eine Änderung aus. Eine sinnvolle volkswirtschaftliche Begründung kann Lindner nicht geben; die Schuldenquote Deutschlands im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt ist die drittniedrigste weltweit. Japan und USA haben wesentlich höhere Schuldenquoten und dort brummt die Wirtschaft durch eine kluge Investitionspolitik. Biden ist der US-Präsident mit dem höchsten Wirtschaftswachstum der letzten 100 Jahre, während im Gegensatz dazu die Steuersenkungspolitik von Trump in der Legislaturperiode davor zu einem Viertel (!) der jetzigen amerikanischen Staatsschulden beitrug.

Ich bin mir absolut sicher, dass im Fall eines Wahlsiegs der CDU nächstes Jahr als erstes die Schuldenbremse fallen würde - erste Anzeichen für ein Umdenken der jetzigen Opposition gibt es ja schon. Aber natürlich kann die Opposition jetzt nicht zustimmen, denn einen Erfolg der Koalition kann und will sie derzeit nicht unterstützen.

Abgesehen von der Aufnahme neuer Kredite könnte Lindner natürlich dem Vorschlag Brasiliens in der G20-Gruppe zustimmen, eine weltweite Milliardärssteuer einzuführen. USA und Deutschland sind die einzigen Blockierer. Es beträfe in etwa 2000 Personen und Familien, denen eine Steuer von 2 % sicherlich nicht wehtun würde.

Lindner könnte auch Steuergeschenke wie z.B. für Dienstwagen kürzen (97 % aller Porsche sind als Dienstwagen steuerlich gemeldet). Er könnte durch verstärkte Steuerprüfungen bei Firmen eine geschätzte Lücke von jährlichen 100 Mrd. Euro an fehlenden Steuereinnahmen schließen. Er könnte die derzeit ausgesetzte Vermögenssteuer in eine verfassungsgemäße Form bringen - geschätzt fehlen seit 1996 dem Staat dadurch 380 Mrd. Euro. Er könnte auch als Schadensersatz Gelder aus dem jahrelang laufenden Cum-Ex- und Cum-Cum-Steuerbetrug für die Staatskasse reklamieren und dabei die Banken in die Pflicht nehmen, durch deren Kassen eine geschätzte Summe von 55 Mrd. Euro geflossen ist. Stattdessen darf einer der angeklagten Banker sich freuen, dass wegen Gesundheitsproblemen sein Verfahren eingestellt wird - die 40 Mio. Euro aus den schattigen Geschäften darf er behalten.

13.08.2024

Die Wahlrechtsreform schlechtreden - Leserbrief

[veröffentlicht am 13.08.2024]

Hr. Sattler schreibt in seiner Glosse von einer Niederlage der Ampel vor dem Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Reformierung des Wahlgesetzes. Dabei ist wohl eher der Wunsch, der Ampel eins auszuwischen, der Vater des Gedankens, und nicht der Wunsch, eine reelle Darstellung zu geben.

Das Gericht hat die Reform des Wahlgesetzes im Großen und Ganzen für verfassungsgemäß befunden bis auf ein Detail, nämlich die 5 %-Klausel und die Direktmandate. Das hat die WZ auch einen Tag später redaktionell korrekt berichtet und immerhin dann die Pressemitteilung des BVerfG korrekt wiedergegeben.

Was ich trotzdem noch wesentlich schlimmer als Sattlers magere Argumentation finde, ist Söder, der hier in trumpesker Manier von “Wahlmanipulation” spricht und z.B. auf X/Twitter behauptet, die Ampel habe eine “Klatsche” erhalten. Dieses eine Reformgesetz nun als Beweis für eine Unterstellung zukünftiger krimineller Machenschaften zu verwenden, ist in sich höchst demokratiefeindlich und demagogisch.

Im Kern ist die Reform gelungen, denn der vorherige Versuch einer Reform, z.B. das sog. “negative Stimmengewicht” (mehr Stimmen führen zu weniger Sitzen) zu verhindern, hat zu immer mehr Ausgleichs- und Überhangmandaten geführt (aktuell 730 statt 598 Sitze im Parlament!). Die Reform legt das Parlament auf maximal 630 Abgeordnete fest, dabei haben im Vergleich zur jetzigen Sitzverteilung alle Parteien gleichmäßig verloren, und somit bleibt das Stimmenverhältnis erhalten. Nebenbei spart der Staat durch diese Reform Hunderte von Millionen Euro.

Natürlich schießt besonders die CSU scharf gegen die Reform, denn sie profitierte in der Vergangenheit am meisten von Ausgleichs- und Überhangmandaten, da die CSU in Bayern fast alle Landkreise direkt gewinnen und deshalb viele Erststimmenmandate in den Bundestag entsenden konnte (und zwar mehr als der CSU prozentual zustünden). Auch hier hat das Gericht eher der CSU als der Ampel eine Klatsche erteilt, denn im Urteil ist zu lesen, dass die Abgeordneten allen Wählern und nicht (nur) ihrem Landkreis verpflichtet sind (Art. 38 Grundgesetz). Von daher ist es dogmatisch nicht schlimm, dass ein Wahlkreis nicht mit einem Direktmandat im Parlament vertreten ist, sondern nur mit den Abgeordneten der Liste, also den prozentualen Zweitstimmen. Abgesehen davon könnten CDU und CSU eine Listenverbindung einführen, was sie genau wegen der bequemen Überhangmandate in der Vergangenheit tunlichst vermieden haben. Hauptsächlich die CSU hat über mehr als zehn Jahre hinweg jegliche Reform verhindert, die dieses Problem angehen wollte. Der alternative Reformvorschlag von CDU/CSU hätte nebenbei alle Parteien Sitze gekostet - außer natürlich der CDU/CSU.

Der Kritikpunkt von Hr. Sattler, dass durch die Reform möglicherweise ein Direktmandat (Erststimme) nicht zu einem Sitz im Parlament führt, ist vermutlich in Unkenntnis der Tatsache geäußert worden, dass exakt dieselbe Regelung in Bayern schon seit langem gilt. Wenn die Partei die 5 % im Wahlkreis nicht erreicht, hat auch der Direktkandidat keinen Sitz im Parlament erlangt. Sattler kritisiert hier also sehr einseitig etwas, was auf Landesebene schon längst geltendes Recht ist.

Trotzdem hat die Reform vorläufig Bestand, bis die Regierung hier (minimal) nachbessert. Eine Behelfslösung für die Parteien wäre, dass der Direktkandidat auch einen Listenplatz erhält (was sowieso meistens der Fall sein wird).

Zum Vergleich: den Regierungen mit CDU-Kanzlerschaft wurden knapp 240 Entscheidungen vom Bundesverfassungsgericht kassiert, Regierungen mit SPD-Kanzlerschaft ca. 130. Bezogen auf die Regierungszeit pro Jahr, nehmen sich hier beide Parteien nicht viel.

22.07.2024

Angeblicher Bürgerwille gegen Windkraft? - Leserbrief

[veröffentlicht am 19.07.2024]

Hr. Kluger schreibt in der Kolumne vom 04.07. auf der Titelseite, dass es “Bürgerwille” sei, dass keine Stromtrassen und Windkraftanlagen gebaut werden, und dass Erdkabel ja um so vieles teurer wären, weil niemand die Überlandleitungen haben will.

