19.12.2012

Zum WZ-Artikel "Tanzsportverein muß Flüchtlingen weichen"

Und mal wieder ein Bericht in der WZ, über den ich mich aufregen kann ...

Wahnsinn! Da nutzt jemand kostenlos über sechs Jahre hinweg Räumlichkeiten für einen Verein, führt eigenmächtig Renovierungsarbeiten durch und wettert dann gegen einen Beschluss des Eigentümers zur anderweitigen (und ethisch sinnvolleren) Nutzung. Und droht sogar "die müssen uns raustragen", wenn der Beschluss umgesetzt werden soll.

Mein nicht abgeschickter Leserbrief dazu:
Leserbrief zum Artikel "Tanzsportverein muss 25 Flüchtlingen weichen" 
Ich bin erschüttert, welche Menschenverachtung aus dieser Bemerkung "anscheinend gehen Fremde vor" spricht. Es geht nicht um "Fremde", es geht um Menschen, denen es vermutlich mehr als dreckig geht. Die Zahlen im letzten Absatz des Artikels über Morde in Syrien sprechen Bände. Wen wundert es, dass Menschen von dort fliehen? 
Die Pflicht, Asyl zu gewähren, ist im Grundgesetz niedergelegt (Art. 16a). Ich glaube mich zu erinnern, dass hingegen im Grundgesetz nichts darüber steht, dass Tanzclubs Sonderrechte genießen. Allein aus moralischen Überlegungen könnte man die Diskussion also an dieser Stelle beenden. 
Es ist unglaublich schäbig, dass ein Tanzclub sich dagegen wehrt, dass Flüchtlinge oder Asylsuchende aufgenommen werden. Noch dazu ein Tanzclub, der mindestens in einer rechtlichen Grauzone operiert und seit sechs Jahren keine Miete und keine Umlagen zahlt, dafür aber gern in den strengen Wintern der letzten Jahre die Heizkosten von anderen bezahlen lässt. Entweder haben die anderen Mieter des Hauses den Verein mitfinanziert, oder die Umlage wurde unwissend vom Kreis übernommen. Beide Varianten finde ich sehr fragwürdig. Da im Wetteraukreis auch meine Steuergelder drinstecken, fallen mir sogar die Begriffe "Untreue" und "Erschleichen von Leistungen" ein. Warum hat überhaupt ein ehemaliger Schulleiter weiterhin einen Schlüssel für die ehemalige Schule, in der Wohnungen vermietet sind? 
Hat sich denn niemand vom Verein überlegt, dass man für die Nutzung von fremdem Eigentum etwas bezahlen müsste? Und dass für den Fall von Unstimmigkeiten ein schriftlicher Vertrag über die Erlaubnis von Vorteil sein könnte? Hat der Verein eine Mietzahlung wenigstens angeboten? Achso, ich vergaß, wer sich "die Karten legen lässt", hat natürlich mit solchen irdischen Lappalien nix am Hut, Tschuldigung, wie anmaßend von mir. 
Auf der anderen Seite beweisen die Vereinsmitglieder natürlich durchaus Mut, wenn sie in "baufälligen" Räumen ihrem Hobby nachgehen. Respekt! Oder haben die Karten auch vorausgesagt, dass das Haus ungefährlich ist? Oder ist sogar vielleicht eine Kristallkugel im Spiel?
"Die müssen uns schon raustragen" - diese Sprüche kenne ich von Hausbesetzern, deren Wohnungen vom Abriss bedroht sind. Aber bei einem Tanzclub hat das schon eine ganz andere Aussage, wenn damit der Einzug von Flüchtlingen verhindert werden soll. Übrigens sitzt bei einer Kündigung des Vereins kein Mensch "auf der Straße", nur der Verein hat halt keinen Übungsraum mehr.
 "Anscheinend gehen Fremde vor" - ich spreche jetzt nicht aus, an was ich denken musste, als ich diesen Satz las. Aber wahrscheinlich lässt sich das auch ganz einfach mit Egoismus begründen, bestimmt ist die andere Auslegung ganz fernliegend.
Und um auf die Frage "Warum sollen die denn ausgerechnet hier rein?" zu antworten: Weil der Besitzer das so will, ganz einfach. Da fällt mir nur noch der alte Sponti-Spruch ein: "Herr, lass diesen Kelch an mir vorübergehen, mein Nachbar guckt so durstig". 
Die reißerische Schlagzeile (sogar noch auf der Titelseite) "Verein muss ... weichen" hätte so auch nicht sein müssen, damit wird der Verein in eine unverdiente Opferrolle gebracht. Mir hätte eine Schlagzeile besser gefallen, in der die Worte "mietfrei", "unerlaubt", "gegen Fremde", "moralisch", "ethisch", "humanistisch" vorgekommen wären.

