[veröffentlicht am 10.01.2024]
In ihrer Glosse vom 20.12.23 schimpft Fr. Möllers über die Kürzungen für den landwirtschaftlichen “Agrardiesel” und lastet dies erneut dem Wirtschaftsminister Habeck an. Abgesehen davon, dass diese konkrete Kürzung von Lindner erzwungen wurde, gibt es einige sehr fragwürdige Darstellungen in der Presse und in den Medien. Alle Parteien haben am 15.12. im Ausschuss den Kürzungen zugestimmt, insbesondere auch die CDU und die AfD.
Die Subvention beträgt knapp 22 Cent pro Liter Diesel. Im Durchschnitt benötigt ein Landwirt pro Hektar Land pro Jahr ca. 100 Liter Diesel. Ein Hof mit z.B. 100 ha würde also 2200 Euro Subventionen verlieren.
Insgesamt werden ca. 450 Millionen Euro gekürzt, das sind bei 260.000 Landwirten im Schnitt 1730 Euro pro Jahr, die jedem Landwirt verloren gehen.
Die Demonstration in Berlin war finanziell ein Reinfall: der verfahrene Sprit bis dahin war teurer als die Kürzung bei den meisten Landwirten ausmachen wird.
Aus diesen finanziellen Überlegungen könnte man Lindner böswillig unterstellen, dass er gezielt eine Kürzung einer kleinen Interessengruppe durchgesetzt hat, weil er weiß, dass diese Gruppe gern und lautstark demonstriert. Die FDP kann sich nun wiederum als Retter darstellen - die Fraktion hat ja schon angekündigt, gegen diesen Punkt der Kürzungen zu stimmen. Auch hier zeigt sich wieder deutlich, wie regierungsfähig die FDP ist und wie geschlossen Lindner seine Fraktion hinter sich weiß: er hat als Finanzminister mit Habeck und Scholz einen Kompromiss ausgehandelt, der von seiner Fraktion sofort wieder hintertrieben wird. Die Ressorts der Grünen leiden am meisten unter den Kürzungen.
Nebenbei könnte man noch Haare spalten und den Landwirten, die mit ihren Maschinen nach Berlin gefahren sind, Steuer- und Subventionsbetrug unterstellen: die Steuerermäßigung für Fahrzeuge und Sprit wird nur für landwirtschaftliche Zwecke gewährt, und die Fahrt nach Berlin war das ganz bestimmt nicht.
Aus den Bildern der Demonstration sieht man auch deutlich die Doppelmoral der Exekutive: obwohl große, schwere Fahrzeuge Straßen blockieren und eher keine Rettungsgassen gebildet haben, Gülle und Mist auf die Straßen geschüttet haben, gab es keine Festnahmen, keine gewalttätigen Aktionen von anderen Verkehrsteilnehmern, keine Präventivhaft für Landwirte, keine Schmerzgriffe der Polizei bei Räumungen. Warum nicht dasselbe harte Vorgehen wie bei den Klimaklebern der Letzten Generation? Liegt es daran, dass die Klimakleber einen Nerv getroffen haben? Dann sollten die Klimakleber am besten auch mit Traktoren demonstrieren, wie “Der Postillon” jetzt als Satire gefordert hat.
Abgesehen davon haben die Landwirte ganz andere Probleme: die Subventionspolitik der EU bevorzugt massiv Höfe mit großer Fläche, da die Subventionen pro Hektar ausbezahlt werden. Ein großer Hof hat keine Probleme, Subventionen und Kredite zu bekommen, weil ja die Fläche auch eine Sicherheit z.B. bei Banken darstellt. Kleine Höfe darben und haben Schwierigkeiten, Kredite zu bekommen und den Aufwand für die Beantragung von Subventionen zu leisten. Das führt zu einem Sterben insbesondere von kleineren Höfen und Aufkauf durch Großbetriebe.
Der Präsident des Bauernverbands z.B. bewirtschaftet einen Hof mit 340 ha Fläche und erhält allein an Subventionen 70.000 Euro pro Jahr. Es ist offensichtlich, wer sich gegen die Kürzung stemmt, weil es richtig wehtut. Die Landwirte sind die Berufsgruppe mit dem größten Batzen an Subventionen: über 7 Milliarden Euro werden jährlich ausgezahlt.
In den letzten beiden Jahren haben die Landwirte Rekordgewinne eingefahren. Wer in letzter Zeit einkaufen war, sieht selbst die Steigerung der Lebensmittelpreise (im Schnitt 27 % höhere Preise). Warum gehen die Landwirte nicht zu ihren Abnehmern wie Molkereien, Metzgereien usw. und handeln dort höhere Preise aus? Warum wenden sie sich gegen die Subventionskürzungen? Ist das bequemer? Das Einkommen der Landwirte besteht u.U. zu 50 % aus Subventionen. Warum nicht für angemessene Preise demonstrieren?
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