Das verdreht Ursache und Wirkung: der Streit um Stromtrassen und Windkraft tobt seit Jahrzehnten und wird von Politikern und Medien befeuert, die die Energiewende behindern und verzögern wollen. Dazu ist ihnen jedes Mittel recht, insbesondere die Verbreitung von falschen oder veralteten Behauptungen, auf die sich dann fragwürdige Bürgerinitiativen stürzen und stützen.

Besonders tut sich hier Hr. Aiwanger, Wirtschaftsminister in Bayern (Freie Wähler) hervor. Er tingelt durch Bierzelte und lobt sich immer wieder dafür, Windkraft und Stromtrassen zu verhindern (und Flutpolder, aber das ist ein anderes Thema). Gerade die Bayern haben lang für die Erdverlegung statt Überlandmasten gestritten, auch um Zeit zu schinden, in der Hoffnung, dass die Mehrkosten zur Einstellung führen. Der Windkraftausbau wird durch die Abstandsregelung “10H” (Mindestabstand von Windrädern zu Bebauung ist zehnmal deren Höhe) so stark behindert, dass letztes Jahr in Bayern nur vier neue Windräder gebaut wurden, in Niedersachsen hingegen 745. Insgesamt gibt es in Bayern nur 1.100 Anlagen, in Niedersachsen 6.100, und sogar in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen mehr als 3.600.

Und natürlich sind immer die Grünen schuld. Hier zwei Zitate von Aiwanger: (2016): „Mit riesigem Aufwand werden hier überflüssige, schädliche Stromtrassen vorbereitet, die überhaupt nicht erforderlich sind. Die grössenwahnsinnigen Lobbyprojekte müssen verhindert werden." (2023): "Die Grünen sind schuld am Nichtbau der Stromtrassen."

Im sächsischen Vogtland ruft CDU-Landrat Thomas Hennig auf einer Veranstaltung des windkraft-kritischen Vereins „Lebenswertes Vogtland“ die Behörden dazu auf, Genehmigungsverfahren „so lange hinzuziehen, solange es rechtlich möglich ist“.

Und sogar in Friedberg weinen die Freien Wähler, dass Windkraft ja so schlimm ist und wiederholen dabei die altbekannten, seit Jahren widerlegten Falschbehauptungen.

Besonders gern wird auch immer wieder der angeblich so gefährliche “Infraschall” aus der Mottenkiste geholt - eine Mär, die seit mehr als zehn Jahren widerlegt ist, aber immer noch verbreitet wird, obwohl in diesen Behauptungen ein Rechenfehler mit dem Faktor 4.000 steckt. Jedes vorbeifahrende Auto erzeugt mehr “Infraschall” als ein Windrad. Die anderen Verhinderungsmärchen über Windkraft habe ich bereits früher widerlegt, hier zum Nachlesen.

Im Ergebnis schimpfen jetzt die Schweden, dass wegen fehlender innerdeutscher Stromtrassen der Strom aus Deutschland zu teuer sei, und verzichten auf den Bau einer Stromtrasse nach Deutschland - eine Folge der Tatsache, dass es für ganz Deutschland nur eine Strompreiszone gibt (Schweden hat vier). Auch hier wehren sich die Bayern energisch und egoistisch, denn aufgrund dieser fehlenden innerdeutschen Stromtrassen würde dann der Strom im Norden billiger, aber in Bayern teurer werden.

Nur wenn es ums Handaufhalten geht, ist Bayern ganz vorn dabei (Länderfinanzausgleich, EEG-Ausgleich, Straßenbau), abgeben wollen sie umgekehrt nichts. Söder lobte seine CSU-Verkehrsminister im Bund sogar ausdrücklich dafür, dass sie so viel Geld ins Land holen. Seit Bayern seit einigen Jahren ein Nettozahler ist, will Söder den Länderfinanzausgleich abschaffen oder zumindest so reformieren, dass Bayern nichts zahlen muss.

29.06.2024

Europawahl, Jugend und TikTok - Leserbrief

[veröffentlicht am 29.06.2024, Änderungen der WZ-Red. in rot]

Einige Analysen der Wahlergebnisse schimpfen auf “die Jugend” und das Wahlergebnis, insbesondere der Jugendlichen unter 18, die zum ersten Mal wählen durften.

Dazu ein paar Gedanken, zuerst zur Wahlstatistik, dann zur Umweltzerstörung und zum Internet:

das Wahlergebnis für die AfD und die anderen extremen Parteien (Heimat, Basis, usw.) liegt bei dieser Altersgruppe ziemlich genau im Durchschnitt. Zusammen mit der Beobachtung, dass die Über-50-jährigen besonders wenig extrem gewählt haben, bleibt als Schlussfolgerung also nur übrig, dass gerade die mittlere Altersgruppe überdurchschnittlich stark diese Parteien gewählt haben. Umgekehrt finde ich es überraschend, dass die Jugendlichen aus Verdrossenheit nicht noch stärker diese Parteien gewählt haben, sondern wirklich im Durchschnitt liegen.

Das sind nämlich die Jugendlichen, die einige Jahre lang mit einer verkürzten Schulzeit durch G8 gequält wurde, und deren Uni-Zeit durch die Bologna-Reform verkürzt werden sollte, damit sie früher in den Arbeitsmarkt eintreten können, und denen jetzt eventuell auch noch ein Pflichtdienst droht. Das sind die Jugendlichen, die zahlenmäßig nicht genügend Wähler darstellen, um bei Wahlen etwas zu verändern - 55 % der Wahlberechtigten sind 50 Jahre oder älter. Das sind die Jugendlichen, die in der Welt leben müssen, die wir - insbesondere in den letzten 40 Jahren - massiv geschädigt haben und es jetzt nicht gebacken bekommen, rechtzeitige und hinreichende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Wir sind zwar auf einem Weg dahin, aber es gibt zuviele Bremser, sowohl in der Regierung, als auch in der Opposition, als auch in der Industrie, die nach wie vor zu stark von fossilen Geschäften profitiert, als auch in den Medien, die im Hintergrund zu stark von fossilen Interessen ihrer Besitzer gesteuert werden (Stichwort “Heiz-Hammer” in den Springer-Medien, großer Anteilseigner KKR).

Geradezu ironisch, dass Merz jetzt plötzlich “voll hinter der Wärmewende steht”, weil Blackrock 880 Mio. Euro in Enpal investiert.

  • Die Anzahl der PKW in Deutschland hat sich seit 1985 von 25 Millionen auf 50 Millionen verdoppelt.
  • Das Gewicht der Autos hat sich fast verdoppelt (700 kg Ur-Mini vs. 1200 kg Mini, 800 kg Golf 2 vs. 1500 kg Golf 8)
  • Allein seit 1985 haben wir die CO2-Konzentration von 350 ppm auf 420 ppm erhöht (das ist dreimal schneller als in der Zeit von 1850 bis 1985!).