17.12.2012

Die digitale Kluft auf dem Dorf

In letzter Zeit mache ich mir immer öfter Gedanken über die digitale und reale Zukunft, insbesondere unserer eigenen Kinder natürlich, aber ebenso auch etwas abstrakter um die Zukunft meiner Mitmenschen, Kinder und Erwachsener. In den folgenden Absätzen mal eine Sammlung von interessanten Stellen, die mir letztens über den Weg gelaufen sind, und ein paar Gedanken, wie schnell das dann auch wirklich bei den Menschen ankommt.

Wir stehen vor einer gigantischen Umwälzung, und obwohl ich in einer Technologiefirma arbeite (mit dem blaugestreiften Logo ...), kann ich mir kaum vorstellen, wie die Technik unser weiteres Leben verändert. IBM z.B. behauptet in einer kühnen Voraussage, dass in fünf Jahren Computer die 5 Sinne des Menschen nachbilden können, als "Versteher", d.h. Konsument von Reizen, und damit nicht nur z.B. Pixel auf einem Bild wahrnehmen, sondern den Inhalt des Bildes erkennen und damit dem Bild einen Sinngehalt zuordnen können.

Meiner Meinung nach ist das "tragbare Internet" in Form von Smartphones eine der tollsten und grandiosesten Erfindungen, die überhaupt jemals gemacht wurden. Smartphones bieten den Zugriff auf Wissen wie Wikipedia, Google usw., aber ebenso können sie alltägliche Daten speichern, die man sich nicht mehr mit Mühe selbst merken muss (Termine, Einkaufslisten usw.). Die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten von "Apps" auf Smartphones ist sicherlich noch nicht annähernd ausgereizt, und ich persönlich bin gespannt darauf, was alles noch kommen mag.

Auf die Vernetzung von Geräten will ich gar schon mal gar nicht eingehen, zum Einen gibt es die "Car-2-Car"-Kommunikation. die gerade mit WLAN rund um Frankfurt erprobt wird, und der Opel Adam baut da bei der Unterhaltung und Bedienung auf ein ganz neues Konzept. Und auch der Unterhaltungswert ist mit tragbaren Geräten ganz anders, die GPS, Lagesensoren wie Gyroskop, Beschleunigungssensor, manche sogar ein Barometer enthalten. Google macht es mit dem Spiel Ingress vor (derzeit beta nur mit Einladung), was alles mit "augmented reality" möglich ist, also der Überlagerung von realen Informationen mit computergenerierten.

"Google Now" ist auch eine ganz hübsche Idee, bei der persönliche Lebensdaten in ihrer Gesamtheit ausgewertet werden, um daraus zu schlussfolgern, was als nächstes ansteht, und dann zielgerichtet Vorschläge dazu zu machen (z.B. im Terminkalender feststellen, dass eine Besprechung in Frankfurt stattfindet, die Verkehrsnachrichten auswerten und dann selbständig vorschlagen, wann auf welcher Route loszufahren ist).

