15.04.2024

Brauchen wir Stromimporte aus dem Ausland? - Leserbrief

[veröffentlicht am 13.04.2024]

Fr. K. wiederholt in ihrem Leserbrief die Märchen, die seit der endgültigen Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke immer wieder aufgewärmt werden: aufgrund der Abschaltung müssten wir “teuer” Atomstrom aus Frankreich importieren, und dass es ein Fehler der Merkelregierung war, 2011 endgültig den Ausstieg zu beschließen. Mit einer Andeutung von Humor bezweifelt sie die Gefahr von Tsunamis in Deutschland, um damit die Abschaltung ins Lächerliche zu ziehen.

Dieses Märchen wird durch Wiederholung nicht wahrer. Wir importieren ein ganz kleines bisschen unseres Strombedarfs, derzeit um die 2 %, und davon stammt das wenigste aus Frankreich (unser Nachbar steht regelmäßig erst an vierter Stelle der Stromimporte nach Deutschland). Im Gegensatz dazu importieren wir nahezu 100 % unseres sonstigen Bedarfs an Energieträgern wie Gas und Erdöl, und ich wüsste auch nicht, dass wir in Deutschland Uran abbauen, um damit die herbeigeträumten neuen Kernkraftwerke zu betreiben. Die größten Lieferanten von Uran sind Russland und Nigeria, und einer der größten Hersteller von Brennstäben ist ebenfalls Russland. Offensichtlich wollen wir keine neue Abhängigkeit von Russland schaffen, nachdem wir uns bei Gaslieferungen gerade noch rechtzeitig lösen konnten. Je nach Tageszeit produzieren wir sogar mehr als 100% unseres Strombedarfs aus Erneuerbaren, die Kohleverstromung ist so niedrig wie seit 1965 nicht mehr.

Fr. K. scheint nicht bewusst zu sein, dass wir ein europäisches Stromverbundnetz und eine Strompreisbörse haben, so dass es sinnvoll ist, Strom dort einzukaufen, wo er billig produziert werden kann. Das heißt umgekehrt natürlich auch, dass wir nicht selbst teuren Strom produzieren müssen, wenn er am Markt billiger erhältlich ist. Das ist derzeit hauptsächlich Strom aus Erneuerbaren Energien wie Wind und Solar, aber natürlich auch z.B. Wasserkraft aus den nordischen EU-Ländern. Gerade durch die Erneuerbaren ist Strom an der Börse so billig wie nie: der Preis sinkt zeitweise unter 5 ct/kWh. Im Durchschnitt war Deutschland 2023 ein Stromexporteur, und insbesondere im Sommer, als in Frankreich 30 von 56 Kernkraftwerken wegen Wassermangel (und Sicherheitsmängeln, aber das ist ein anderes Thema) abgeschaltet werden mussten, hat Deutschland massiv Strom nach Frankreich exportiert.

Die Realität: Deutschland könnte problemlos bei der Stromerzeugung auch ohne Kernkraft autark sein. Wir haben eine Kraftwerkskapazität von ca. 260 GW, selbst ohne Wind und Solar noch 130 GW. Das jemals benötigte Maximum waren 81 GW. Aber warum teure Gaskraftwerke anwerfen, wenn es billiger geht?

Außerdem bestreitet sie, dass die Merkelregierungen für Stillstand verantwortlich seien. “Kleines” Gegenbeispiel: 2010 hatte die Bahn einen Investitionsrückstand von ca. 10 Mrd. Euro, letztes Jahr wurde dieser Bedarf auf 88 Mrd. Euro beziffert, und mal ganz ehrlich: das merkt man deutlich bei jeder Bahnfahrt (oder allein bei dem Versuch, eine solche zu buchen und anzutreten). In einem einzelnen, ganz besonderen Punkt gebe ich ihr aber Recht: Söder lobte den damaligen CSU-Verkehrsminister Scheuer dafür, wieviel Fördermittel er nach Bayern leiten konnte.

Sie behauptet auch, das Bruttoinlandsprodukt würde sinken. Dem stelle ich die Zahlen der letzten Jahre gegenüber (Quelle: Stat. Bundesamt). Der einzige (!) Knick ist 2020 wegen Corona.

2015: 3,02, 2016: 3,13, 2017: 3,26, 2018: 3,36, 2019: 3,47, 2020: 3,40, 2021: 3,61, 2022: 3,87, 2023: 4,12 (alle Zahlen in Billionen Euro). Ich sehe hier unglaubliche Einbrüche von Jahr zu Jahr. Die Deindustrialisierungspolitik der Grünen würgt die deutsche Wirtschaft ab, wie man deutlich sieht. Aktuell sinkt das BIP tatsächlich im Promillebereich, man sieht aber auch Erholungstendenzen. Der DAX ist über 18.400 gestiegen, auch ein deutliches Zeichen für die katastrophale Wirtschaftspolitik von Habeck. Eine Rekordzahl von 46 Mio. Beschäftigten ist in Lohn und Brot, und die saisonale Winterarbeitslosigkeit war eine der niedrigsten der letzten Jahre.

09.04.2024

HVO als Dieselersatz - Leserbrief

[veröffentlicht am 09.04.2024]

Wenn man sonst nix zu sagen hat, wird das Thema “flüssige Ersatztreibstoffe” aus der Mottenkiste geholt. Vor längerem waren es Leserbriefe über e-Fuels aus Kohlendioxid (CO2) und Wasserstoff (H2), nun ist es die FDP, die wie immer das Banner der “Technologieoffenheit” vor sich her trägt und über eine der wenigen Tankstellen in der Wetterau jubelt, die künstlich hergestellten Diesel-Ersatz verkauft (HVO, hydro-treated vegetable oil).

Dieser Ersatztreibstoff gehört zu den zahlreichen Varianten von künstlichem Diesel, der aus Abfallfett hergestellt wird. Andere Varianten verwenden Erdgas, Kohle oder sonstige kohlenstoffhaltige Grundstoffe.

Die Energiebilanz allein bei der Herstellung von HVO reicht von “naja” (2 kWh pro Liter) über “schlimm” (10 kWh pro Liter) bis “katastrophal” (16 kWh pro Liter), je nach verwendeten Ausgangsstoffen, und über die Größenordnung der Herstellung (also die lieferbare Menge in den Handel) decken wir auch lieber den Mantel des Schweigens. Zum Vergleich: ein Liter “klassischer” Diesel aus Erdöl erfordert einen Aufwand von ca. 4 kWh pro Liter.

