25.11.2020

Gastbeitrag: Pressemitteilung des Kreiselternbeirats zum Nutzen von Luftfiltergeräten in Klassenräumen

Wir lassen den Kreiselternbeirat des Wetteraukreises in einem Gastbeitrag zu Wort kommen ;)


Update: es gab keinen "Auftrag" der Landesregierung, die THM bevorzugt den Ausdruck "Anfrage zu einer Zweitmeinung zu einer früheren Studie".

 Update 2: Kultusminister Lorz spricht aber doch von "Auftrag" in einem Interview.

Update 3: Übermedien beleuchtet den Vorgang unter dem Aspekt der Medienkritik.


Zur Meldung in der WZ über den Nutzen von Luftfiltergeräten in Klassenräumen haben wir eine diametrale Meinung:

Pressemitteilung des Kreiselternbeirats der Wetterau

In der Wetterauer Zeitung erschien heute, am 25.11.2020, ein Artikel über eine Studie der THM: „Stoßlüftung um ein Vielfaches wirksamer als Luftfiltergeräte“. Die Studie suggeriert, dass Luftfiltergeräte weder notwendig noch sinnvoll seien und eine Stoßlüftung ausreichend. Die „thermische Behaglichkeit“ in den Klassenräumen sei durch die Stoßlüftung kaum beeinträchtigt.

Ein Anruf des Kreiselternbeirats (KrEB) bei der Pressestelle der THM ergab: Die Studie ist im Auftrag der hessischen Landesregierung erstellt worden. Die stellvertretende KrEB-Vorsitzende Carolina Schmelz dazu: „Der Zweck der Studie ist somit klar: Das Land Hessen will die Methode „Augen zu und durch“ zementieren und den Eltern Sand in die Augen streuen.“

„Die Landesregierung baut rhetorisch einen Gegensatz auf, der überhaupt nicht existiert“, gibt KrEB-Mitglied Sandra Liebe-Brune zu bedenken. „Es geht nicht um Lüften oder Filtern! Laut der Empfehlungen der Virolog:innen und Epidemiolog:innen sind Luftfiltergeräte eine sinnvolle Ergänzung des Lüftens.“

Konkret: Das Lüften verändert die Aerosol- und damit die Viruskonzentration im Klassenraum entsprechend einer Sägezahnkurve: Die Konzentration steigt im Unterricht laufend an und geht dann beim Lüften nahezu schlagartig nach unten. Dann steigt sie wieder. Und erreicht direkt vor dem Lüften einen sehr hohen Wert, der ein hohes Ansteckungsrisiko mit sich bringt.

Anders die Luftfiltergeräte: Diese sorgen dafür, dass die Aerosolkonzentration dauerhaft niedriger bleibt, als ohne die Geräte: Sie wälzen die Luft kontinuierlich um. Die Konzentrationskurve bleibt flach. Das Lüften befördert schließlich die restlichen Aerosole nach draußen und Sauerstoff hinein ins Klassenzimmer.

„Dabei kommt es gar nicht so sehr darauf an, ob die Geräte die Aerosole mit einer Effektivität von 99% oder 99,995% aus der Luft holen“, erläutert KrEB-Mitglied und Dipl. Phys. Volkmar Heitmann: „Ist eine infizierte Person im Raum, liefert diese ja ständig Viren nach. Man kann also sowieso nur eine Reduzierung der Virenlast erreichen. Wichtiger ist die Luftmenge, die das jeweilige Gerät filtern kann. Die Faustregel lautet: Das 6-fache des Raumvolumens pro Stunde sollte umgewälzt werden können.“

Der Aspekt der Lautstärke der Geräte ist wichtig, sollte aber auch nicht überbetont werden, berichten die Eltern, für deren Schulen bereits Luftfilter in Eigenregie angeschafft wurden: „In einem Klassenraum ist es üblicherweise nur ganz selten wirklich leise.“

Laut der THM-Studie dauert es nach einer Lüftungszeit von 3-5 Minuten noch weitere 4-7 Minuten, bis die Raumtemperatur wieder 1 Grad unter dem „Normalniveau“ erreicht hat. Gemessen wurde bei Außentemperaturen von 7-11 Grad. Eine „thermische Behaglichkeit“ ist also insgesamt für mindestens 10 Minuten nicht gegeben. Und das alle 20 Minuten wieder. Und auch nur bei herbstlichen Außentemperaturen. Wird es draußen richtig kalt, wird die Unterbrechung deutlich länger.

Nicht zu vergessen: Die relativ kurze Aufwärmzeit des Klassenraums, den die THM gemessen hat, gilt ausschließlich für diesen speziellen Raum. Das Messergebnis kann und darf also nicht verallgemeinert werden. Wie Schulelternbeiräte aus dem Wetteraukreis dem KrEB berichten, gibt es Schulen, „in denen es allein 20 Minuten dauert, bis es überhaupt wieder anfängt, warm zu werden“.

„Die Studie berücksichtig ebenfalls nicht die Verhältnisse, wenn erst einmal das gesamte Schulgebäude ausgekühlt ist“, ergänzt Volkmar Heitmann. „Der derzeitige Präsenzunterricht kann daher bei Weitem nicht die „normale“ Qualität erreichen, die er vor „Corona“ hatte.“

KrEB-Vorsitzender Thomas Seeling fasst zusammen: „Es spricht also weiterhin alles dafür, dass sich auch die hessische Regierung und die hessischen Behörden einschließlich des Schulträgers an die dringenden Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts halten sollten: Teilung der Klassen und gute Luft in den Klassenräumen! Hierzu trägt auch eine lufttechnische Ergänzung des Lüftens bei.

Eine bessere Alternative zu den Luftfiltergeräten wären Zu- und Abluftanlagen mit Wärmetauschern. Mittelfristig sollten die Schulen entsprechend umgerüstet werden. Da es jetzt aber um kurzfristig verfügbare Lösungen geht, sollte der Schulträger die Anschaffung von Luftfiltergeräten fördern, anstatt sie zu diskreditieren.“