Was ich mir aber außerdem durchaus vorstellen kann, ist, dass dabei ganz viele Menschen abgehängt werden und sich auf diese Weise eine Kluft bildet, die kaum aufzuholen ist, und die noch viel schlimmer werden wird als die Industrialisierung im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Dabei denke ich nicht nur daran, dass die Smartphones Geld für Anschaffung und Betrieb kosten, sondern auch, dass für die sinnvolle Nutzung von Smartphones ein gewisses Interesse und - derzeit noch - Neugierde bei der Erforschung und leider auch ein dickes Fell bei der Duldung von Problemen und Fehlern bedeutet. Der Normalfall ist, dass die "üblichen" Dinge einwandfrei funktionieren, dass aber eben manchmal der Teufel im Detail steckt und eben nur mit Ausprobieren oder Ändern von Einstellungen zum Funktionieren gebracht werden können. Da geben viele bestimmt entnervt auf, bevor sie zuviel Zeit hineinstecken ... Ich könnte auch mal wieder meckern, wie langsam Smartphone-Hersteller Android-Updates liefern, aber das hab ich schon ein paarmal gemacht und spar's mir hier ;-)

Nebenbei könnte ich mir auch noch im Sinne von 1984 vorstellen, dass die Lieferanten von Inhalten und Apps damit eine Filterfunktion entfalten können und damit Möglichkeiten zur Meinungssteuerung haben ... Das klingt ganz schön gruselig. Wenn man nicht über ein Ereignis berichtet, und man nicht zufällig direkt daneben wohnt, findet es in der Wahrnehmung der Menschen nicht statt.

In den Vorträgen über Privatsphäre und Datenschutz ("manage your identity" - halte ich kostenlos nach Vereinbarung für Schulklassen oder Elternbeiräte; sinnvoll ca. ab 7. Klasse, wenn die Kurzen loslegen mit Facebook und Co.) sind die Zuhörer meistens ganz schön erschrocken, was so alles mit ihren Daten passieren kann, insbesondere, wenn man Daten aus vielen verschiedenen Lebensbereichen zusammenführen kann. Besonders erschrecken die meisten, wenn ich das Beispiel mit der iPhone-App "Where are the girls" anführe und beschreibe, dass mit der Löschung der App aus dem Store das grundsätzliche Problem der öffentlichen Daten ja eigentlich gar nicht gelöst ist ... Ein anderes schönes Beispiel dafür, was Konzerne aus ihren Daten alles schlussfolgern können, findet sich hier: Versandhaus weiß von Schwangerschaft vor den Eltern.

Zurück zum Thema "Filterfunktion": da haben sich die deutschen Verlage z.B. im Moment nicht gerade mit Ruhm bekleckert, weil in der Totholzindustrie (=Presseverlage) die Diskussion um das Leistungsschutzrecht zu 99% totgeschwiegen wird, und auch die Gegenseite quasi gar nicht zu Wort kommt (ich erinnere an meinen abgelehnten Leserbrief für die WZ ...). Eine Diskussion, die nur "im Internet" geführt wird, wird von geschätzt 80% der Bevölkerung kaum oder gar nicht wahrgenommen.

Ich und meine Frau sind in diversen Institutionen ehrenamtlich (ein wenig ...) tätig, z.B. im Elternbeirat (Kindergarten, dann Grundschule, Gymnasium), Förderverein der jeweiligen Schulen, Kirchenvorstand, und in Vereinen.

Bei den Sitzungen oder sonstigen Besprechungen fällt mir in letzter Zeit ganz massiv auf, dass es verschiedene Typen von Menschen gibt, zumindest, was die Nutzung und überhaupt den Nutzungswillen von Technik angeht. Die folgende Liste betrifft nicht nur Smartphones, sondern ganz allgemein alles, was mit Strom betrieben wird ;)

  • Aufgeschlossene Neugierige, die Wert auf Ausgereiftheit legen (jo, das bin ich ;) ... mittlerweile, mein Fell ist nicht mehr so dick, was die Toleranz von Fehlern im Produkt angeht)
  • Zögerliche, die man mit ein wenig Überredung dazu bringen kann, etwas zu nutzen (dazu zählt meine Frau, die seit neuestem ein Motorola Milestone 2 hat, nachdem ihr das abgelegte Motorola Flipout von Kind 1 zu klein war - jetzt muss sie sich "nur noch" an den Google-Kalender und Einladungen gewöhnen und das Dings immer dabei haben)
  • Widerstrebende, die Technik nutzen, wenn man sie ihnen erklärt und vorbereitet. Dann nutzen sie sie auch gern, weil es einen Mehrwert bietet (meine Schwiegermutter lässt mich Anleitungen lesen und erwartet dann, dass mit einem Knopf alles funktioniert - schwierig, wenn man für Fernseher und Sat-Receiver zwei Fernbedienungen hat ;) )
  • Ignorierer, die von der Existenz einer Technik wissen, aber sie nicht nutzen *wollen* und das auch unmißverständlich alle spüren lassen.
  • Widerstrebende, die eine Technik nutzen, weil es von ihnen "irgendwie" erwartet wird; aber eigentlich wollen sie nicht, trauen sich aber nicht, dies so vehement zu vertreten wie die "Ignorierer". Der Widerstand besteht darin, die Technik (z.B. Email) so selten zu nutzen, dass das Gegenüber es nach einem oder zwei Fehlschlägen aufgibt, z.B. weil eine Einladung per Email nicht wahrgenommen wurde.