Aber damit ist die Betrachtung der Energiebilanz noch nicht zu Ende gedacht: für die Herstellung von HVO wird nämlich Wasserstoff benötigt und es fällt Propan als “Abfall” an. Nunja, mag man meinen, Propan ist ja nicht schlimm: kann man zum Heizen verbrennen oder industriell verwerten. Aber auch das feuert natürlich wieder die Klimakatastrophe an.

Der benötigte Wasserstoff müsste “grün” sein, also aus erneuerbaren Energien hergestellt werden. Alle anderen Varianten von Wasserstoff (blau, grau, türkis) haben eine katastrophale Umwelt- und Energiebilanz (bis zu 55 kWh Strom und 10 Liter Wasser pro kg Wasserstoff). Pro Liter HVO wird (je nach Zusammensetzung) geschätzt, dass etwa 40 Liter Wasserstoff benötigt werden. Das Verfahren erfordert außerdem einen teuren Katalysator, üblicherweise Platin, Palladium oder Nickel, der auch zu anderen industriellen Zwecken benötigt wird.

Des weiteren gibt es bei der Verwertung von Fettabfällen ein gravierendes Konkurrenz- und auch Skalierungsproblem: bislang wurde ein Großteil dieser Abfälle, in Deutschland ca. 1,9 Mio. t pro Jahr, bei hohen Temperaturen in Kraftwerken verbrannt und hat dort einen Wirkungsgrad von über 40 %. Ein Dieselmotor im Auto hat im Bestfall nur einen Wirkungsgrad von knapp 30 %. Wenn nun HVO als Dieselersatz verwendet wird, ist für Kraftwerke eine Alternative nötig. Allein unter diesem Aspekt erscheint es nicht sinnvoll, die Ausgangsstoffe für die energieintensive Herstellung eines Treibstoffs mit schlechterem Wirkungsgrad zu verwenden. An der Uni Graz stellt eine Masterarbeit fest, dass der Ertrag an HVO ungefähr 80 % des eingesetzten Rohstoffs beträgt, der Rest entweicht als kurzkettige Alkane oder Wasser. Und: es gibt gar nicht genügend Abfallfett für den deutschen Bedarf von 35 Mio. Liter Diesel pro Jahr.

Ein weiteres Problem ist die Verwendung von derzeit 10-20 % Palmöl als Ausgangsstoff. Wenn die Nachfrage nach HVO steigt, ist zu befürchten, dass noch mehr Regenwald abgeholzt wird, um Ölpalmen anzubauen, die dann noch zur Verarbeitung transportiert werden müssen. Die Fläche dafür fällt dann auch für den Anbau von Lebensmitteln weg. Fettabfälle müssen außerdem gereinigt werden, und die Schadstoffe können je nach vorherigem Einsatzzweck giftig oder krebserregend sein.

Ein kleiner Vorteil für Oldtimerfans: HVO enthält wenig Sauerstoff, deshalb vergammelt es im Tank nicht (wichtig für Autos, die lange still stehen). HVO-Verbrennung hat einen etwas geringeren CO2-Ausstoß als Diesel aus Erdöl: doch immerhin gigantische 2 % weniger. Und noch ein Trost: wenn das Abfallfett pflanzlich war, fährt das Auto dann immerhin vegan.

Fazit: die FDP jubelt hier ein Thema hoch, das nicht dazu beiträgt, die Klimakatastrophe zu verhindern. Leider hat sie vor dem Jubeln vergessen, die Fakten zu prüfen. Es ist zwar technisch machbar, aber wirtschaftlich und ökologisch sinnlos, wenn man die gesamte Herstellungs- und Lieferkette betrachtet. Die FDP zeigt damit erneut, dass sie in der Vergangenheit bleiben will.

26.03.2024

Corona-Aufarbeitung als Geschichtsrevisionismus - Leserbrief

Ein Glossist der WZ sammelt alle Vokabeln der Querdenker zu Corona in einem kurzen Aufsatz und will damit die Corona-Maßnahmen "aufarbeiten". Die Kritik an der WZ und ihren Glossisten wurde wohlweislich gekürzt (unten so markiert).

[veröffentlicht am 26.03.2024]

Was soll denn dieses aufgewärmte Corona-Leugnen heutzutage in der Glosse von Hr. Schäfer? Das ist Querdenker-Vokabular, das er hier bringt. Er fordert eine “Aufarbeitung” der Corona-Maßnahmen während der Pandemie und bejubelt Streeck, der durch vollkommen falsche Behauptungen, aber dafür große Medienpräsenz, aufgefallen ist. Es war jederzeit sicherer, das Gegenteil von dem zu tun, was Streeck gefordert hat. Die Untersuchung in Heilsberg am Beginn der Pandemie war eine unwissenschaftliche Medieninszenierung mit vorbestimmtem Narrativ.

Schäfer zitiert Spahn mit dem Bonmot “Wir werden viel zu verzeihen haben”. Derselbe Spahn, der wie viele andere Politiker durch Masken-Deals und Provisionen in Erinnerung bleiben wird, und nur durch Formfehler und fehlende oder lückenhafte Gesetze gegen Vorteilsnahme und Bestechung entgingen Politiker wie Nüsslein, Sauter, Tandler einer Strafe oder erhielten eher milde Urteile. Eigentlich habe ich wenig Veranlassung, solche finanziellen Winkelzüge zu verzeihen. Hier floss Steuergeld in Taschen, wo es nicht hingehört hat. Genauso auf EU-Ebene: durch schlechte Verträge schuldet die EU den Impfstoffherstellern 35 Mrd. Euro (!) Entschädigungszahlungen für bestellte, aber nicht abgenommene Impfdosen.

Unvergessen auch der eine oder andere AfD-Politiker, der öffentlich gegen Corona-Maßnahmen demonstriert hat, aber trotzdem gern Hunderttausende Euro Zuschüsse für seine Testzentren kassiert hat.

In der Epidemiologie (Seuchenlehre), gerade bei neuen Erregern mit unbekannten Eigenschaften, gilt die Regel “schnell und hart handeln” und gerade nicht zaudern und zögern. Von daher sollte die Aufarbeitung der Corona-Pandemie darin bestehen, über die zu frühe Aufhebung von Maßnahmen zu diskutieren, oder über die Rolle der Medien, die sehr gern das Märchen aufgenommen hat, Kinder und Jugendliche könnten sich nicht anstecken, würden das Virus nicht verbreiten, wären bei einer Erkrankung nicht so schlimm betroffen usw. usf.

Unvergessen auch die mediale Kampagne der Springerpresse gegen Prof. Drosten oder die isolierten Einzelmeinungen bestimmter Forscher, die Luftreinigungsgeräte für ineffizient hielten, aber überproportional Aufmerksamkeit erhielten. Trotz reichlich vorhandener Fördergelder auf Landes- und Bundesebene wurden deshalb mit fadenscheinigen Ausreden Tausende Klassenräume nicht mit Geräten zur Prävention ausgestattet.