Auch wenn “die Jugend” bei dieser Wahl “nur” im Durchschnitt liegt: die Propaganda der extremen Parteien auf TikTok und anderen sozialen Netzwerken ist bedenklich und beunruhigend. Hier müssen die anderen Parteien unbedingt nachziehen und die Angebote dort unterbreiten, wo das digitale Leben dieser Altersgruppe stattfindet! Es nutzt nichts, Angebote zum Faxabruf bereit zu halten, wenn die Zielgruppe Instagram, Snapchat und TikTok verwendet. Auch ein billiges Video des Kanzlers mit Aktentasche trägt nicht dazu bei, dass Politik erklärt wird. Die AfD hatte einer kürzlichen Statistik zufolge über 17 Mio. Abrufe bei TikTok, und alle anderen Parteien zusammen erreichten nicht einmal eine Mio. Abrufe! Zusammen mit dem ausschließlichen “Gefälligkeitsalgorithmus” von TikTok (man kann nicht aktiv Themen oder Personen abonnieren, sondern TikTok passt sich gemäß den bisherigen Abrufen dynamisch an) ist das extrem gefährlich, wenn die Nutzer immer tiefer in ihren eigenen Blasen und Themen versinken und nichts anderes mehr wahrnehmen (wollen oder können).

Insgesamt ist mein Fazit aus dieser Wahl: die Medienkompetenz muss in allen Altersgruppen deutlich besser werden, und die Politik muss die Bürger aktiv besser informieren. Insbesondere sollte die Opposition aufhören, Desinformation zu verbreiten (krasses Beispiel “300.000 € für eine Wärmepumpe”).

Anekdote zum Schluss: Christian Lindners Haus hat eine Wärmepumpe.

20.06.2024

Soll es einen Pflichtdienst geben? - Leserbrief

Gleich zweimal hintereinander mit kurzem Abstand trommelt eine Glossistin in der WZ für die Dienstpflicht. Ich finde die Idee nicht gut.

[veröffentlicht am 20.06.2024]

Oberflächlich betrachtet klingen die beiden Glossen von Fr. Möllers ja ganz nett: seid alle lieb und nett zueinander, seid solidarisch und helft Euch gegenseitig. Alles sehr schön und christlich und humanistisch.

Wenn man aber mal ein wenig tiefer schaut, fordert sie einen verpflichtenden Arbeitsdienst, in etwa dasselbe, was auch auf dem CDU-Parteitag gerade diskutiert und gefordert wurde (neben der Wehrpflicht, aber das ist nochmal ein anderes Thema).

Fr. Möllers will also einen billigen Pflichtdienst einrichten, der ähnlich wie früher der Wehrersatzdienst karitative und pflegerische Hilfstätigkeiten ausübt, weil berufliche Dienste “nicht mehr zu bezahlen wären”.

Ich nehme damit als Kernaussage mit, dass Pflegeberufe finanziell nicht wertgeschätzt werden müssen, und weil die Arbeitgeber nur schlechte Löhne zahlen, soll nun gesetzlich legitimiert ein Zwangsdienst etabliert werden, der ohne angemessene Bezahlung das übernimmt, was marktwirtschaftlich (angeblich) nicht leistbar ist.

Solch ein Zwangsdienst wird noch stärker dazu führen, dass Pflegeberufe schlecht bezahlt werden, weil man ja als Alternative die Zwangs-”Ehrenamtlichen” heranziehen kann. Auch die Qualität der Pflege wird sinken, wenn Dienstpflichtige mit wenig Ausbildung auf ihre “Kunden” losgelassen werden, mal ganz abgesehen von der Motivation.

Gefordert wird dieser Arbeitsdienst von Politikern, die selbst davon nicht betroffen sind, dies aber der jungen Generation aufbürden wollen. Das ist dieselbe junge Generation, die einige Jahre lang mit einer verkürzten Schulzeit durch G8 gequält wurde, und deren Uni-Zeit durch die Bologna-Reform verkürzt werden sollte, damit sie früher in den Arbeitsmarkt eintreten können. Das ist dieselbe junge Generation, die zahlenmäßig nicht genügend Wähler hat, um bei der nächsten Wahl etwas zu verändern - 55 % der Wahlberechtigten sind 50 Jahre oder älter.

Die Politikergeneration, die jahrzehntelang auf Neoliberalismus, Kapitalismus und insbesondere Privatisierung gesetzt hat und dadurch die massiven Probleme erst verursacht hat, will nun billige Arbeitskräfte gesetzlich mit staatlichem Dirigismus dazu zwingen, die Lücken zu stopfen.

Die bisherige Politik hat es also versäumt, rechtzeitig für den schon lange absehbaren demografischen Wandel vorzusorgen (“Die Rente ist sischer” - Nobbi Blüm).

Sie hat es in Form der CDU 40 Jahre lang energisch versäumt, eine brauchbare Einwanderungsgesetzgebung zu schaffen.

Die Agenda 2010 hat den Billiglohnsektor massiv vergrößert und man jammert über Aufstocker, weil das “Gehalt” nicht zum Leben ausreicht.

Mit Riester- und Rürup-Rente wurde eine privat finanzierte Vorsorge eingerichtet, die eigentlich nur den Versicherungsfirmen nutzt.

Durch das Anwanzen an die rechte Rhetorik der AfD hat die CDU das Ansehen Deutschlands im Ausland so beschädigt, dass qualifizierte Arbeitskräfte auch gar kein Interesse haben, herzukommen.

Die bisherige Politik hat die Infrastruktur verrotten lassen (Bahn, Brücken, ...).

Die jetzigen Arbeitnehmer:innen zahlen für ihre Kinder, für ihre eigene private Vorsorge und für die aktuellen Renten, also für drei Generationen gleichzeitig. Wer das nicht leisten kann, dem droht unweigerlich Altersarmut und (erneut) Aufstocken. Kinderarmut betrifft bereits über 20 % aller Familien. Nun wird über Überstunden und höheres Rentenalter (also effektiv eine Rentenkürzung) diskutiert und den jungen Menschen vorgeworfen, zu wenig Kinder zu bekommen. Unsere Kinder sehen diese Ansammlung von Desastern und fragen sich natürlich, warum sie diesen Wahnsinn weiter treiben sollen.

Nebenbei verbietet das Grundgesetz einen Arbeitsdienst, es müsste also mit Zweidrittelmehrheit eine Änderung herbeigeführt werden.

Wie wäre es als Lackmus-Test mit einer Dienstpflicht für z.B. Politiker, bevor sie dafür stimmen, oder eine zeitlich gestaffelte Dienstpflicht für alle - in jedem Lebensjahrzehnt einen Monat?

25.05.2024

Energiewende oder doch nicht - Leserbrief

Auf meinen Hinweis, dass es tatsächlich Länder gibt, die sich zu 100 % aus Enerneuerbaren versorgen können, und dass ich den aktuellen Bericht des Bundesrechnungshofs nicht für neutral hielt, kam eine bissige Antwort, die noch mehrere weitere typische Argumente der Energiewende-Verhinderer enthielt. Hier meine Antwort darauf.

