06.09.2023

LineageOS mal wieder - nach langer Zeit

Lange Zeit war es still um die Installation von Custom ROMs auf meinen Handys ... jetzt hatte ich mal wieder Lust und Gelegenheit und ein abgelegtes Handy, für das es ein offizielles LineageOS-ROM gibt.

Vor langer Zeit war Motorola mal im Besitz von Google, und aus dieser Zeit resultieren immer noch einige erfreuliche Leistungen und Features, die die Handys von Motorola auszeichnen. Zugegeben, die Update-Politik könnte besser sein. Ob das mit dem späteren Verkauf an Lenovo zusammenhängt und Lenovo dadurch sparen will, ist schwer zu sagen. Die Geräte bekommen derzeit im Schnitt nur alle zwei Monate ein Update und nicht jeden Monat pünktlich am 5. wie die Google-Pixel-Modelle. Mein letztes Update ist das vom Juli, und ich erwarte das September-Update so ungefähr zu meinem Geburtstag :-)

Trotzdem gefallen mir die Modelle von Motorola ziemlich gut - ich habe mich auf die Mittelklasse eingeschossen, die "G"-Modelle (ich liebäugele aber durchaus als nächstes mit einem Edge 30 Ultra ...). Derzeit verwende ich ein "G200 5G" (auch wenn es in Berstadt derzeit noch kein 5G gibt), das es bei Amazon als B-Ware-Schnäppchen gab. Das vorherige Modell war ein "G 5G plus" und hatte nur 4 GB RAM. Das machte sich bei der Benutzung deutlich bemerkbar. Beim Wechseln zwischen Apps hakte es deutlich, und die Speicherverwaltung hat sehr oft Apps komplett aus dem Speicher entfernt, so dass beim Wechseln ein Neustart der App nötig war. Die Kamera ist bei allen Modellen ziemlich gut, auf jeden Fall ausreichend für meine Schnappschüsse. Die Bedienung und die zusätzlichen Gesten, die die Motorola-Geräte anbieten, finde ich enorm praktisch, und das Android ist nahezu identisch zum Original von Google - es gibt keine aufgeblähten Aufsätze wie bei Samsung oder Xiaomi oder zwangsinstallierte Software von Facebook, LinkedIn o.ä., die man nicht entfernen kann, ohne das Gerät zu "rooten" und dadurch die Gewährleistung zu riskieren.

Für das G 5G plus ("nairo") ist a) der Update-Support abgelaufen und b) es gibt ein offizielles LineageOS-ROM für dieses Modell. Was also liegt näher, als es mal wieder zu wagen?

Im Nachhinein bin ich etwas verärgert, dass Motorola keine Updates mehr für dieses Modell liefert. Da ich selbst als Software-Entwickler mit ziemlich modernen Werkzeugen arbeite und insbesondere viel mit automatischer Erstellung und Prüfung von Softwarepaketen zu tun habe, verwundert mich die Entscheidung, keine Updates mehr zu liefern. Die meisten Updates für Android werden von Google zugeliefert und können nahezu vollautomatisch integriert werden. Danach ein Update-Paket zu erstellen und auszuliefern, ist dann nur noch eine Sache von wenigen Minuten. Seit Jahren geht durch die Presse, wie gefährlich Cyber-Angriffe sind, und dass Updates die wichtigste Gegenmaßnahme sind - und trotzdem beharren Hersteller auf absurd kurzen Zeiträumen für die Bereitstellung von aktuellen Updates gegen Sicherheitslücken.

Es gibt ein paar wenige Situationen, in denen es plausibel ist, dass keine Updates mehr geliefert werden. Ein solcher Fall ist, dass sich ein Hardwarehersteller aus dem Geschäft mit Chips für Smartphones vollständig aus dem Geschäft zurückzieht. So geschehen bei Texas Instruments, die den CPU-Chip für das Samsung Galaxy Nexus geliefert haben. Danach gab es keine Updates mehr für die integrierten Module wie Bluetooth, WLAN, Kamera etc., die alle als Binärpakete von TI zugeliefert wurden.

Aber zurück zum eigentlichen Thema :-)

Spoiler: alles lief wunderbar geschmeidig - einfach der Schritt-für-Schritt-Anleitung bei LineageOS folgen. Jetzt hat das G 5G plus ein neues Leben mit Android 13 und monatlichen Updates :-)

  1. Entwicklereinstellungen freischalten (7x auf "Build Datum" tippen)
  2. Bootloader in den Entwicklereinstellungen entsperren ("OEM unlock")
  3. USB-Debugmodus einschalten und "vertrauenswürdiges Gerät" bestätigen
  4. Gerät mit USB-C-Datenkabel an den PC anschließen (sowohl Linux als auch Windows auf dem PC sind möglich)
  5. Im Fastboot-Modus den Code mit dem Befehl "fastboot oem get_unlock_data" abfragen
  6. Den Code auf dieser Motorola-Webseite eingeben. Nicht die Weiterleitung nach Deutschland anklicken, sondern die US-Seite verwenden (man muss sich dazu mit einer Emailadresse als Benutzer registrieren oder das Login mit Google verwenden)
  7. Auf die Email von Motorola warten (10 min.)
  8. Im Fastboot-Modus das Handy mit dem Befehl "fastboot oem unlock <Code>" und dem Code aus der Email entsperren
  9. Immer noch im Fastboot-Modus das LineageOS-Recovery installieren
  10. Bootloader neu starten
  11. Kopierskript für die A/B-Partitionen mit "adb sideload" starten
  12. Recovery starten (Bedienung mit Touchscreen möglich, nicht nur mit den Tasten)
  13. Speicher formatieren
  14. LineageOS-ROM mit "adb sideload" installieren (die Datei mit "-nairo-signed.zip" am Ende)
  15. MindTheGApps mit "adb sideload" installieren (die OpenGApps werden nicht mehr gepflegt)
  16. Neu starten
  17. Handy einrichten wie üblich