Diese Klassifizierung ist sicherlich nicht erschöpfend, aber nahezu meine komplette eigene Umgebung kann ich da schon ziemlich vollständig einsortieren ;)

In einer Elternbeiratssitzung der 6. Klasse von Kind 1 hatte ich mal vorgeschlagen, ein Wiki mit einer geschlossenen Benutzergruppe einzurichten, um dort Informationen abzulegen, die für die ganze Klasse relevant sind. In einer Klasse von 30 Kindern waren gerade mal 3 Eltern, die überhaupt verstanden, von was ich eigentlich gesprochen hatte. Wikipedia kannten zwar fast alle, aber die Tatsache, dass man a) so etwas selbst einrichten und b) selbst darin schreiben kann, kam für *alle* total überraschend.

Im Elternbeirat der Grundschule haben wir es nichtmal geschafft, unsere Mitteilungen als Email zu schicken ("ich guck nur alle 3 Wochen in meine Email ..."). Also weiterhin ausdrucken und in die Ranzenpost ...

Immerhin: Email funktioniert im Gymnasium, aber das war's auch schon. Termine über Doodle? Blog? Google-Kalender? Ach nö, danke.

Ganz bemerkenswert und total klasse finde ich, dass die Gemeinde Wölfersheim die Müllabfuhr-Termine als öffentlichen Google-Kalender anbietet. Das ist simpel und genial bequem. Ich liebe es.

Zu diesem Dilemma der Aufspaltung in "Umarmer" und "Ablehner" trägt natürlich auch bei, dass sich die Telekom-Konzerne nicht gerade mit Ruhm bekleckern, was die Internet-Versorgung auf dem platten Land betrifft. Mit ein klein wenig Verschwörungstheorie könnte ich mir sogar erklären, warum bei meinem DSL der variable RAM-Modus abgeschaltet wurde und ich plötzlich wieder mit 384 statt 1700 KBit/s surfen musste.

Seit Oktober haben wir stattdessen LTE mit 7200 KBit/s, aber dafür mit einer mobilfunktypischen Beschränkung auf 10 GB Volumen pro Monat (Korrektur: seit Dezember gibt es S/M/L-Tarife mit 10/15/30 GB pro Monat und für 9,95 Euro sogar zusätzliche 30 GB auf Zuruf), und danach mit Drosselung auf die vorherige DSL-384-Geschwindigkeit. Das führt dazu, dass man immer mit dem Hintergedanken surft, wann die Drosselung zuschlägt ;(. Dienste wie Internet-Radio und Streaming sind so natürlich illusorisch.

In diesem Sinne: jeder sollte sich ein wenig mehr mit Technik beschäftigen, und sei es nur, um mit seiner Privatsphäre bewusst umzugehen. Nicht nur Facebook und Google wollen unsere Daten, sondern auch die Konzerne, die sich an Rabattkartensystemen und anderen Kundenbindungsprogrammen beteiligen, wollen gern soviel wie möglich über uns wissen.

30.11.2012

Noch'n Leserbrief zum Leistungsschutzrecht

Nachdem heute in der WZ mal wieder kurz und knackig einseitig über Google und das Leistungsschutzrecht berichtet wurde (S.2), habe ich einen erneuten Anlauf unternommen, einen Leserbrief zum Thema im Meinungstreff unterzubringen. Dort wird ja derzeit recht esoterisch über Terraforming und Umsiedlung zur Venus diskutiert, vielleicht habe ich ja doch Chancen mit einem regionaleren Thema.