[veröffentlicht am 22.05.2024]

Hr. H. moniert in seinem Leserbrief, dass ich auf die Partei des Bundesrechnungshofspräsidenten hinwies. Am Bericht des BRH hatte ich inhaltlich wenig zu kritisieren, aber ich betone, dass Scheller seit mehr als zehn Jahren ein heftiger Kritiker jeglicher Energiewende ist und jahrelang eine führende Position in der CDU-Fraktion des Bundes hatte. Zusammen mit der Stellung seiner Ehefrau als Lobbyistin eines Gaslieferanten ergibt das schon ein politisches Geschmäckle, mit welcher Intensität gezielt einzelne Punkte aus der Kritik des Bundesrechnungshofes verbreitet werden. Dies ist weit entfernt von einem neutralen Bericht über die wirtschaftlichen Tätigkeiten des Bundes. Ich kritisiere nicht die Parteizugehörigkeit, sondern die Fähigkeit, zwischen Parteilichkeit und sachlicher, neutraler Führung einer Bundesbehörde zu trennen.

Natürlich kann man argumentieren, dass Deutschland “nur” 1,79 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortet. Aber dieses “guck mal, die anderen” hilft nicht, wenn “die anderen” so viel besser sind als wir. China z.B. erreicht schon 2025 die CO2-Reduktionsziele von 2030 und baut jährlich mehr neue Solaranlagen, als derzeit weltweit insgesamt existieren. Deutschland hat ungefähr 1 % der Weltbevölkerung, aber wir emittieren doppelt so viel CO2 pro Kopf, außerdem ist sehr viel unseres Konsums an chinesische Produzenten ausgelagert. Ehrlich gerechnet ist unser ökologischer Rucksack also noch viel größer als 2 %.

Alle Länder haben sich 2015 auf das Paris-Ziel geeinigt. Dieser Beschluss hat seit 2016 Gesetzeskraft in Deutschland. Die USA investieren die unglaubliche Summe von 390 Mrd. Dollar in die Energiewende - das ist nahezu ein deutscher Jahresetat! Lindner hat es mit seiner dummen Sparpolitik geschafft, dass schon zwei große Solarpanel-Hersteller aus Deutschland abgezogen sind und nun im Ausland produzieren. Damit geht Deutschland wichtiges Knowhow für einen Zukunftsmarkt verloren. Aber hey, wir investieren 150 Mio. Euro in eine Firma für Fantasie-Flugtaxis, dafür streichen wir 99 % des Etats für Digitalisierung und die Förderung für neue Batteriespeicher.

Weiterhin verlangt Hr. H., dass wir keine doppelten Infrastrukturen für die Stromerzeugung aufbauen oder vorhalten. Vor diesem Problem stehen wir derzeit gar nicht, weil noch deutlich Luft nach oben ist beim Ausbau der Erneuerbaren Energiequellen. Erst mit einem Sättigungsgrad von deutlich über 80 % müssen wir zusehen, dass auch die Stromspeicher mit dem Ausbau mithalten, damit wir für (seltene!) Flauten genügend “Vorrat” haben. Auch hier liegt Deutschland gut dabei: pro Jahr werden mehrere GWh Kapazität neu gebaut. Aktueller Stand ist z.B. 24 GWh bei Pumpspeichern und 11 GWh bei Batteriespeichern. Optimaler Standort für neue Batteriespeicher sind stillgelegte Kraftwerke, weil hier die vorhandenen elektrischen Anschlüsse genutzt werden können, aber es werden auch mehrere 100.000 private Kleinspeicher pro Jahr neu installiert.

Gegner der Energiewende argumentieren immer gern mit der “Grundlast” und den permanent laufenden Kraftwerken. Wenn die Elektrifizierung in allen Bereichen weiter so zügig voranschreitet wie es 2023 verspricht, werden wir generell weniger Strom benötigen. Hierzu ein Beispiel: mit einem durchschnittlichen Windrad kann man E-Fuels für 250 Verbrenner-Autos herstellen. Man kann damit aber auch 1.600 E-Autos direkt betanken.

Die “Grundlast” ist ein Märchen aus der Vergangenheit, weil sich Kohle- und Kernkraftwerke nur im Zeitraum von mehreren Stunden regeln lassen (ein- und ausschalten) und deshalb nahezu permanent laufen mussten. Deshalb haben bislang diese schmutzigen Kraftwerke die Stromleitungen “verstopft” und die schnell regelbaren Wind- und Solaranlagen mussten abgeschaltet werden. Jetzt werden weitere 7 schmutzige Kohlekraftwerke abgeschaltet. Die nötigen Kapazitäten für Engpässe werden zukünftig mit schnellen Gaskraftwerken abgedeckt, die man innerhalb von Minuten regeln kann. Die neuen modernen Gaskraftwerke werden außerdem “Wasserstoff-ready” sein, so dass man sie zukünftig auch mit grünem Wasserstoff ohne CO2-Ausstoß betreiben kann. Dies ist einer der wenigen sinnvollen Anwendungsfälle, wo das Speichermedium Wasserstoff wieder für die Stromerzeugung herangezogen wird - im großindustriellen Bereich.

17.05.2024

Was genau war da mit den #AKWFiles? - Leserbrief

[veröffentlicht am 17.05.2024]

Die Glosse von Hr. Deutschländer am 29.04. hat ja wenigstens eine klare Aussage: die Regierung soll sich auflösen, am besten vorgestern, damit die FDP wenigstens jetzt noch eine kleine Chance hat, bei Neuwahlen wieder in den Bundestag zu kommen.

So klar drückt sich Hr. Anastasiadis am 27.04. nicht aus: er kann sich nicht entscheiden, welche Richtung seine Glosse nehmen soll: will er hauptsächlich über das Stürmchen im Wasserglas schreiben, das gerade vom Cicero-Magazin als angeblicher Skandal “aufgedeckt” wurde, oder will er die Verschwörungstheorie pflegen, dass die Öffentlich-Rechtlichen Medien nicht darüber berichten würden.

Zur Einordnung: “Cicero” hat vom Wirtschaftsministerium ein paar Aktenvermerke (genauer: zwei Aktenordner) zusätzlich bekommen, die die Entscheidungsfindung vor der Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke dokumentieren. Das rechtslastige Magazin wertet dies als großen Erfolg, weil dazu ein Gerichtsurteil “nötig” war. Insbesondere ein Vermerk wird als Beweis für ein “grünes Netzwerk” zitiert: eine Anmerkung eines Referenten, dass man die KKW weiterbetreiben könne, was allerdings mit hohen Risiken verbunden sei. Das Stürmchen im Wasserglas besteht darin, dass dieser Vermerk nicht an Habeck weitergeleitet wurde. Damit das funktioniert, kürzt “Cicero” den Vermerk und lässt einen wichtigen Teil weg.

Das ist äußerst unredlich: hier wird unvollständig und aus dem Zusammenhang gerissen zitiert. Insbesondere wird hier ein Fass aufgemacht, weil auf einer der untersten Entscheidungsebenen ein kurzer Text geschrieben wurde, den - Skandal! - Habeck nicht zu lesen bekam. Dies zeigt entweder Vorsatz oder völlige Unkenntnis, wie ein Ministerium mit 2.400 Mitarbeitenden funktioniert. Beides ist enorm traurig, lässt es doch Rückschlüsse auf die journalistische Qualität des “Cicero” und des Glossisten der WZ zu. Natürlich erhält Habeck nicht jeden Aktenvermerk. Ein “Referent” ist ein rangniedriger Sachbearbeiter, über dem noch diverse Gruppen- und Abteilungsleiter den Informationsfluss filtern und steuern.