Heute weiß man retrospektiv, dass statistisch ungefähr 70 % aller Ansteckungen ihren Ausgangspunkt in Kindergärten und Schulen hatten und sich von dort in die Familien und Arbeitsstätten ausgebreitet haben. Die Corona-Wellen haben sich während Schulferien und durch die jeweiligen Schulschließungen immer deutlich abgeschwächt.

Hr. Schäfer sollte auch nicht weiter über Impfschäden jammern: weltweit wurden nur wenige Tausend Impfschäden bestätigt, bei mehr als 13 Milliarden Impfungen. Das ist minimal weniger als die entsprechende Quote bei der Masern-Impfung. Wenig überraschend war mehr als die Hälfte aller weltweit gemeldeten Anträge auf Anerkennung von Impfschäden hingegen in Deutschland verortet, insbesondere in Ostdeutschland, wo die Impfrate erschreckend gering war und ist und verdächtig mit dem Anteil der AfD-Wählerschaft korreliert. Ist das nicht ironisch? Die geringste Impfquote korreliert mit der höchsten (behaupteten) Anzahl an Impfschäden. Insgesamt wurde in Deutschland eine geringe dreistellige Anzahl an Impfschäden anerkannt, bei knapp 200 Mio. Impfungen insgesamt.

Einschub: um den Unterschied zwischen Millionen und Milliarden etwas greifbarer zu machen: eine Million Sekunden sind 11 Tage, eine Milliarde Sekunden sind 31 Jahre.

Natürlich sind Impfschäden plausibel, das streitet auch niemand ab. Trotzdem ist die Impfung sicher und schützt. Nebenbei: die Aufnahme in eine Kita oder Schule ist in Deutschland an den Nachweis einer Masernimpfung geknüpft und mittlerweile mehrfach höchstrichterlich bestätigt.

Wie bereits oben erwähnt, finde ich die Rolle der Medien derzeit auf einem erschreckenden Niveau. Dies ist nicht nur beim Thema Corona, sondern generell bei politischen Themen ein Problem. Die Glossen der WZ sind hier stellvertretend genannt: die Anzahl an Halb- und Viertelwahrheiten, die anscheinend ohne große Recherche und Faktenprüfungen abgedruckt werden, lässt mich immer wieder kopfschüttelnd zurück. Man lässt Glossisten über Themen schreiben, bei denen die grundlegendste Recherche fehlt.

18.03.2024

Damsel - Ritter, Drachen und das ganze in originell

Nach all den Leserbriefen mal wieder eine Filmkritik :-)

Vor ein paar Tagen habe ich den neu erschienenen Film "Damsel" bei Netflix geschaut.

Fazit: solide Unterhaltung, guter Twist am Ende, der der Geschichte nochmal eine originelle Wendung gibt.

Kleiner Spoiler: der Film könnte auch als Prequel zu "House of the Dragon" durchgehen, dem Prequel von "Game of Thrones".

Die CGI ließ teilweise etwas zu wünschen übrig, der Drachenkörper war mehr so verhungerte Katze, aber Kopf und Gesicht waren gut gemacht, auch die Mimik war sehr schön.

Die Zeichnung mit dem Ausweg, den die Prinzessin tief unten in den Höhlen fand, war verwirrend - die Wandmalerei konnte ja erst gezeichnet werden, nachdem jemand *zurück* kommt, um die Karte zu vervollständigen.

Eine offene Frage (von Logikfehler will ich nicht reden): offensichtlich muss es ja für die 3 Dracheneier auch einen Papa gegeben haben. Ich frage mich, was aus ihm geworden ist.

Falls das nicht nötig wäre - es gibt ja auch bei manchen Tier- und Pflanzenarten Fortpflanzungsmethoden, bei denen kein zweiter Partner nötig ist - verstehe ich nicht, warum die Drachin "last of its kind" sein soll.

14.03.2024

Die Bundeswehr wurde abgehört - Leserbrief

Die Abhöraffäre der Bundeswehr über den Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern erregt gar nicht so viel Aufmerksamkeit, wie sie eigentlich verdient hätte. Zur Glosse in der WZ schrieb ich ein paar Anmerkungen zur Verwendung proprietärer Software, die man nicht unter eigener Kontrolle hat.

[veröffentlicht am 14.03.2024]

Fr. Warnecke spricht einen wichtigen Punkt an: die digitale Souveränität, insbesondere das staatliche Handeln in Krisenfällen, ist in Gefahr, wenn wir Software verwenden, deren Quellen und Betrieb nicht der eigenen Kontrolle unterliegen.

Das ist der Fall bei allen ausländischen Diensten nicht nur für Videokonferenzen wie Zoom, WebEx, Teams, BlueJeans etc. Diese Dienste werden auf Servern betrieben, auf die Deutschland keinen Einfluss hat, und die Quelltexte der zugrundeliegenden Software sind nicht einsehbar.

Es ist also nicht nur so, dass bei Verwendung dieser Dienste die Gefahr von z.B. russischen Hackern besteht, sondern natürlich auch das gewollte Abhören durch “befreundete” Dienste. Dass der deutsche Staat und seine Organe abgehört werden, wissen wir seit Assange und Snowden, und die milde Empörung von Merkel (“Abhören unter Freunden geht gar nicht”) war ungefähr die zahmste und zahnloseste Reaktion, die man sich vorstellen kann.

Die Alternative besteht darin, Software zu verwenden, deren Abläufe man selbst prüfen kann (“Open Source Software”, OSS) und die man selbst betreibt. Der Wetteraukreis ist hier bei der regionalen Lösung für Schulen, die bis 2022 verwendet wurde, eine der wenigen positiven Ausnahmen gewesen: das damalige “wtkedu” hat eine Videokonferenzlösung aus und in Deutschland verwendet. Auch das staatliche Schulamt für den Wetteraukreis verwendet mit “Big Blue Button” eine OSS-Lösung, die in Deutschland betrieben wird. So geht verantwortungsvolles Handeln. Schulen sind natürlich nicht das primäre Ziel von ausländischen Abhöraktivitäten, aber das befolgte Prinzip ist vernünftig. Es gibt auch staatliche Institutionen, die auf Open Source setzen und entsprechende Dienstleistungen anbieten. Der Heise Newsticker hat hier schon vor Jahren über das “Projekt Phoenix” bei Dataport berichtet.