[Update 05.12.12: Der Leserbrief wurde leicht gekürzt gedruckt. Alle Kurzlinks (zu goo.gl) wurden entfernt. Alle Änderungen habe ich rot markiert, Formatierungsänderungen habe ich kursiv markiert. Schade natürlich, dass alle Links fehlen und auch die weiterführenden Hinweise zur Entstehung etc.]
Leserbrief zum Thema "Leistungsschutzrecht", 28.11.2012, S.2

In dieser Ausgabe der WZ wird eine Pressemitteilung über das geplante Leistungsschutzrecht mit Zitaten von Google und BDZV abgedruckt (http://goo.gl/l6bdV).
Dieses neue Gesetz soll den Verlegern ein Lizenzierungsrecht für Textanrisse in Suchmaschinen garantieren. Weltweit wird dieser deutsche Alleingang belacht, der kürzlich vom Kabinett durchgewunken wurde und morgen nacht im Bundestag ohne Aussprache beschlossen werden soll.
Dieses neue Gesetz soll es für Suchmaschinen und vergleichbare Automatismen, z.B. sogenannte Nachrichtenaggregatoren (Sammler), kostenpflichtig machen, die Anrisse von Webseitentexten als Suchergebnis anzuzeigen. Auch in deutschen juristischen Fachkreisen wird das Gesetz eindeutig abgelehnt, weil es handwerklich schlecht formuliert ist und Wirkungslosigkeit prognostiziert wird (http://goo.gl/Wr55q).

Dieses geplante Gesetz ist absurd: die Verleger möchten von den Werbeeinnahmen von Google und anderen Werbevermarktern profitieren. Dabei bauen sie ihr Webangebot doch nicht für Google auf, sondern für ihre Leser!.
Das ist ungefähr vergleichbar mit der Idee, dass die Friedberger Geschäfte einen Anteil an den Einnahmen von Bussen,  Bahnen und Tankstellen fordern, weil ja die Käufer mit öffentlichen oder privaten Verkehrsmitteln zum Einkaufen kommen und die Geschäfte somit den Verkehrsbetrieben und Tankstellen Kunden zuführen! Welche Verdrehung der Tatsachen!.

Dabei vergessen die Verlage aber, dass die allermeisten Besucher erst durch die Suchmaschinen auf ihre Webseiten gelotst werden. Die Zahlen schwanken je nach Untersuchungsmethode zwischen 50 und 90%, d.h. dass mindestens die Hälfte aller Besucher durch eine Suchmaschine zu den Nachrichtenseiten gelotst werden. Außerdem gibt es seit 15 Jahren einen etablierten Standard, mit dem Webseitenbetreiber die Suchfunktion von Google etc. aussperren können (teilweise oder ganz, Stichwort robots.txt). Interessanterweise will kein Verleger diese technische Möglichkeit in Anspruch nehmen. Mit anderen Worten: die Verlage *wollen* (fett entfernt) über Google gefunden werden _und_ (Unterstreichung entfernt) sie wollen dafür bezahlt werden. Es gibt zahllose Firmen, die sich als "Suchmaschinenoptimierer" (SEO) andienen, um Seiten so mit Hilfsbegriffen zu spicken, dass sie besser von Google indiziert und gefunden werden können als die der Konkurrenz.

Es liegt also an den Webseitenbetreibern, Geld von den zu ihnen gelenkten Besuchern durch Werbung oder Käufe zu erhalten. "Google News" übrigens ist eine komplett werbefreie Seite. Es ist eine Falschdarstellung, wenn man "Google News" Werbeeinnahmen unterstellt. Es ist eine werbefreie Übersichtsseite und verweist auf Nachrichtenangebote. Probieren Sie es selbst aus (http://news.google.de)!

