20.01.2023

Erstes Opfer der rechten Glossen - Leserbrief

Da der Glossist Sattler in der ersten Januarwoche nahezu ein Monopol auf Meinung in der WZ hatte und z.B. bei den Silvesterrandalen in Berlin ziemlich falsch lag, gab es Reaktionen in Form von Leserbriefen, die natürlich dann genauso falsch lagen. Darauf habe ich geantwortet.

[veröffentlicht am 19.01.2023]

Der Dauerbeschuss mit Fake News durch die Glossen von Hr. Sattler hat ein erstes Opfer gefunden: der Leserbrief von Hr. N. zeigt, dass der Rassismus sich durchfrisst oder zumindest dazu beiträgt, die verbalen Hemmungen fallen zu lassen. Er fängt harmlos an mit Kritik am Silvesterfeuerwerk und schlägt sehr schnell einen Bogen zu Hr. Sattlers Behauptung, dass die Ausschreitungen ein “Migrantenproblem” sind. Insbesondere die “Clans” müssen erwähnt werden, genau wie die “Bringschuld” der Zuwanderer.

Die Ermittlungen sind bei weitem noch nicht abgeschlossen, aber für die rechte Seite der Bevölkerung ist schon klar, dass es ein Migrationsproblem ist. Und natürlich ist es viel wichtiger, die “linke” Regierungspolitik zu kritisieren, die angeblich die Augen vor dem eigentlichen Problem verschließt. Und natürlich darf auch das Schlagwort “ideologisch” nicht fehlen, um zu signalisieren, dass die Argumentation keine Grundlage habe. Wer also anderes behauptet und nicht Hr. Sattlers Meinung ist, will nur das Problem “umdeuten”. Die Wortwahl zeigt deutlich, dass hier keinerlei Diskussion erwünscht ist, die Gegenseite wird automatisch ins (rhetorische) Unrecht gesetzt.

Dann setzt Hr. Sattler noch einen drauf und behauptet, dass die rassistische Demagogie der “christlichen” CDU/CSU, die sich seit Verlust der Regierungsmehrheit massiv intensiviert hat, gar nicht so schlimm sei.

Nun rudert die Berliner Polizei massiv zurück und stellt fest: “Nach einer neuen Randalestatistik der Berliner Polizei zur Silvesternacht waren die meisten festgenommenen Täter nach reinen Böllerattacken auf Polizisten und Feuerwehrleute deutsche Staatsbürger und unter 21 Jahre alt. Nur 38 Personen sind nach solchen Angriffen festgenommen worden – zwei Drittel davon sind Deutsche.”

Dass sich Hr. Merz (CDU) derselben Wortwahl befleissigt wie Fr. Weidel (AfD), kümmert den Glossisten überhaupt nicht. Merz spricht von “kleinen Paschas”, und Fr. Weidel von “Kopftuchmädchen”. Andere Politiker fragen nach den Vornamen der festgenommenen Verdächtigen (ausdrücklich nur der Deutschen!) oder nach dem “Phänotyp”. Diese rassistischen Stereotypen sind das Letzte, was wir jetzt in dieser Situation brauchen.

2015 zu Beginn der Flüchtlingskrise hat die “Bild”-Zeitung kurz versucht, ein positives Bild der Flüchtlinge zu zeigen. Die Verkaufszahlen brachen massiv ein, was an sich schon bezeichnend für latenten Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ist - zumindest unter der Leserschaft der “Bild”. Nach diesem Einbruch schwenkte die “Bild” um und schreibt nun wieder, um der rechts orientierten Leserschaft zu gefallen, die gern ihre Vorurteile bestätigt haben wollen.

Fr. Giffey hat überraschenderweise mal etwas Richtiges gesagt: dass es hauptsächlich ein soziales und kein ethnisches Problem ist.

Als Vorschlag an Hr. Sattler: erst einmal die Fakten abwarten und dann Schlussfolgerungen ziehen. Alles andere ist populistisches Geschwätz, das nur Vorurteile schürt und dämliche Leserbriefe provoziert. Und generell wäre es schön, wenn Hr. Sattler nicht eine ganze Woche lang die Glossen mit seinen Ansichten monopolisiert.