Auch bei PC-Arbeitsplätzen wäre es mittlerweile sinnvoll, sich von Microsoft Windows abzuwenden: der unkontrollierte und nicht abschaltbare Datenabfluss in Windows 10 und 11 ist genauso ärgerlich wie die zunehmende Überfrachtung mit Werbung und Zwangsmaßnahmen wie die Online-Benutzeranmeldung bei Microsoft. Linux ist seit Jahren eine ernst zu nehmende Alternative, und es gibt Varianten, die den Umstieg von Windows durch die Ähnlichkeit der Bedienung enorm erleichtern. “Linux Mint” z.B. sieht nahezu genauso aus wie Windows. Das hätte nebenbei auch den Vorteil, dass man sich vom höllischen Dreigestirn Active Directory, Exchange und Outlook lösen könnte, die für die meisten der aktuellen Sicherheitsprobleme und Erpressungsvorfälle bei Krankenhäusern, Ämtern, Behörden und Firmen verantwortlich sind.

Inwieweit die aktuelle Abhöraffäre der Bundeswehr eine tatsächliche Gefahr darstellt oder ein geplantes Täuschungsmanöver war, wird vermutlich im Dunkeln bleiben. Es ist offensichtlich, dass eine ungeschützte Telefoneinwahl eines Teilnehmers in Singapur ein offenes Scheunentor für das Abhören darstellt. Die veröffentlichten Gesprächsinhalte lassen aber vermuten, dass schon vor der Telefoneinwahl abgehört wurde. Wenn man Verschwörungstheorien mag, könnte das alles Absicht gewesen sein. Dies kann man natürlich ad infinitum weiter spinnen (“die wissen, dass wir wissen, dass sie wissen ...” usw.).

06.03.2024

Es ist keine Hybris, Fakten zu nennen - Leserbrief

Auf meinen letzten Leserbrief "Der Wirtschaft geht es nicht ganz schlecht" kamen zwei Antworten, die mir Hybris (Größenwahn) und handverlesene, also quasi "geschönte", Quellen vorwarfen.

[veröffentlicht am 06.03.2024]

Ich bedanke mich bei den Leserbriefschreibern F. und D. für Ihre Aufrichtigkeit, mich mit offenem Visier, d.h. unter vollem Namen zu kritisieren. Das ist ehrlich, im Gegensatz zu den feigen anonymen Schreibern, die mir Pamphlete in den Briefkasten werfen oder zuschicken und augenzwinkernd dazu schreiben “Wir sehen uns vielleicht mal im Berstädter Hof”.

Nichtsdestoweniger kann ich den Vorwurf von “Hybris” nicht akzeptieren, wenn meine Fakten, die von amtlichen Stellen oder öffentlichen Quellen (wie der Stand des DAX oder die Zahlen zur Arbeitslosigkeit) stammen, ohne Begründung als “geschönt” dahin gestellt werden.

Eine Behauptung wird nicht dadurch zum Fakt, dass man dahinter “Das ist eine Tatsache” schreibt, aber keinen Beleg dafür liefert.

Genauso kann man natürlich Nebenschauplätze eröffnen (“dem Mittelstand geht es schlecht”) und Dinge zu widerlegen versuchen, über die ich mich gar nicht geäußert hatte. Rhetorisch nennt man das ein “Strohmann-Argument”, um vom Hauptthema einer Diskussion abzulenken.

Unwidersprochen ist es tatsächlich so, dass es bestimmten Branchen schlecht geht oder sie zukünftig schlechten Aussichten entgegen sehen.

Mir fallen mehrere Branchen dazu ein: z.B. gibt es im Ärzte- und Pflegebereich einen eklatanten Fachkräftemangel, ebenso im Handwerk. Diese Probleme gibt es aber nicht erst seit der letzten Bundestagswahl! Ich schrieb ja schon früher, dass wir dringend einen gesteuerten Zuzug von Fachkräften benötigen, insbesondere muss die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen verbessert und beschleunigt werden (evtl. verbunden mit Nach- und Ergänzungsschulungen und Prüfungen). Derzeit gehen jährlich über eine Million Berufstätige in den Ruhestand, die nachfolgenden Generationen haben aber nur eine Größenordnung von knapp 400.000 Menschen für den Arbeitsmarkt. Der immer weiter zunehmende Rechtsextremismus hat jetzt schon zu einem massiven Imageproblem im Ausland geführt. So gut wie niemand will derzeit ernsthaft nach Deutschland kommen, um hier zu arbeiten.

Oder schauen wir auf die Solarbranche - der Hersteller Meyer-Burger überlegt ernsthaft, die angebotenen milliardenschweren Subventionen in USA zu nutzen und dafür die Fertigung in Deutschland einzustellen. Das wäre nach dem Altmaier-Rösler-Knick im Jahr 2011 (125.000 Arbeitsplätze verloren) das zweite Mal, dass die Solarbranche in Deutschland zerstört wird, und man fragt sich ernsthaft, welcher wirtschaftspolitische Sachverstand dahinter steckt. Weltweit explodiert die Nachfrage nach PV-Modulen, und wir machen uns abhängig von chinesischer Fertigung, statt Zukunftsbranchen in Europa zu halten.

All diesen drohenden Problemen könnten wir derzeit noch erfolgreich begegnen und gegensteuern, wenn wir nicht so eine zerstörerische FDP in der Koalition hätten. Nicht einmal die Wirtschaftsverbände stehen noch hinter dem Schlingerkurs der FDP, Beschlüsse zu fassen und in letzter Sekunde dann doch wieder zu kippen.

22.02.2024

Ich stelle nur Fragen - Leserbrief

Ein Leserbriefschreiber greift Gerüchte auf und "stellt ja nur Fragen".
[veröffentlicht am 22.02.2024, der Link zur Rede von Banaszak wurde entfernt]

Hr. P. wundert sich und “stellt nur Fragen”. Das ist ein üblicher rhetorischer Trick, um den Leser in die gewünschte Richtung zu locken, nämlich in seiner Filterblase nach Antworten zu suchen, die die eigenen Vorurteile unterstützen. Er deutet eines der reißerischen Themen an, die gerade in den Sozialen Medien als neue Sau durch’s Dorf getrieben wird: Geld, das ins Ausland fließt, statt in Deutschland “besser” genutzt zu werden. Dieses Gerücht wurde mit einer völlig unbelegten Zahl von 315 Mio. Euro von Joana Coatar (früher AfD, heute fraktionslos) im Bundestag in die Welt gesetzt und wird immer noch gern wiederholt, um Stimmung gegen die Regierung zu machen.