Bekannte, fachkundige Rechtsanwälte lehnen einhellig dieses Gesetzesvorhaben ab: z.B. Udo Vetter (http://goo.gl/ScqHh) und Thomas Stadler (http://goo.gl/iUEAb), sowie die Organisation irights.info (http://goo.gl/3ZpnY). Udo Vetter ist sogar der Meinung, wenn man im Internet, z.B. in seinem eigenen Blog, nicht mehr unter Bezug, d.h. Zitat oder Verlinkung, seine Meinung äußern darf, "bedroht das Leistungsschutzrecht die neue Meinungsfreiheit (Brechts Idee "jeder ist ein Sender"). Wer als Bürger nur noch Zeitung lesen, aber nichts mehr im Internet dazu sagen darf, kann sich getrost digital kastriert vorkommen" (Zitatendekennzeichnung entfernt).

Der Medienjournalist Stefan Niggemeier meint dazu, dass hier schon kleinste Textschnipsel geschützt werden. Damit würden die Verlage durch die Hintertür ein Monopolrecht auf Sprache erhalten, weil schon eine Überschrift nach dem LSR schützenswert wäre (http://goo.gl/90KSX), und sogar Zitate, die nur eine Überschrift und einen Link enthalten, wären lizenzpflichtig. Hurra, neue Einnahmequellen und ein weites Feld für Abmahnanwälte ... Eine interessante Aufstellung, wie das Leistungsschutzrecht entstanden ist, liefert Hr. Niggemeier mit dieser Übersicht: http://goo.gl/kaZCb, und in diesem Artikel wird m.E. sehr schön erklärt, warum das falsch ist: http://goo.gl/1CiUw
Und nachdem ich bereits einmal schlechte Erfahrungen mit einem Leserbrief zu diesem Thema gemacht hatte, ist mein Anschreiben an die Redaktion etwas offensiver ausgefallen als ich normalerweise zu schreiben pflege:
Hallo,
anbei ein Leserbrief zum Thema Leistungsschutzrecht anlässlich des kurzen Artikels heute auf S.2. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie zur objektiven Meinungsbildung beitragen und auch einen Leserbrief abdrucken, der Sie persönlich oder beruflich betrifft. Ich gehe davon aus, dass Sie die Funktion von Journalismus nicht als "Meinungssteuerung" auffassen oder als reine Wiedergabe von dpa-Zulieferungen, sondern dem Leser selbst eine gewisse Urteilsfähigkeit zugestehen. Es wäre in meinen Augen ein Zeichen von Größe, auf diese Weise eine sachliche Diskussion zu ermöglichen.

Ich werde weiter berichten, ob die WZ diesmal den Leserbrief abdruckt.

19.11.2012

Eclipse und Android - was man alles falsch machen kann

Heute mal was für Programmierer und solche, die es werden wollen ...
Wahrscheinlich amüsieren sich die Profis über meine ersten Stolperschritte mit einer neuen Eclipse-Installation. Ich hab's ja nicht so mit GUIs, ich bin ein reiner Kommandozeilenmensch ;)

Es war einmal ... ein Eclipse Indigo mit Android SDK auf einem WXP-System zur Entwicklung einer kleinen App für Android 2.2.
Android 2.2 als Target, weil sich exakt mit dieser Version das API für den Zugriff auf eine SD-Karte eingeführt wurde (getExternalFilesDir()).
Dann war lange Zeit Pause, weil die App einfach so fröhlich vor sich hin funktionierte.
Nach einem Jahr und etwas mehr war ich genervt von den neuen Android-Versionen, die an mir vorübergingen, weil Samsung keine Updates für die Galaxy-S-Geräte auf die Reihe bekam. Also Anschaffung Nexus7 und Galaxy Nexus ;), Verkauf Archos 101 (Android 2.2.1), Galaxy i9000 (2.3.3). Am Rand: Nexus7 seit 2 Tagen auf 4.2, GNexus noch auf 4.1.2.

Interessanterweise funktioniert die bisherige App für den Wetterauer Tiernotdienstkalender (aus dem Play Store) auch auf diesen Nexus-Geräten, die ja prinzipiell keine SD-Karten unterstützen (außer mit Tricks auf gerooteten Geräten und einem USB-OTG-Adapter ...).