Schlussendlich formuliert der Aktenvermerk auch doch nur aus, was dann auch tatsächlich passiert ist: die KKW sind (wider besseres Wissen) noch drei Monate im “Streckbetrieb” künstlich am Leben erhalten worden. Der vom “Cicero” gekürzte Teil enthält das vollkommen unwichtige (Vorsicht Sarkasmus) Detail, dass alle KKW-Betreiber in Gesprächen schwerwiegende Einwände gegen den Weiterbetrieb hatten, sowohl in Hinblick auf die seit Jahren ausgesetzten Sicherheitsüberprüfungen, als auch in Hinblick auf die Restkapazität der Brennstäbe. Der “Streckbetrieb” erfolgte ja dann auch mit stark reduzierter Stromerzeugung. Habeck hat also entschieden, was der Aktenvermerk als “riskant” beschreibt, auch ohne ihn konkret zu kennen, zumal die Öffentlichkeit bereits wochenlang darüber diskutierte.

Schaut man genauer hin, sieht man seit längerem ein System, mit Dreck zu werfen, in der Hoffnung, dass irgend etwas hängen bleibt: zuerst der Versuch eines bis dahin auch eher unbekannten Onlinemagazins “Multipolar” (laut Wikipedia ein “verschwörungstheoretisches Alternativmedium”), aus RKI-Akten eine “Aufarbeitung” der Corona-Pandemie zu lancieren, und nun, wenige Tage später der nächste Versuch von rechts: der Verlag, in dem “Cicero” erscheint, gehört zur Hälfte dem CDU-Mitglied Dirk Notheis, der z.B. auch am milliardenschweren, überteuerten Rückkauf von EnBW-Aktien durch Baden-Württemberg eine dubiose Rolle gespielt haben soll, damals im Vorstand von Morgan Stanley.

Hieraus nun zu konstruieren, dass die “Öffentlich-Rechtlichen Medien” wichtige Nachrichten unterdrücken, ist weit hergeholt: die ÖR haben nach journalistischer Prüfung festgestellt, dass es so gut wie nichts dramatisches zu berichten gibt, und dementsprechend gab es “nur” Randnotizen statt meterhoher Schlagzeilen. Diese minimale Recherchearbeit zur Einordnung von Themen wäre den Glossisten der WZ ebenfalls zu wünschen.

29.04.2024

Der Bundesrechnungshof will Politik machen - Leserbrief

[veröffentlicht am 27.04.2024]

Hr. Z. behauptet, dass es kein Land gibt, das seinen Strombedarf aus Erneuerbaren decken kann.

Das ist schade, denn ein einziger Blick in die Wikipedia hätte diese Behauptung sofort widerlegt. Wikipedia nennt 6 Länder, die zu 100 % mit Strom aus Erneuerbaren Quellen versorgt werden, 18 Länder, die die Marke von 90 %, und 30 Länder, die die 80 % überschreiten. Im Schnitt hat Deutschland 2023 mehr als 60 % des Strombedarfs aus Erneuerbaren erzeugt, und das wird sich noch verbessern. Je nach Tageszeit und Saison gab es Spitzenwerte von bis zu 140 % Erzeugung aus Erneuerbaren, die dann gut an der Strombörse verkauft werden konnten.

Zum Bericht des Bundesrechnungshofs (BRH) bleibt anzumerken, dass dessen Präsident Scheller ein strammer CDU-Parteisoldat ist und schon seit Jahren scharf gegen die Energiewende schießt. Er war vorher 15 Jahre lang für die Unionsfraktion im Bundestag und bis 2014 Fraktionsdirektor der CDU. Seine Frau Marion Scheller ist seit 2016 Cheflobbyistin der Nordstream 2 AG für Gazprom. Ich denke, das erklärt sehr deutlich den Tonfall des aktuellen Berichts. Abgesehen davon soll der BRH ökonomische Prüfungen der vorhandenen Wirtschaftsführung machen und keine politischen Luftschlösser bauen.

Im Wesentlichen stellt der Bericht des BRH nur fest, dass die Ampelregierung in zwei Jahren aufholen musste, was die vorherigen Regierungen jahrzehntelang verschleppt haben. Insbesondere kritisiert der BRH, dass Stromtrassen fehlen - das ist hauptsächlich der Verdienst der CSU und Freien Wähler in Bayern, die den Bau von Nord-Süd-Stromleitungen behindert und verzögert haben. Es ist schon sehr sportlich zu verlangen, dass die Ampel in zwei Jahren solche massiven Versäumnisse beheben soll und z.B. in so kurzer Zeit die kritisierten fehlenden 6000 km Stromleitungen bauen könnte.

Es ist absolut utopisch anzunehmen, dass ein Regierungswechsel nächstes Jahr dazu führen würde, dass die Kritikpunkte des BRH aufgenommen werden. Anhand der derzeitigen Kakophonie aus der Opposition steht stattdessen zu befürchten, dass alle Maßnahmen der Energiewende wieder zurück gedreht werden sollen und wieder Einhornprojekte wie E-Fuels, Kernfusion und Wasserstoff überproportional gefördert werden würden.

Der Vorwurf der gefälschten Statistik wird zum Eigentor. Es sollte in diesem Fall lauten “Traue keinem Zitat, das Du nicht selbst aus dem Zusammenhang gerissen hast”.

Die Energiewende ist dringend notwendig und muss eigentlich sogar noch beschleunigt statt behindert werden. Wenn der BRH also wirklich glaubwürdig politisch hätte kritisieren wollen, hätte er tatsächlich eher die Blockadepolitik der FDP kritisieren müssen statt der - halbwegs brauchbaren - Ampelpolitik als Ganzes. Um genau zu sein: die Ressorts der grünen Minister werden ihre Sektorziele erreichen. Wenn die Energiewende weiterhin von der FDP nach Kräften verzögert wird, kommen ab 2030 hohe Kosten für den Erwerb von CO2-Zertifikaten auf Verbraucher zu, die dann noch fossil heizen (ob nun zuhause oder mit dem Auto).

Was uns noch viel Geld kosten könnte: Deutschland hat zwar auf Erpressung der FDP hin die Sektorziele im deutschen Klimaschutzgesetz abgeschafft, aber auf EU-Ebene gilt dieses Prinzip weiterhin. Wenn Deutschland also nicht bis 2030 die EU-weiten Sektorziele in allen Ressorts erreicht hat, drohen Strafzahlungen bis zu 60 Mrd. Euro. Außerdem wird es langfristig wesentlich teurer werden, wenn wir jetzt auf Klimaschutz verzichten, statt jetzt kurzfristig zu investieren. Der Finanzminister sollte lernen, dass Staatsschulden für Investitionen sinnvoll sind, statt weiter als schwäbische Hausfrau mit überholten Rezepten aus den 80er Jahren den Staat kaputt zu sparen und die Wirtschaft abzuwürgen. “Kein Klimaschutz” wird uns zukünftig sechsmal mehr kosten als jetzt in Klimaschutz zu investieren.