Dazu habe ich nach einer kurzen Recherche folgende Zitate aus dem Ministerium gefunden:

„Das BMZ unterstützt mit einem im Jahr 2020 zugesagten Zuschuss in Höhe von 20 Millionen Euro den Aufbau eines Fahrradschnellwegenetzes in Lima, das sich derzeit im Bau befindet. Im Jahr 2022 hat das BMZ weitere 24 Millionen Euro für den Bau von Radwegen in Peru zugesagt, die sich derzeit in der Planungsphase befinden. Aus diesem Grund unterstützt Deutschland Peru ganz gezielt mit Krediten auch beim Aufbau eines umweltschonenden Bussystems. Hierfür wurden bereits 2015 rund 55 Millionen Euro als Kredit zur Verfügung gestellt, also rückzahlbar. 2022 wurde ein weiterer Kredit in Höhe von gut 100 Millionen Euro zugesagt.“

“Doch warum leistet Deutschland überhaupt so viel Entwicklungshilfe? Schließlich wäre das Geld doch auch im Land selbst gut angelegt. Das sei zu kurz gedacht, denn Entwicklungspolitik lohne sich für alle, sagt die Sprecherin des BMZ. "Mit jedem Euro, mit dem wir heute weltweit Gesellschaften krisenfester machen, sparen die Steuerzahlenden laut Weltbank-Berechnungen später vier Euro an humanitärer Nothilfe." Ob Stadtentwicklung in Namibia oder Zentren für Migration in Ghana - wenn sich die Lage in den Ländern verbessert, gebe es auch weniger Gründe für eine Flucht. Es gibt auch ein wirtschaftliches Argument: "Jeder zweite Euro wird mit Export verdient".

Verkehrs- und Radwegprojekte in Peru sowie weitere Entwicklungshilfeprojekte, die jetzt schlecht geredet werden, sind schon vor der Wahl 2021 beschlossen wurde. Durch die CSU. Damaliger Minister: Gerd Müller. Sehr unterhaltsam im Bundestag erklärt von Felix Banaszak.

Des weiteren empört er sich über die Namensgebung “Wannseekonferenz 2.0”. Diese Namensgebung ist völlig zu Recht erfolgt: bei dem Potsdamer Treffen im November war von den üblichen Verdächtigen aus der rechten Szene nach Recherchen des Medienhauses Correctiv besprochen worden, wie Menschen mit Migrationsgeschichte aus dem Land geschafft oder gedrängt werden könnten und dabei der Begriff “Remigration” verwendet. In der Öffentlichkeit wird nun nachträglich behauptet, es ginge “nur” um straffällige Ausländer, während des Treffens selbst wurde aber darüber gesprochen, auch deutsche Bürger mit Migrationshintergrund abschieben. Der österreichische Neonazi und Finanzier der Identitären Bewegung in Österreich Sellner spricht sogar in seinem Buch von einem “Musterstaat” in Nordafrika, in dem zwei Millionen abgeschobene Menschen angesiedelt werden sollen, ähnlich wie es die Nazis 1940 für Juden auf Madagaskar geplant hatten.

Ich stimme aber soweit zu, dass es gefährlich ist, solche Vergleiche zu benutzen, wenn die Gefahr besteht, damit Ereignisse im Dritten Reich zu verharmlosen. Entgegen landläufiger Meinung fiel die prinzipielle Entscheidung zum Massenmord schon vor der Wannseekonferenz 1942. Dort wurde hauptsächlich die industriell organisierte Deportation von Millionen Menschen in den Osten zur späteren Ermordung logistisch geplant. Das Treffen 2023 hatte ebenfalls einen völkischen, rassistischen und rechtsnationalen Hintergrund, aber es gibt keine Belege für geplante Ermordungen. Die Tragweite, die Größenordnung und die Absichten des Treffens sind aber durchaus vergleichbar.

20.02.2024

Der "kranke Mann Europas" ist nicht krank - Leserbrief

[veröffentlicht am 20.02.2024]

Hr. Sattler schreibt wieder über den “kranken Mann”, weil es nach seiner Meinung der deutschen Wirtschaft schlecht geht und nur die Wahl zwischen Pest und Cholera bleibt - Sparen und Steuern senken oder Schuldenbremse anpacken.

Er könnte - wie so oft in letzter Zeit - kaum falscher liegen. Das Wirtschaftswachstum ist nur minimal gesunken, und zwar um 0,3 %, was im Bereich der üblichen statistischen Schwankungen liegt. Wenn insbesondere die FDP seit Beginn der Corona-Pandemie nicht den Fetisch “Freiheit” vor sich her getragen hätte, so dass es so gut wie keinerlei Hygiene- und Schutzmaßnahmen mehr gibt, hätte die deutsche Wirtschaft wesentlich weniger Ausfälle durch Krankheit gehabt und das Wirtschaftswachstum wäre um deutlich ein Prozent höher ausgefallen.

Der letzte Winter war der schlimmste mit den höchsten Corona-Zahlen und Todesfällen seit langem, aber immer noch behaupten Laien, es sei ja “nur eine Erkältung”. Dabei ist CoVid-19 ein Virus der Klasse 3, das in Labors nur mit voller Schutzausrüstung untersucht werden darf. Corona ist eine Gefäßkrankheit und keine Atemwegserkrankung, daher auch die erschreckend hohe Zahl an z.B. Herzinfarkten unter jüngeren Menschen.

Der Industriestrompreis ist seit Monaten stetig am Fallen, und liegt je nach Region und Vertrag bei ca. 7,5 ct/kWh. Der niedrige Strompreis liegt insbesondere daran, dass wir seit einem Jahr keine Kernkraftwerke mehr haben, die mit teurem Strom die Netze verstopfen, und sogar die Verstromung von Kohle liegt historisch niedrig (mehr als 40 % weniger als im Vorjahr, und unter dem Stand von 1965). In USA liegt der Strompreis auf ähnlichem Niveau (8 ct/kWh). Woher Hr. Sattler seinen “dreimal höheren Preis als in USA” herbeigeholt hat, würde ich gern belegt haben. Auch in USA sinkt der Anteil der Kernkraft am Strommix seit längerem.

Zur Wirtschaft in Deutschland ein paar Fakten:

  • Der DAX ist gerade über die Marke von 17.000 geklettert.
  • Die Arbeitslosenquote ist die drittniedrigste seit 1990.
  • Es sind fast 46 Mio. Menschen in Lohn und Brot - ein Rekordwert.
  • Der Mindestlohn funktioniert und sorgt für mehr Steuereinnahmen.
  • Habeck und Scholz haben gerade noch rechtzeitig den deutschen Gazpromableger verstaatlicht, bevor Putin Deutschland damit erpressen konnte.
  • Die Inflationsrate ist wieder nahezu auf dem von der EZB erwarteten Niveau.
  • Massive Entbürokratisierung, z.B. bei Windkraftgenehmigungen.