Irgendwann kam ein neuer PC mit Linux (RHEL 6.3) und Eclipse Juno und die Lust, ein bißchen weiter an den bisherigen Apps zu basteln und auch mal am lang geplanten und siechenden Romanverwaltungsprogramm (für PR und die anderen Serien, die ich sammle) weiterzuschrauben.

Also:
  1. Eclipse Juno installiert
  2. Android SDK installiert
  3. Android plugin für Eclipse installiert
  4. Android SDK Manager zum Download diverser Google Images und APIs gestartet
  5. An diversen Permissions geschraubt, bis Eclipse, AVD und ADT als User (nicht root) funktionieren
  6.  Sourcen der Apps in den Eclipse-Workspace kopiert
  7. Freundliche Fehlermeldungen über R.java
  8. Clean Project
  9. R.java wird in gen/ nicht neu erzeugt ;(
  10. Fehlersuche bei stackoverflow.com und diversen anderen
  11. Alle Tipps der Reihe nach ausprobieren ...
  12. z.b. "manage imports" erzeugt immer wieder "import android.R;" (Erklärung dafür: das Android SDK stößt auf einen Fehler und bricht ab. R.java wird nicht erzeugt, deshalb bastelt Eclipse sich irgendwas zurecht ;( )
  13. z.b. "clean"
  14. z.b. "properties->android tools->fix project properties"
  15. z.b. "Build Path->Order"
  16. z.b. "per-project java build environment"
  17. Aus lauter Verzweiflung dann statt dem IBM JRE 1.6.0.11 noch Sun JDK 1.7.09 installiert und eclipse -vm /opt/jdk_1.7.0_09/jre/bin aufgerufen.
  18. z.b. Prüfen aller XML auf Korrektheit
  19. Im grafischen Editor für das UI fiel mir auf, dass nix angezeigt wurde, und zum ersten Mal wenigstens mit einem Hinweis: keine Version angegeben für Emulator!
  20. Also Preferences->Android aufgerufen
  21. Dort wurde nur Version 4.0.3 und 4.1.2 angezeigt, obwohl ich in der Zwischenzeit auch die benötigte 2.2 mit dem SDK Manager geladen hatte.
  22. Meine App hat aber minSdkVersion="8", also brauche ich Google API 8 zum Bauen.
  23. Android SDK Pfad neu gesetzt und Eclipse neu gestartet.
  24. Jetzt werden alle im SDK Manager geladenen Android-Versionen korrekt angezeigt. Bingo!
  25. Normalerweise kenne ich den "Neustarten"-Trick ja nur von Windows ;)
  26. Und die Moral von der Geschicht': man soll nicht Sachen parallel machen, hier Nachladen von Android-APIs mit dem SDK Manager und schon mit dem Entwickeln in Eclipse anfangen.
Des weiteren habe ich meinen Code etwas umgestellt, um sowohl mit Geräten ohne als auch solchen mit SD-Karte umzugehen.

Alt:
        public static void setDataDir(Context c) {
                if (okStorage()) {
                        DataDir = c.getExternalFilesDir(null).toString();
                        logger("setdatadir.ext", DataDir);
                } else {
                        logger("setdatadir.error", "no external storage");
                }
        }

        public static boolean okStorage() {
                StorageState = Environment.getExternalStorageState();
                if (Environment.MEDIA_MOUNTED.equals(StorageState)) {
                        StorageAvailable = StorageWriteable = true;
                } else if (Environment.MEDIA_MOUNTED_READ_ONLY.equals(StorageState)) {
                        StorageAvailable = true;
                        StorageWriteable = false;
                } else {
                        StorageAvailable = StorageWriteable = false;
                }
                return StorageWriteable;
        }


Neu:
        public static void setDataDir(Context c) {
                if (okExtStorage()) {
                        DataDir = c.getExternalFilesDir(null).toString();
                        logger("setdatadir.ext", DataDir);
                } else {
                        DataDir = c.getFilesDir().toString();
                        StorageAvailable = StorageWriteable = true;
                        logger("setdatadir.int", DataDir);
                }
        }

        public static boolean okStorage() {
                return (DataDir != null);
        }

        public static boolean okExtStorage() {
                StorageState = Environment.getExternalStorageState();
                if (Environment.MEDIA_MOUNTED.equals(StorageState)) {
                        StorageAvailable = StorageWriteable = true;
                } else if (Environment.MEDIA_MOUNTED_READ_ONLY.equals(StorageState)) {
                        StorageAvailable = true;
                        StorageWriteable = false;
                } else {
                        StorageAvailable = StorageWriteable = false;
                }
                return StorageWriteable;
        }

