27.06.2023

Märchen über Wärmepumpen - Leserbrief

[veröffentlicht am 27.06.2023]

Hr. F. erzählt wieder Märchen über Wärmepumpen, die angeblich in Deutschland nicht funktionieren.

Das gesamte Ausland lacht über die deutschen Vorbehalte gegen Wärmepumpen.

Dänemark verbietet seit 2013 den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen, Frankreich seit 2020. Insgesamt haben 17 europäische Staaten solche Verbote für neue fossile Heizungen.

Der Anteil von Wärmepumpen liegt in Skandinavien enorm hoch: in Finnland liegt der Anteil bei 70 Wärmepumpen pro 1000 Bürger - der höchste Wert in Europa. Es folgen Norwegen mit 62, Schweden mit 40 und Dänemark mit 30. In Deutschland liegt der Wert bei knapp 6. Sogar Italien (20) und Frankreich (15) liegen vor Deutschland.

Wärmepumpen haben anscheinend dasselbe ideologische Problem wie ein Tempolimit: es funktioniert nicht in Deutschland. Das könnte vielleicht mit der einseitigen Berichterstattung in Krawallblättern zusammen hängen, die z.B. die Begriffe “Heiz-Hammer” und “Heizungsverbot” erfanden, um das noch 2019 von Seehofer und Altmaier entworfene Gebäude-Energie-Gesetz schlecht zu reden.

Entgegen Hr. F.s Auffassung funktionieren Wärmepumpen auch bei tiefen Außentemperaturen. Ich kenne zumindest keine dramatischen Berichte über Todesfälle durch häusliche Erfrierungen in Dänemark oder Norwegen. Der Wirkungsgrad mag im Winter sinken, aber dem kann man durch eine Hybridanlage entgegenwirken, die automatisch bei Bedarf geschaltet wird. Abgesehen davon gibt es mehrere Typen von Wärmepumpen (Luft-Luft, Luft-Wasser, Sole-Wasser, Wasser-Wasser), und z.B. eine Erdwärmepumpe liefert problemlos auch bei Frost stabil Wärme ins Haus.

Eine Wärmepumpe ist anderen Arten von Heizung überlegen: man steckt z.B. 1 kWh Strom hinein und erhält je nach Leistungszahl 2 bis 5 kWh Wärme ins Haus geliefert (umgekehrtes Kühlschrankprinzip). Kombiniert mit einer PV-Anlage auf dem Dach und einem Stromspeicher ist das sehr preiswert. Bei einem Unterschied im Preis zwischen Öl und Strom (90 ct/Liter gegen 40 ct/kWh, wenn man nicht selbst mit PV Strom produziert) rechnet sich das schnell. Und das Öko-Gewissen gewinnt, denn ein Liter Heizöl verbrennt zu Feinstaub und ca. 2,5 kg CO2 pro Liter, und wenn man die Lieferkette des Öls mitberechnet, ist man schnell bei ca. 4 kg CO2 pro Liter Öl.

Wärmepumpen sind eine wirtschaftlich enorm lukrative Chance für die deutsche Industrie, und z.B. MAN hat das schon erkannt: die Firma baut eine Mega-Wärmepumpe mit 70 MW Leistung in Dänemark, mit der durch Fernwärme 100.000 Einwohner versorgt werden. Bosch hat eine Wärmepumpe entwickelt, die bis zu 70°C Vorlauftemperatur generieren kann - das häufigste Argument gegen Wärmepumpen ist ja, dass sie nur bei niedriger Vorlauftemperatur gut und sparsam funktionieren.

Fast 75% der in der EU verkauften Wärmepumpen wurden auch in der EU produziert, und die EU hat einen weltweiten Marktanteil von 37%.

Empfehlenswert zu schauen: der Wissenschaftler Andreas Schmitz, bekannt als “AkkuDoktor” bei Youtube und Twitter, hat diverse Videos und Artikel veröffentlicht und beschreibt darin praxisnah, wie gut Wärmepumpen auch in Altbauten funktionieren können, und das für unter 10.000 € Kosten.

Nebenbei: welches schräge moralische und demokratische Weltbild muss man haben, wenn man das Leben in China als “diszipliniert und gut geführt” bejubelt?

20.06.2023

Wissenschaft ist fast wie Religion - Leserbrief

[veröffentlicht am 20.06.2023, Streichung in rot]

Erneut gibt ein Leserbriefschreiber zu erkennen, dass Vorurteile schwerer wiegen als die Akzeptanz der eigenen Unwissenheit.