Nebenbei: pro Kopf hat Deutschland im internationalen Vergleich die höchste Quote an erneuerbarer Stromerzeugung, 1,4 kW (außer Bayern)! Im Vergleich sind es weltweit durchschnittlich nur 0,2 kW, in China 0,3 kW und in den USA 0,6 kW. Der Durchschnitt aller EU-Staaten liegt bei 0,7 kW.

15.04.2024

Brauchen wir Stromimporte aus dem Ausland? - Leserbrief

[veröffentlicht am 13.04.2024]

Fr. K. wiederholt in ihrem Leserbrief die Märchen, die seit der endgültigen Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke immer wieder aufgewärmt werden: aufgrund der Abschaltung müssten wir “teuer” Atomstrom aus Frankreich importieren, und dass es ein Fehler der Merkelregierung war, 2011 endgültig den Ausstieg zu beschließen. Mit einer Andeutung von Humor bezweifelt sie die Gefahr von Tsunamis in Deutschland, um damit die Abschaltung ins Lächerliche zu ziehen.

Dieses Märchen wird durch Wiederholung nicht wahrer. Wir importieren ein ganz kleines bisschen unseres Strombedarfs, derzeit um die 2 %, und davon stammt das wenigste aus Frankreich (unser Nachbar steht regelmäßig erst an vierter Stelle der Stromimporte nach Deutschland). Im Gegensatz dazu importieren wir nahezu 100 % unseres sonstigen Bedarfs an Energieträgern wie Gas und Erdöl, und ich wüsste auch nicht, dass wir in Deutschland Uran abbauen, um damit die herbeigeträumten neuen Kernkraftwerke zu betreiben. Die größten Lieferanten von Uran sind Russland und Nigeria, und einer der größten Hersteller von Brennstäben ist ebenfalls Russland. Offensichtlich wollen wir keine neue Abhängigkeit von Russland schaffen, nachdem wir uns bei Gaslieferungen gerade noch rechtzeitig lösen konnten. Je nach Tageszeit produzieren wir sogar mehr als 100% unseres Strombedarfs aus Erneuerbaren, die Kohleverstromung ist so niedrig wie seit 1965 nicht mehr.

Fr. K. scheint nicht bewusst zu sein, dass wir ein europäisches Stromverbundnetz und eine Strompreisbörse haben, so dass es sinnvoll ist, Strom dort einzukaufen, wo er billig produziert werden kann. Das heißt umgekehrt natürlich auch, dass wir nicht selbst teuren Strom produzieren müssen, wenn er am Markt billiger erhältlich ist. Das ist derzeit hauptsächlich Strom aus Erneuerbaren Energien wie Wind und Solar, aber natürlich auch z.B. Wasserkraft aus den nordischen EU-Ländern. Gerade durch die Erneuerbaren ist Strom an der Börse so billig wie nie: der Preis sinkt zeitweise unter 5 ct/kWh. Im Durchschnitt war Deutschland 2023 ein Stromexporteur, und insbesondere im Sommer, als in Frankreich 30 von 56 Kernkraftwerken wegen Wassermangel (und Sicherheitsmängeln, aber das ist ein anderes Thema) abgeschaltet werden mussten, hat Deutschland massiv Strom nach Frankreich exportiert.

Die Realität: Deutschland könnte problemlos bei der Stromerzeugung auch ohne Kernkraft autark sein. Wir haben eine Kraftwerkskapazität von ca. 260 GW, selbst ohne Wind und Solar noch 130 GW. Das jemals benötigte Maximum waren 81 GW. Aber warum teure Gaskraftwerke anwerfen, wenn es billiger geht?

Außerdem bestreitet sie, dass die Merkelregierungen für Stillstand verantwortlich seien. “Kleines” Gegenbeispiel: 2010 hatte die Bahn einen Investitionsrückstand von ca. 10 Mrd. Euro, letztes Jahr wurde dieser Bedarf auf 88 Mrd. Euro beziffert, und mal ganz ehrlich: das merkt man deutlich bei jeder Bahnfahrt (oder allein bei dem Versuch, eine solche zu buchen und anzutreten). In einem einzelnen, ganz besonderen Punkt gebe ich ihr aber Recht: Söder lobte den damaligen CSU-Verkehrsminister Scheuer dafür, wieviel Fördermittel er nach Bayern leiten konnte.

Sie behauptet auch, das Bruttoinlandsprodukt würde sinken. Dem stelle ich die Zahlen der letzten Jahre gegenüber (Quelle: Stat. Bundesamt). Der einzige (!) Knick ist 2020 wegen Corona.

2015: 3,02, 2016: 3,13, 2017: 3,26, 2018: 3,36, 2019: 3,47, 2020: 3,40, 2021: 3,61, 2022: 3,87, 2023: 4,12 (alle Zahlen in Billionen Euro). Ich sehe hier unglaubliche Einbrüche von Jahr zu Jahr. Die Deindustrialisierungspolitik der Grünen würgt die deutsche Wirtschaft ab, wie man deutlich sieht. Aktuell sinkt das BIP tatsächlich im Promillebereich, man sieht aber auch Erholungstendenzen. Der DAX ist über 18.400 gestiegen, auch ein deutliches Zeichen für die katastrophale Wirtschaftspolitik von Habeck. Eine Rekordzahl von 46 Mio. Beschäftigten ist in Lohn und Brot, und die saisonale Winterarbeitslosigkeit war eine der niedrigsten der letzten Jahre.

09.04.2024

HVO als Dieselersatz - Leserbrief

[veröffentlicht am 09.04.2024]

Wenn man sonst nix zu sagen hat, wird das Thema “flüssige Ersatztreibstoffe” aus der Mottenkiste geholt. Vor längerem waren es Leserbriefe über e-Fuels aus Kohlendioxid (CO2) und Wasserstoff (H2), nun ist es die FDP, die wie immer das Banner der “Technologieoffenheit” vor sich her trägt und über eine der wenigen Tankstellen in der Wetterau jubelt, die künstlich hergestellten Diesel-Ersatz verkauft (HVO, hydro-treated vegetable oil).

Dieser Ersatztreibstoff gehört zu den zahlreichen Varianten von künstlichem Diesel, der aus Abfallfett hergestellt wird. Andere Varianten verwenden Erdgas, Kohle oder sonstige kohlenstoffhaltige Grundstoffe.

Die Energiebilanz allein bei der Herstellung von HVO reicht von “naja” (2 kWh pro Liter) über “schlimm” (10 kWh pro Liter) bis “katastrophal” (16 kWh pro Liter), je nach verwendeten Ausgangsstoffen, und über die Größenordnung der Herstellung (also die lieferbare Menge in den Handel) decken wir auch lieber den Mantel des Schweigens. Zum Vergleich: ein Liter “klassischer” Diesel aus Erdöl erfordert einen Aufwand von ca. 4 kWh pro Liter.

Aber damit ist die Betrachtung der Energiebilanz noch nicht zu Ende gedacht: für die Herstellung von HVO wird nämlich Wasserstoff benötigt und es fällt Propan als “Abfall” an. Nunja, mag man meinen, Propan ist ja nicht schlimm: kann man zum Heizen verbrennen oder industriell verwerten. Aber auch das feuert natürlich wieder die Klimakatastrophe an.