Die Probleme, die wir angeblich haben, werden entweder durch die Hetze der rechten und konservativen Parteien und der Krawallpresse herbeigeredet oder wurden in 30 Jahren CDU-Regierung geschaffen. Die Ampel verdient Kritik, aber sie muss andererseits auch historisch nie dagewesene Probleme bewältigen: Klimakatastrophe, Ukraine, Corona und die Hinterlassenschaften von 30 Jahren Regierung mit CDU-Beteiligung.

Das Lobpreisen von Reagans Wirtschaftspolitik ist eine schlimme Umdeutung der Geschichte. Die Deregulierung von Reagan (und parallel Thatcher in England) hat katastrophale wirtschaftliche Auswirkungen gehabt, nicht nur in USA und England, sondern weltweit. Hier ist Hr. Sattler auf beiden Augen blind, und er braucht noch viel Nachhilfe in Geschichte. Historisch ging es den USA mit den Demokraten in den letzten 50 Jahren wirtschaftlich gut, und die Republikaner haben danach regelmäßig den Karren wieder in den Dreck gefahren.

Reale Probleme in Deutschland sind:

  • Fetisch Schuldenbremse
  • Unterfinanziertes Schulsystem mit extremer Chancenungleichheit
  • Keine Integrationspolitik für Zuwanderer
  • Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen
  • Investitionsstau bei ÖPNV und Bahn
  • 10 Jahre Zeitverlust bei Wind- und Solarzubau wegen Altmaier und Rösler (CDU und FDP)
  • Ungleiche Steuerbelastung (z.B. Lohnarbeit vs. Unternehmensbesteuerung, Erbschaft, Vermögen)
  • Deutsche Autoindustrie hat Elektrifizierung verschlafen
  • Zuviel Lobbyeinfluss
  • FDP ist die Opposition in der Ampel
  • Kindergrundsicherung
  • Kinderbetreuung
  • Fachkräftemangel
  • Propaganda für “Technologieoffenheit” mit Kernkraft, E-Fuels und Wasserstoff

07.02.2024

Gerrymandering in Deutschland? - Leserbrief

[veröffentlicht am 13.02.2024]

Hr. Deutschländer schreibt in seiner Glosse, dass das Wahlrecht zum “Betriebssystem” der Demokratie gehört und deshalb nur behutsam geändert werden darf.

Er deutet damit unterschwellig an, dass die Änderung an einem (!) Wahlkreis in Deutschland ein Vorbote sein könnte, um die Wahlkreise zwecks Bevorzugung einer Partei zu gestalten, wie dies in USA seit Jahren schamlos geschieht.

Leider ist seine in der Glosse ausgedrückte Befürchtung eher fragwürdig: das deutsche und amerikanische Wahlrecht lassen sich kaum vergleichen.

Zur Erinnerung: das amerikanische “Gerrymandering” ist das systematische Ändern von Wahlkreisen, um einem bestimmten Kandidaten die Wahl quasi zu garantieren. Dazu werden demographische und statistische Verfahren verwendet, um die Wahlentscheidung auf Block- und Straßenebene zu erkennen und dann “unliebsame” Straßenzüge aus dem Wahlkreis zu entfernen. Insbesondere die Republikaner (GOP) sind notorisch bekannt für diese Pervertierung des Wahlrechts.

Diese Veränderung von Wahlkreisen gemäß eines unerwünschten Wahlergebnisses ist in Deutschland nicht möglich: es gibt in den Wahlgesetzen des Bundes und der Länder genaue Bestimmungen, unter welchen Umständen und wie Wahlkreise sich verändern dürfen. Abgesehen davon: Wo Mehrheitswahl (wie in USA) gilt, ist das eine wirksame Methode, das Wahlergebnis zu beeinflussen. In Deutschland aber wird Verhältniswahl angewendet. “Gerrymandering” wäre technisch zwar möglich, aber sinnlos, weil es bei Wahlen eine Erststimme für das Direktmandat und eine Zweitstimme für die Liste gibt.

Was tatsächlich der Hintergrund ist: die CSU hat immer scharf gegen jede Reform des Wahlrechts gekämpft, weil sie natürlich Angst vor der 5-Prozent-Hürde und dem Wegfall der “3 Abgeordneten”-Regel hatte.

Hr. Deutschländer spielt hier mit Unterstellungen, dass die Ampelregierung plant, sich mit Hilfe von schäbigen Tricks die nächste Wahl genehm zu gestalten. Damit legt er die Axt an die demokratische Glaubwürdigkeit der amtierenden Regierung, und das finde ich schlimm.

29.01.2024

Die Medien und die Politik - Leserbrief

[veröffentlicht am 06.02.2024]

Der Glossist Sattler ist der Meinung, dass die CDU eine “gute” Partei ist, die genügend Abstand von rechtsextremen Positionen einhält.

Leider ist es nicht der “gute” Kern der CDU, der laut ist und in den Medien auffällt, sondern die Schreihälse vom sehr rechten Rand, die immer wieder über die Ampel schimpfen, die mit Hilfe von willigen Krawallmedien Personen und (geplante) Politik durch Kampagnen schlecht reden und in Sozialen Netzwerken durch Halbwahrheiten und blanke Lügen auffallen.

Was wichtig wäre: wir brauchen eine gute, konservative, christliche Partei als demokratisches Gegengewicht. Und dieses Gegengewicht muss sich laut und deutlich äußern statt nur stumm die Schreihälse zu dulden, z.B. durch demonstrative (im Sinne des Wortes!) Teilnahme an den aktuellen Kundgebungen.

In Brandenburg wünscht ein CDU-Politiker bei Twitter Scholz, Baerbock, Lang und Habeck - nur leicht verklausuliert - den Tod: “Gott habe Lieblingsrockstar Tina Turner zu sich gerufen, außerdem Lieblingsskifahrerin Rosi Mittermeier und Lieblingsfußballer Franz Beckenbauer. "Meine Lieblingspolitiker sind Robert Habeck, Annalena Baerbock und Ricarda Lang. Ach und Olaf Scholz"”. Dann soll es der Bruder gewesen sein, danach gibt er diese Lüge zu.

Merz haut Klopper in die Welt über “kleine Paschas”, “Sozialtourismus” und “Zahnarzttermine”. Söder lügt permanent über den Ausbau von Erneuerbaren in Bayern und führt die deutsche Hitliste der Twitter “Community Notes” an, die das korrigieren. Vor der Wahl führte er die Hitliste von Bierzeltfotos mit Maßkrug an und versäumte 25 von 30 Landtagssitzungen. Er toleriert einen Vize, der grüne Politiker offen in die Psychiatrie einweisen will, und der eigentlich nach der Flugblattgeschichte hätte zurücktreten müssen.