04.09.2023

Warum hat die AfD Zulauf? - Leserbrief

[veröffentlicht am 02.09.2023]

Weshalb wundert sich Hr. Sattler in seiner Glosse vom 22.08. darüber, dass die AfD stärker wird?

Ich kann es ihm genau erklären: weil allerorten die Narrative, über die sich die AfD freut, lang und breit durch die Presse und die Medien getragen werden und AfD-Politikern viel Raum gegeben wird. Auch Hr. Sattler ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte.

Auf der einen Seite nämlich beklagt er die Gefahr, dass die AfD Stimmen gewinnt, auf der anderen Seite laboriert er genau deren Stichpunkte, von denen leider keiner so richtig stimmt.

Er stellt fest, dass “höchstens” die Hälfte der Geflüchteten seit 2015 eine Ausbildung gemacht hat und in Lohn und Brot steht. Ich finde hingegen, das ist eine großartige Leistung unseres Schul- und Ausbildungssystems, dass so schnell so viele Menschen aus anderen Kulturkreisen sich hier in einer ihnen fremden Sprache zurecht finden konnten. Die andere Hälfte sind vermutlich großteils Kinder, Jugendliche, Senioren oder pflegende Familienangehörige. Es ist also höchst unehrlich, sich zu beklagen, dass “nur” die Hälfte Ausbildung und Beruf gefunden hat und nicht zu (er)klären, wie diese Zahl zustande kommt.

Deutschland geht es wirtschaftlich nach wie vor gut, und jetzt unser Land als “kranken Mann” oder als vom Abstieg gefährdet zu bezeichnen, spielt auch nur dem politischen rechten Rand in die Karten. Die Ampel ist seit zwei Jahren an der Regierung und räumt die Hinterlassenschaften und Nachlässigkeiten der letzten Dekaden von Regierungen mit CDU-Beteiligung auf. Solch eine aggressive Oppositionsagitation, und das sogar mit offenen Unwahrheiten, habe ich in den letzten 40 Jahren nicht erlebt.

Wenn man Deutschland schlecht macht und den Geflüchteten und Zuwanderern die Schuld gibt, passiert genau das: niemand will mehr freiwillig zu uns kommen und hier arbeiten. Wir brauchen dringend eine geregelte Zuwanderung. Es ist bezeichnend, dass Lindner diesen März bei einer Auslandsreise nach Ghana auf die Frage, wer zum Arbeiten nach Deutschland kommen wolle, sich keiner der jungen Leute in einem Hörsaal einer Universität gemeldet hat.

Vielleicht würde es helfen, mal ganz objektiv und konkret zu berichten, was das Programm der AfD ausmacht, wer profitiert und wer leidet? Schauen wir in die neueste DIW-Kurzstudie (Zusammenfassung von volksverpetzer.de).

In Bezug auf die Klimapolitik gibt es laut der Studie keine Partei, die Klimaschutzmaßnahmen konsequenter ablehnt als die AfD. Zudem möchte die AfD die Rechte von Minderheiten einschränken und plant, die Europäische Union zu schwächen oder gar abzuschaffen. Studienautor Fratzscher:

  • „In der Sozialpolitik wünscht sich keine Partei stärkere Einschnitte.“
  • „In der Gesellschaftspolitik unterscheidet sich die AfD am stärksten, will Rechte vor allem für Minderheiten beschneiden.“
  • Bei „Demokratie und Innenpolitik will die AfD Rechte und Freiheiten deutlich restriktiver handhaben als alle anderen Parteien im Bundestag“.

Die AfD ist gegen eine Mindestlohnerhöhung und gegen eine Stärkung der Rechte von Mietern, und für Steuersenkungen, von denen vor allem Besserverdienende und Vermögende profitieren. Laut Kurzstudie würden solche AfD-Positionen „die ohnehin schon häufig am Rande der Gesellschaft stehenden AfD-Wähler noch stärker marginalisieren und ihre gesellschaftliche und politische Teilhabe beschneiden.“

Die AfD ist gegen die Besteuerung großer Vermögen und die Erbschaftssteuer. Den Solidaritätszuschlag für die Spitzenverdiener will sie komplett abschaffen. Das Gleiche gilt für die Wirtschaftspolitik, bei der die AfD generell die Rolle des Staates beschneiden und die Macht des Marktes vergrößern will.

Die Studie hebt hervor, dass viele AfD-Anhänger nicht erkennen, dass sie direkt von den negativen Auswirkungen ihrer Partei betroffen wären, z.B. in Form von Jobverlusten oder Schwächung der EU. Viele AfD-Unterstützer glauben fälschlicherweise, dass ein stärkerer Nationalismus und eine marktfreundliche Politik ihnen persönlich nutzen würden. Die Studie stellt fest, dass genau das Gegenteil der Fall wäre.