Der benötigte Wasserstoff müsste “grün” sein, also aus erneuerbaren Energien hergestellt werden. Alle anderen Varianten von Wasserstoff (blau, grau, türkis) haben eine katastrophale Umwelt- und Energiebilanz (bis zu 55 kWh Strom und 10 Liter Wasser pro kg Wasserstoff). Pro Liter HVO wird (je nach Zusammensetzung) geschätzt, dass etwa 40 Liter Wasserstoff benötigt werden. Das Verfahren erfordert außerdem einen teuren Katalysator, üblicherweise Platin, Palladium oder Nickel, der auch zu anderen industriellen Zwecken benötigt wird.

Des weiteren gibt es bei der Verwertung von Fettabfällen ein gravierendes Konkurrenz- und auch Skalierungsproblem: bislang wurde ein Großteil dieser Abfälle, in Deutschland ca. 1,9 Mio. t pro Jahr, bei hohen Temperaturen in Kraftwerken verbrannt und hat dort einen Wirkungsgrad von über 40 %. Ein Dieselmotor im Auto hat im Bestfall nur einen Wirkungsgrad von knapp 30 %. Wenn nun HVO als Dieselersatz verwendet wird, ist für Kraftwerke eine Alternative nötig. Allein unter diesem Aspekt erscheint es nicht sinnvoll, die Ausgangsstoffe für die energieintensive Herstellung eines Treibstoffs mit schlechterem Wirkungsgrad zu verwenden. An der Uni Graz stellt eine Masterarbeit fest, dass der Ertrag an HVO ungefähr 80 % des eingesetzten Rohstoffs beträgt, der Rest entweicht als kurzkettige Alkane oder Wasser. Und: es gibt gar nicht genügend Abfallfett für den deutschen Bedarf von 35 Mio. Liter Diesel pro Jahr.

Ein weiteres Problem ist die Verwendung von derzeit 10-20 % Palmöl als Ausgangsstoff. Wenn die Nachfrage nach HVO steigt, ist zu befürchten, dass noch mehr Regenwald abgeholzt wird, um Ölpalmen anzubauen, die dann noch zur Verarbeitung transportiert werden müssen. Die Fläche dafür fällt dann auch für den Anbau von Lebensmitteln weg. Fettabfälle müssen außerdem gereinigt werden, und die Schadstoffe können je nach vorherigem Einsatzzweck giftig oder krebserregend sein.

Ein kleiner Vorteil für Oldtimerfans: HVO enthält wenig Sauerstoff, deshalb vergammelt es im Tank nicht (wichtig für Autos, die lange still stehen). HVO-Verbrennung hat einen etwas geringeren CO2-Ausstoß als Diesel aus Erdöl: doch immerhin gigantische 2 % weniger. Und noch ein Trost: wenn das Abfallfett pflanzlich war, fährt das Auto dann immerhin vegan.

Fazit: die FDP jubelt hier ein Thema hoch, das nicht dazu beiträgt, die Klimakatastrophe zu verhindern. Leider hat sie vor dem Jubeln vergessen, die Fakten zu prüfen. Es ist zwar technisch machbar, aber wirtschaftlich und ökologisch sinnlos, wenn man die gesamte Herstellungs- und Lieferkette betrachtet. Die FDP zeigt damit erneut, dass sie in der Vergangenheit bleiben will.

26.03.2024

Corona-Aufarbeitung als Geschichtsrevisionismus - Leserbrief

Ein Glossist der WZ sammelt alle Vokabeln der Querdenker zu Corona in einem kurzen Aufsatz und will damit die Corona-Maßnahmen "aufarbeiten". Die Kritik an der WZ und ihren Glossisten wurde wohlweislich gekürzt (unten so markiert).

[veröffentlicht am 26.03.2024]

Was soll denn dieses aufgewärmte Corona-Leugnen heutzutage in der Glosse von Hr. Schäfer? Das ist Querdenker-Vokabular, das er hier bringt. Er fordert eine “Aufarbeitung” der Corona-Maßnahmen während der Pandemie und bejubelt Streeck, der durch vollkommen falsche Behauptungen, aber dafür große Medienpräsenz, aufgefallen ist. Es war jederzeit sicherer, das Gegenteil von dem zu tun, was Streeck gefordert hat. Die Untersuchung in Heilsberg am Beginn der Pandemie war eine unwissenschaftliche Medieninszenierung mit vorbestimmtem Narrativ.

Schäfer zitiert Spahn mit dem Bonmot “Wir werden viel zu verzeihen haben”. Derselbe Spahn, der wie viele andere Politiker durch Masken-Deals und Provisionen in Erinnerung bleiben wird, und nur durch Formfehler und fehlende oder lückenhafte Gesetze gegen Vorteilsnahme und Bestechung entgingen Politiker wie Nüsslein, Sauter, Tandler einer Strafe oder erhielten eher milde Urteile. Eigentlich habe ich wenig Veranlassung, solche finanziellen Winkelzüge zu verzeihen. Hier floss Steuergeld in Taschen, wo es nicht hingehört hat. Genauso auf EU-Ebene: durch schlechte Verträge schuldet die EU den Impfstoffherstellern 35 Mrd. Euro (!) Entschädigungszahlungen für bestellte, aber nicht abgenommene Impfdosen.

Unvergessen auch der eine oder andere AfD-Politiker, der öffentlich gegen Corona-Maßnahmen demonstriert hat, aber trotzdem gern Hunderttausende Euro Zuschüsse für seine Testzentren kassiert hat.

In der Epidemiologie (Seuchenlehre), gerade bei neuen Erregern mit unbekannten Eigenschaften, gilt die Regel “schnell und hart handeln” und gerade nicht zaudern und zögern. Von daher sollte die Aufarbeitung der Corona-Pandemie darin bestehen, über die zu frühe Aufhebung von Maßnahmen zu diskutieren, oder über die Rolle der Medien, die sehr gern das Märchen aufgenommen hat, Kinder und Jugendliche könnten sich nicht anstecken, würden das Virus nicht verbreiten, wären bei einer Erkrankung nicht so schlimm betroffen usw. usf.

Unvergessen auch die mediale Kampagne der Springerpresse gegen Prof. Drosten oder die isolierten Einzelmeinungen bestimmter Forscher, die Luftreinigungsgeräte für ineffizient hielten, aber überproportional Aufmerksamkeit erhielten. Trotz reichlich vorhandener Fördergelder auf Landes- und Bundesebene wurden deshalb mit fadenscheinigen Ausreden Tausende Klassenräume nicht mit Geräten zur Prävention ausgestattet.

Heute weiß man retrospektiv, dass statistisch ungefähr 70 % aller Ansteckungen ihren Ausgangspunkt in Kindergärten und Schulen hatten und sich von dort in die Familien und Arbeitsstätten ausgebreitet haben. Die Corona-Wellen haben sich während Schulferien und durch die jeweiligen Schulschließungen immer deutlich abgeschwächt.