Es ist wirklich traurig zu lesen, dass Wissenschaft gleichgesetzt wird mit einer Religion, an die man “glauben” oder es auch lassen kann.

Die Physik und die Natur lassen nicht mit sich spassen, sie finden statt, auch wenn Hr. P. nicht daran “glauben” will, was passiert.

Wissenschaft ist kein Wunschkonzert, sondern ein Ringen um die bestmögliche Erklärung für Phänomene, die wir beobachten. Dieses Ringen um Erkenntnis hat dazu geführt, dass sich alle Klimaforscher weltweit einig sind, dass die Klimakatastrophe menschgemacht ist und wir nur noch knapp 6 Jahre haben, um den CO2-Ausstoss so weit zu verringern, dass die Erde weiterhin überlebensfähig für uns bleibt.

Gibt es denn nicht aktuell schon genug Warnzeichen, dass sich Dinge ändern müssen? Jedes Jahr gibt es neue Hitzerekorde, gefolgt von Unwettern. Jedes Grad Erwärmung der Atmosphäre führt dazu, dass die Luft 7 % mehr Wasserdampf speichern kann, was wiederum zu stärkeren Gewittern führt. Da gleichzeitig der Boden immer mehr austrocknet, kann der Niederschlag nicht aufgenommen werden - und es kommt zu Sturzfluten wie im Ahrtal.

Die Arktis und die Antarktis schmelzen ab. 60% von Spanien sind von einer Jahrhundertdürre heimgesucht, die die Bodenerträge (Gemüse und Obst) stark verringert. Hitzerekorde von 45 und 50 Grad im Frühjahr (!) werden aus Asien gemeldet. Die Pegel von Gardasee und Rhein sind so früh im Jahr niedrig wie noch kaum jemals. Und Hr. P. wiederholt immer noch das Märchen, dass 425 ppm CO2 “nicht schlimm” seien und führt mit einer Milchmädchenrechnung schlicht vor, dass er die Zusammenhänge nicht versteht.

Es ist nicht per se der absolute Wert von 425 ppm CO2, der schlimm ist, sondern der rapide Anstieg. 1850 war der Wert etwa 280 ppm und es gab ein “Gleichgewicht der Kräfte” von Verbrauch und Ausstoß. Das Problem ist die schnelle Veränderung dieses Werts, die unzweifelhaft der Mensch zu verantworten hat. Die Natur wäre auch mit 425 ppm CO2 im Gleichgewicht, wenn sich dieser Wert über einen langen Zeitraum eingependelt hätte - dann wäre das gesamte Ökosystem nach wie vor in Balance.

Was aber jetzt passiert, ist ein zu schneller Umbruch, durch den sich ein Sturzbach von klimatischen Veränderungen über uns ergießt, darunter Luftströmungen, Meeresströmungen, der Amazonas-Regenwald usw. Insgesamt gibt es 9 globale und 7 regionale kritische sog. “Kipp-Punkte”, die Gefahr laufen, unumkehrbar zerstört zu werden. Die Menschheit als Ganzes wird sich nicht an eine um im Schnitt 4 Grad erwärmte Erde gewöhnen können. Es wird vielleicht ein paar Superreiche geben, die sich irgendwo einigeln können, aber ein Großteil der Menschheit kann das nicht.

Aber Hauptsache, die FDP träumt uns vor, dass wir mit “Zukunftstechnologien” jetzt im Moment nichts unternehmen müssen, weil in zehn Jahren die Wundertechnik kommt, die alle Probleme löst. Unser einziges Problem ist aber derzeit, dass wir diese Zeit nicht haben und jetzt anfangen müssen, den CO2-Ausstoss massiv zu verringern.

Wir können nicht auf e-Fuels warten. Um “grünen” Wasserstoff zu erzeugen, fehlen uns Wasser und EE-Strom. Kernfusion ist ebenso ein Zukunftstraum, der vielleicht in 40 Jahren kommen könnte (Scherz unter Physikern: die Kernfusion ist immer 40 Jahre entfernt). Die Kernfusion, die wir jetzt nutzen können, findet in der Sonne statt. EE in Deutschland ist schon sehr erfolgreich: es gibt Tage, an denen mehr als 100% Strom erzeugt wird, so dass wir für kostenlosen exportierbaren Strom Geld bekommen. Selbst nachts sind noch 60% des Strombedarfs aus Windkraft möglich. Es gibt derzeit schon deutsche Stromspeicher für mehr als 8 GW, und bis Ende des Jahres soll die 10 GW-Marke geknackt werden. Da der tägliche Bedarf in Deutschland 60-80 GW beträgt, sind das doch halbwegs gute Nachrichten.