Das bayrische Parlament wählt eine gesamte Gruppe von Richtern an das höchste Landesgericht und nimmt in Kauf, dass darin mehrere AfD-Politiker vertreten sind. Eine Gesetzesvorlage der Grünen, die dies verhindert hätte, wurde vorher im Parlament abgelehnt.

Regelmäßig zeigen CDU-Politiker die ungesunde Tendenz, den falschen Lobbyisten zu hörig zu sein - das ergibt dann Meldungen wie die, dass Boris Rhein mehr Geld in die Kernfusionsforschung stecken will. Alle Experten sind sich - wissenschaftlich und wirtschaftlich fundiert - einig, dass Kernfusion und Kernkraft der falsche Weg sind. Der KKW-Neubau in England steht nach der erneuten Kostenexplosion auf mittlerweile fast 47 Mrd. Euro und dem Rückzug des chinesischen Investors faktisch vor dem Aus. Dafür könnte man mehrere Tausend Windkraftanlagen bauen!

Ein amtierender Parlamentarier im hessischen Landtag zeigt vor der Wahl stolz bei Facebook seine Übereinstimmung mit dem CDU-Wahlprogramm laut “Wahl-O-Mat”: 95 %. Nur ein bisschen weiter unten in seinem Screenshot sieht man die Übereinstimmung mit dem Wahlprogramm der AfD: 71 %.

Warum wundert sich Hr. Sattler immer wieder über die politische Stimmung im Land? Er müsste nur die Augen aufmachen und etwas mehr nachdenken statt die nächste Glosse gegen die Ampel zu entwerfen.

Aktuelle Meldungen zeigen, dass in den Sozialen Medien mindestens 50.000 “Bots”, also Automaten, im Sekundentakt Propaganda gegen die deutsche Regierungspolitik absetzen, also Millionen Meldungen mit Fake-News und pro-russischer Propaganda, hauptsächlich gegen Flüchtlinge und Migranten.

Hr. Sattler denkt immer noch, dass eine strengere Flüchtlingspolitik angezeigt wäre. Überall kursiert eine sechsstellige Zahl von angeblich ausreisepflichtigen, nicht anerkannten Ausländern. Wenn man davon die Zahl der Duldungen abzieht, die wegen Todesgefahr oder Menschenrechtsverletzungen im Heimatland nicht zurückkehren können, reduziert sich diese Zahl auf übersichtliche ca. 15.000 Personen.

Insgesamt stelle ich fest, dass die CDU sehr ungesund den Themen der AfD hinterherläuft und versucht, damit Wähler zurück zu gewinnen. Das funktioniert nicht! Die AfD darf nicht der Trendsetter bei populären Themen sein. Um den Fokus von den “#NieWiederIstJetzt”-Kundgebungen abzulenken, versucht Weidel, das Thema “Dexit” in die Diskussion einzubringen (also Deutschlands Austritt aus der EU). Das ist natürlich grober Unfug, wie man deutlich in England sieht, aber es ist ein Versuch, Schlagzeile zu machen.

22.01.2024

Die Rolle der Medien - Leserbrief

[veröffentlicht am 20.01.2024]

Der Glossist Sattler zeigt wieder deutlich, wie die Presse und die Medien sich an der amtierenden Regierung abarbeiten. Trotz der halbwegs brauchbaren Ergebnisse der letzten zwei Jahre deutet Sattler an, dass Neuwahlen nur deswegen nicht stattfinden, weil die Mehrheit gegen die Ampel sei und erwähnt die Wahlniederlage Schröders 2005. Die Bevölkerung habe das “Vertrauen verloren”.

Sattler wiederholt am 12.01. erneut die Fabel, dass “in der Energiekrise” drei “gute” Kernkraftwerke abgeschaltet wurden. Dieses Narrativ wurde schon oft widerlegt. Es ist traurig, wie verbissen er versucht, es trotzdem aufrecht zu erhalten. Die Abschaltung war ein Gesetz der vorigen Regierungen und somit sachlich und gesetzlich korrekt!

Sattler versucht als rhetorischen Trick die doppelte Beweislastumkehr: angeblich gäbe es überall in den Institutionen Vorschriften zum Gendern, und die Regierung in Hessen, die das unterbinden will, müsse per “Beweislastumkehr” nachweisen, dass ihr Handeln rechtmäßig sei. Dabei ist es genau umgekehrt: die öffentlich-rechtlichen Medien haben zwar häufig Richtlinien für “geschlechtergerechte Sprache” (ebenso die meisten Presseorgane), hingegen ist es i.A. jedem Mitarbeitenden frei gestellt, wie diese Gerechtigkeit sprachlich umgesetzt wird. Den Versuch, in der neuen Koalition das “Gendern” gesetzlich verbieten zu wollen, wird jetzt schon von Juristen als verfassungswidrig eingestuft, weil er einen unzulässigen Eingriff des Staats in die Rundfunk- und Pressefreiheit darstellt.

Insgesamt gibt es bei den rechtskonservativen Glossisten der WZ (Kluger, Sattler, Deutschländer, Anastasiadis) eine ungesunde Häufung, sich an Themen abzuarbeiten, die der AfD und den rechten Splittern wie “Heimat” in die Karten spielen, insbesondere, wenn der Sprachgebrauch der AfD übernommen wird wie z.B. bei dem Begriff “irreguläre Migration”. In der nächsten Glosse wundert man sich dann über schlechte Umfrageergebnisse.

Das Interview mit Merz wäre eine wunderbare Gelegenheit gegeben, die CDU auf die Widersprüche zwischen ihren Worten und Taten hinzuweisen, in Ausschüssen für Beschlüsse zu stimmen und hinterher in der Öffentlichkeit so zu tun, als sei man schon immer dagegen gewesen (Kernkraft, Stromtrassen, Subventionsabbau uvm.). Stattdessen darf Merz seine rassistischen Positionen formvollendet bekräftigen.

Die verschwörerische “Wannsee 2.0”-Konferenz in Potsdam, bei der auch der CDU-Vorsitzende Potsdams sowie Mitglieder der Werteunion und des “Vereins deutsche Sprache” mit der AfD über Massendeportationen diskutiert haben und dies als “Remigration” verniedlichen wollen, zeigt doch mehr als deutlich, dass die Gefahr von Rechts kommt und nicht von sprachlichen Nichtigkeiten und angeblichen “Verboten”. Die einzigen, die Verbote erlassen wollen, sind genau die, die dies dem politischen Gegner immer wieder vorwerfen.