Hr. Schäfer sollte auch nicht weiter über Impfschäden jammern: weltweit wurden nur wenige Tausend Impfschäden bestätigt, bei mehr als 13 Milliarden Impfungen. Das ist minimal weniger als die entsprechende Quote bei der Masern-Impfung. Wenig überraschend war mehr als die Hälfte aller weltweit gemeldeten Anträge auf Anerkennung von Impfschäden hingegen in Deutschland verortet, insbesondere in Ostdeutschland, wo die Impfrate erschreckend gering war und ist und verdächtig mit dem Anteil der AfD-Wählerschaft korreliert. Ist das nicht ironisch? Die geringste Impfquote korreliert mit der höchsten (behaupteten) Anzahl an Impfschäden. Insgesamt wurde in Deutschland eine geringe dreistellige Anzahl an Impfschäden anerkannt, bei knapp 200 Mio. Impfungen insgesamt.

Einschub: um den Unterschied zwischen Millionen und Milliarden etwas greifbarer zu machen: eine Million Sekunden sind 11 Tage, eine Milliarde Sekunden sind 31 Jahre.

Natürlich sind Impfschäden plausibel, das streitet auch niemand ab. Trotzdem ist die Impfung sicher und schützt. Nebenbei: die Aufnahme in eine Kita oder Schule ist in Deutschland an den Nachweis einer Masernimpfung geknüpft und mittlerweile mehrfach höchstrichterlich bestätigt.

Wie bereits oben erwähnt, finde ich die Rolle der Medien derzeit auf einem erschreckenden Niveau. Dies ist nicht nur beim Thema Corona, sondern generell bei politischen Themen ein Problem. Die Glossen der WZ sind hier stellvertretend genannt: die Anzahl an Halb- und Viertelwahrheiten, die anscheinend ohne große Recherche und Faktenprüfungen abgedruckt werden, lässt mich immer wieder kopfschüttelnd zurück. Man lässt Glossisten über Themen schreiben, bei denen die grundlegendste Recherche fehlt.

18.03.2024

Damsel - Ritter, Drachen und das ganze in originell

Nach all den Leserbriefen mal wieder eine Filmkritik :-)

Vor ein paar Tagen habe ich den neu erschienenen Film "Damsel" bei Netflix geschaut.

Fazit: solide Unterhaltung, guter Twist am Ende, der der Geschichte nochmal eine originelle Wendung gibt.

Kleiner Spoiler: der Film könnte auch als Prequel zu "House of the Dragon" durchgehen, dem Prequel von "Game of Thrones".

Die CGI ließ teilweise etwas zu wünschen übrig, der Drachenkörper war mehr so verhungerte Katze, aber Kopf und Gesicht waren gut gemacht, auch die Mimik war sehr schön.

Die Zeichnung mit dem Ausweg, den die Prinzessin tief unten in den Höhlen fand, war verwirrend - die Wandmalerei konnte ja erst gezeichnet werden, nachdem jemand *zurück* kommt, um die Karte zu vervollständigen.

Eine offene Frage (von Logikfehler will ich nicht reden): offensichtlich muss es ja für die 3 Dracheneier auch einen Papa gegeben haben. Ich frage mich, was aus ihm geworden ist.

Falls das nicht nötig wäre - es gibt ja auch bei manchen Tier- und Pflanzenarten Fortpflanzungsmethoden, bei denen kein zweiter Partner nötig ist - verstehe ich nicht, warum die Drachin "last of its kind" sein soll.

14.03.2024

Die Bundeswehr wurde abgehört - Leserbrief

Die Abhöraffäre der Bundeswehr über den Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern erregt gar nicht so viel Aufmerksamkeit, wie sie eigentlich verdient hätte. Zur Glosse in der WZ schrieb ich ein paar Anmerkungen zur Verwendung proprietärer Software, die man nicht unter eigener Kontrolle hat.

[veröffentlicht am 14.03.2024]

Fr. Warnecke spricht einen wichtigen Punkt an: die digitale Souveränität, insbesondere das staatliche Handeln in Krisenfällen, ist in Gefahr, wenn wir Software verwenden, deren Quellen und Betrieb nicht der eigenen Kontrolle unterliegen.

Das ist der Fall bei allen ausländischen Diensten nicht nur für Videokonferenzen wie Zoom, WebEx, Teams, BlueJeans etc. Diese Dienste werden auf Servern betrieben, auf die Deutschland keinen Einfluss hat, und die Quelltexte der zugrundeliegenden Software sind nicht einsehbar.

Es ist also nicht nur so, dass bei Verwendung dieser Dienste die Gefahr von z.B. russischen Hackern besteht, sondern natürlich auch das gewollte Abhören durch “befreundete” Dienste. Dass der deutsche Staat und seine Organe abgehört werden, wissen wir seit Assange und Snowden, und die milde Empörung von Merkel (“Abhören unter Freunden geht gar nicht”) war ungefähr die zahmste und zahnloseste Reaktion, die man sich vorstellen kann.

Die Alternative besteht darin, Software zu verwenden, deren Abläufe man selbst prüfen kann (“Open Source Software”, OSS) und die man selbst betreibt. Der Wetteraukreis ist hier bei der regionalen Lösung für Schulen, die bis 2022 verwendet wurde, eine der wenigen positiven Ausnahmen gewesen: das damalige “wtkedu” hat eine Videokonferenzlösung aus und in Deutschland verwendet. Auch das staatliche Schulamt für den Wetteraukreis verwendet mit “Big Blue Button” eine OSS-Lösung, die in Deutschland betrieben wird. So geht verantwortungsvolles Handeln. Schulen sind natürlich nicht das primäre Ziel von ausländischen Abhöraktivitäten, aber das befolgte Prinzip ist vernünftig. Es gibt auch staatliche Institutionen, die auf Open Source setzen und entsprechende Dienstleistungen anbieten. Der Heise Newsticker hat hier schon vor Jahren über das “Projekt Phoenix” bei Dataport berichtet.

Auch bei PC-Arbeitsplätzen wäre es mittlerweile sinnvoll, sich von Microsoft Windows abzuwenden: der unkontrollierte und nicht abschaltbare Datenabfluss in Windows 10 und 11 ist genauso ärgerlich wie die zunehmende Überfrachtung mit Werbung und Zwangsmaßnahmen wie die Online-Benutzeranmeldung bei Microsoft. Linux ist seit Jahren eine ernst zu nehmende Alternative, und es gibt Varianten, die den Umstieg von Windows durch die Ähnlichkeit der Bedienung enorm erleichtern. “Linux Mint” z.B. sieht nahezu genauso aus wie Windows. Das hätte nebenbei auch den Vorteil, dass man sich vom höllischen Dreigestirn Active Directory, Exchange und Outlook lösen könnte, die für die meisten der aktuellen Sicherheitsprobleme und Erpressungsvorfälle bei Krankenhäusern, Ämtern, Behörden und Firmen verantwortlich sind.

Inwieweit die aktuelle Abhöraffäre der Bundeswehr eine tatsächliche Gefahr darstellt oder ein geplantes Täuschungsmanöver war, wird vermutlich im Dunkeln bleiben. Es ist offensichtlich, dass eine ungeschützte Telefoneinwahl eines Teilnehmers in Singapur ein offenes Scheunentor für das Abhören darstellt. Die veröffentlichten Gesprächsinhalte lassen aber vermuten, dass schon vor der Telefoneinwahl abgehört wurde. Wenn man Verschwörungstheorien mag, könnte das alles Absicht gewesen sein. Dies kann man natürlich ad infinitum weiter spinnen (“die wissen, dass wir wissen, dass sie wissen ...” usw.).