10.01.2023

Rechte Glossen in der WZ - Leserbrief

Anscheinend hatten alle anderen Autoren Winterurlaub. Der WZ-Glossist Sattler hatte in der ersten Januarwoche nahezu jeden Tag einen Beitrag, und jedem davon merkt man eine weit rechts gelegene politische Einstellung an. 

[abgedruckt am 10.01.2023]

Zum wiederholten Mal schreibt Hr. Sattler eine Glosse über Zuwanderung. Erneut stelle ich fest, dass er extreme rechtskonservative Narrative bedient (um es noch freundlich auszudrücken). Er will unterscheiden zwischen “guter” und “schlechter” Zuwanderung und unterschlägt dabei, dass ein Großteil der derzeitigen Zuwanderung aus den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine besteht. Er wünscht sich eine kontrollierte Zuwanderung von qualifizierten Fachleuten.

Das Traurige an dieser Art von Meinungs”bildung”: Deutschland ist seit längerem das unbeliebteste Land für Einwanderer, trotz sonst guter Arbeitsbedingungen (wie Urlaub, Krankenkasse, Recht auf Kinderbetreuung). Als Grund dafür wird oft die Ausländerfeindlichkeit angegeben. Warum auch sollten gut ausgebildete Zuwanderer nach Deutschland kommen, wenn sie in den Medien erfahren, welches Risiko sie damit eingehen, insbesondere im Osten, wo die AfD laut Sonntagsfrage auf fast 30% Zustimmung stößt?

In der Glosse vom 03.01. behauptet er sogar (noch vor Abschluss der amtlichen Ermittlungen), dass die Ausschreitungen von Silvester “Migranten” zuzuschreiben sind. Dies wird in keinem der aktuellen Berichte von z.B. "Berliner Zeitung" oder "Morgenpost", noch nicht einmal der “Bild”-Zeitung, bestätigt. Die Ausschreitungen von Silvester 2021 waren hauptsächlich Täter aus der Reichsbürgerszene (84% männlich, 70% deutsch). Dazu passt, dass die Kriminalstatistik seit Jahren rückläufige Zahlen für Vergehen durch Ausländer meldet. Abgesehen davon zählt die Kriminalstatistik die Anzahl polizeilicher Ermittlungen und nicht die tatsächlichen Verurteilungen. Und sagen wir mal so: wenn der “Gesundheits- und Energieexperte” Jens Spahn behauptet, es waren Migranten, dann ist mehr als nur ein Körnchen Vorsicht angebracht.

Erneut wiederholt Hr. Sattler die Behauptung, dass durch die finanzielle und sachliche Unterstützung von Geflüchteten noch mehr Flüchtlinge angezogen werden - der angebliche und sogenannte “Pull-Effekt”.

Erneut also bedient Hr. Sattler die Hetze gegen Menschen, die vor Krieg, Terror und Verfolgung flüchten. Solche Glossen sind Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremen, ob nun in einer Partei organisiert oder nicht.

Schon Merz ist im Wahlkampf vor der Landtagswahl in Niedersachsen mit dieser Behauptung gescheitert. Er hat zusätzlich noch das Unwort des Jahres 2013 “Sozialtourismus” aus der Mottenkiste der Geschichte geholt. Nun, was hat es gebracht? Seine “Unterstützung” war ein Bärendienst für die niedersächsische Landespartei. Er hat Fake-News aus dem Internet ungeprüft übernommen, dass Ukrainer “nur kurz” mit dem Bus hierher kommen, Geld abholen und wieder zurückkehren. Die Wählerwanderung von CDU und FDP hin zur AfD war beträchtlich. Warum den Nachahmer wählen, wenn man das Original haben kann?

Auch Hr. Kuger, der für die AfD im Wetterauer Kreistag sitzt, verwendet diese Behauptung. Schon im Mai 2020 schwadroniert er in der Kreistagssitzung von “Gesinnungsethik” und “Menschenschleppern” (die WZ berichtete).

Der “Pull-Effekt” wurde seit 2015 mehrfach wissenschaftlich untersucht und jedes Mal in jeder Studie eindeutig widerlegt. Schon nach der o.g. Kreistagssitzung habe ich in einem Leserbrief einige dieser Studien benannt und damit Hr. Kuger (und jetzt auch Hr. Sattler) widerlegt. Hr. Kuger wiederholt diese Behauptung bis heute immer noch.