Die “Brandmauer gegen Rechts” und der “sofortige Ausschluss bei Zusammenarbeit mit Rechts” waren auch nur Merz’sche Lippenbekenntnisse, denen nie Taten gefolgt sind. Stattdessen überstimmen CDU und AfD gemeinsam eine Minderheitsregierung in einem Landesparlament bei einer Bagatellabstimmung.

Insgesamt sehe ich bei den Presseorganen eine ungesunde konservative und antiwissenschaftliche Tendenz, und bei der Krawallpresse aus dem Springerverlag sogar die eindeutige Absicht, mit Kampagnen alles schlecht zu reden, was die derzeitige Regierung durchführt, z.B. das tägliche intensive Stakkato über den “Heiz-Hammer”.

Die Ergebnisse der Ampel können sich sehen lassen. Es wird nur wenig darüber berichtet.

  • Mehr als 2/3 der Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag erfüllt.
  • Rente Ost / West gleichgezogen.
  • Mindestlohn erhöht.
  • Höchste Zahl der Beschäftigten jemals (46 Mio.!).
  • Drittstärkste Volkswirtschaft weltweit.
  • Rekord an Erneuerbaren Energien.
  • Entbürokratisierung.
  • Abschaltung KKW durch Zubau von Erneuerbaren deutlich überkompensiert.
  • SüdLinktrasse und Wasserstoff-Netz im Bau.
  • Grüner Stahl an mehreren Standorten.
  • Geringste Kohleverstromung seit 1965.
  • Deutschlandticket.
All das noch vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges und mehrerer extrem hoher Corona-Wellen (die man hätte verhindern können, da kann die Ampel noch besser werden). Jede Welle kostet die Wirtschaft durch Krankmeldungen und Personalausfälle mehrere Milliarden Euro. Es ist vollkommen unverständlich, warum die weitaus billigere Prävention nicht verstärkt wird (etwa durch Luftreinigungsgeräte in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen und Ämtern).

10.01.2024

Streichung von Agrarsubventionen - Leserbrief

[veröffentlicht am 10.01.2024]

In ihrer Glosse vom 20.12.23 schimpft Fr. Möllers über die Kürzungen für den landwirtschaftlichen “Agrardiesel” und lastet dies erneut dem Wirtschaftsminister Habeck an. Abgesehen davon, dass diese konkrete Kürzung von Lindner erzwungen wurde, gibt es einige sehr fragwürdige Darstellungen in der Presse und in den Medien. Alle Parteien haben am 15.12. im Ausschuss den Kürzungen zugestimmt, insbesondere auch die CDU und die AfD.

Die Subvention beträgt knapp 22 Cent pro Liter Diesel. Im Durchschnitt benötigt ein Landwirt pro Hektar Land pro Jahr ca. 100 Liter Diesel. Ein Hof mit z.B. 100 ha würde also 2200 Euro Subventionen verlieren.

Insgesamt werden ca. 450 Millionen Euro gekürzt, das sind bei 260.000 Landwirten im Schnitt 1730 Euro pro Jahr, die jedem Landwirt verloren gehen.

Die Demonstration in Berlin war finanziell ein Reinfall: der verfahrene Sprit bis dahin war teurer als die Kürzung bei den meisten Landwirten ausmachen wird.

Aus diesen finanziellen Überlegungen könnte man Lindner böswillig unterstellen, dass er gezielt eine Kürzung einer kleinen Interessengruppe durchgesetzt hat, weil er weiß, dass diese Gruppe gern und lautstark demonstriert. Die FDP kann sich nun wiederum als Retter darstellen - die Fraktion hat ja schon angekündigt, gegen diesen Punkt der Kürzungen zu stimmen. Auch hier zeigt sich wieder deutlich, wie regierungsfähig die FDP ist und wie geschlossen Lindner seine Fraktion hinter sich weiß: er hat als Finanzminister mit Habeck und Scholz einen Kompromiss ausgehandelt, der von seiner Fraktion sofort wieder hintertrieben wird. Die Ressorts der Grünen leiden am meisten unter den Kürzungen.

Nebenbei könnte man noch Haare spalten und den Landwirten, die mit ihren Maschinen nach Berlin gefahren sind, Steuer- und Subventionsbetrug unterstellen: die Steuerermäßigung für Fahrzeuge und Sprit wird nur für landwirtschaftliche Zwecke gewährt, und die Fahrt nach Berlin war das ganz bestimmt nicht.

Aus den Bildern der Demonstration sieht man auch deutlich die Doppelmoral der Exekutive: obwohl große, schwere Fahrzeuge Straßen blockieren und eher keine Rettungsgassen gebildet haben, Gülle und Mist auf die Straßen geschüttet haben, gab es keine Festnahmen, keine gewalttätigen Aktionen von anderen Verkehrsteilnehmern, keine Präventivhaft für Landwirte, keine Schmerzgriffe der Polizei bei Räumungen. Warum nicht dasselbe harte Vorgehen wie bei den Klimaklebern der Letzten Generation? Liegt es daran, dass die Klimakleber einen Nerv getroffen haben? Dann sollten die Klimakleber am besten auch mit Traktoren demonstrieren, wie “Der Postillon” jetzt als Satire gefordert hat.

Abgesehen davon haben die Landwirte ganz andere Probleme: die Subventionspolitik der EU bevorzugt massiv Höfe mit großer Fläche, da die Subventionen pro Hektar ausbezahlt werden. Ein großer Hof hat keine Probleme, Subventionen und Kredite zu bekommen, weil ja die Fläche auch eine Sicherheit z.B. bei Banken darstellt. Kleine Höfe darben und haben Schwierigkeiten, Kredite zu bekommen und den Aufwand für die Beantragung von Subventionen zu leisten. Das führt zu einem Sterben insbesondere von kleineren Höfen und Aufkauf durch Großbetriebe.

Der Präsident des Bauernverbands z.B. bewirtschaftet einen Hof mit 340 ha Fläche und erhält allein an Subventionen 70.000 Euro pro Jahr. Es ist offensichtlich, wer sich gegen die Kürzung stemmt, weil es richtig wehtut. Die Landwirte sind die Berufsgruppe mit dem größten Batzen an Subventionen: über 7 Milliarden Euro werden jährlich ausgezahlt.

In den letzten beiden Jahren haben die Landwirte Rekordgewinne eingefahren. Wer in letzter Zeit einkaufen war, sieht selbst die Steigerung der Lebensmittelpreise (im Schnitt 27 % höhere Preise). Warum gehen die Landwirte nicht zu ihren Abnehmern wie Molkereien, Metzgereien usw. und handeln dort höhere Preise aus? Warum wenden sie sich gegen die Subventionskürzungen? Ist das bequemer? Das Einkommen der Landwirte besteht u.U. zu 50 % aus Subventionen. Warum nicht für angemessene Preise demonstrieren?