27.10.2012

Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes - Ted Chiang (5 Kurzgeschichten) - Buchbesprechung

Zur Abwechslung mal wieder 'was über ein Buch, das ich aufgrund einer Empfehlung von Klaus "Enpunkt" Frick (Update 31.08.2020: Link defekt) bei Amazon als ebook für den Urlaub gekauft hatte. Hier gibt es auch noch eine Diskussion, an der sich auch der Übersetzer "molosovsky" der Kurzgeschichten beteiligt.

Vorneweg: da ich mich zu den Agnostikern und nicht zu den Gläubigen zähle, stehe ich einigen Inhalten der Kurzgeschichten sehr kritisch gegenüber. Stilistisch ist das Buch gut, aber mit den religiösen Anteilen konnte ich mich gar nicht anfreunden. Mir war beim Lesen der Empfehlung und vor dem Kauf nicht klar, wie intensiv der Autor den Glauben in seine Geschichten einbezieht. Ich muss aber dazusagen, dass keine der Geschichten irgendwie einen missionarischen Antrieb hat. Der Glaube bleibt sozusagen in der Geschichte, wenn man ihn nicht an sich 'ranlassen will ;)

Andererseits finde ich es sehr gut gelungen, wie schön fremdartig physikalische Konzepte unseres echten Universums in den Geschichten transponiert wurden, insbesondere in der ersten und in der letzten Geschichte. Alle Geschichten handeln davon, wie die Protagonisten ihre Welt erleben und wie sich teilweise im Ablauf ihr Weltbild ändert; manchmal nachvollziehbar für mich, manchmal nicht.

Trotzdem werde ich sicherlich nix mehr von diesem Autor lesen, ich bleibe bei der "Hard SF" mit nachvollziehbarer Physik, z.B. von Autoren wie Niven/Pournelle, Clarke, Asimov.

Nun aber zu den einzelnen Geschichten aus dem Buch:

Der Turmbau zu Babel


Was wäre, wenn der Turm von Babylon wirklich hätte zu Ende gebaut werden können? Wenn das damalige Weltbild mit dem "Gewölbe des Himmels" stimmte, und die Menschen einen Turm bis ans Gewölbe bauen (an Sonne, Mond und Sternen vorbei)? Und das Gewölbe durchstoßen wollen und können? Wenn über diesem Gewölbe wirklich die Wasser des Himmels gespeichert sind?

Eine recht schöne Geschichte, mit bildgewaltigen Worten sehr ansprechend und nachvollziehbar geschrieben. Die Infrastruktur für den Turmbau und der Ablauf, der im Durchstoßen des Gewölbes kulminiert, wird ausführlich und glaubwürdig erzählt. Das Weltbild dahinter ist eine biblische Variante der uns bekannten Krümmung von Raum und Zeit, dass sich nämlich "über" dem Himmelsgewölbe wieder der Erdboden anschließt. Dies erkennt der Protagonist der Geschichte dann als Hinweis, wie toll alles von Gott konstruiert ist.

Eigentlich gar nicht so religiös; nur der Unterbau entspringt der biblischen Geschichte vom Turmbau. In diesem Szenario allerdings darf der Turm fertiggestellt werden, es gibt keinen göttlichen Zorn, der alle Beteiligten entfremdet und zerstreut. Hier gibt es nur das Erkennen der göttlichen Perfektion durch die Geschlossenheit der Welt in sich.

Geschichte deines Lebens


Diese Geschichte hat mir noch am besten gefallen, sie ist gleichzeitig die am wenigsten religiöse und eher philosophisch geprägte. Sie handelt vom Besuch einer Raumflotte von fremdartigen Wesen, deren Schrift, Sprache und Weltbild gänzlich anders aufgebaut ist als unsere, nämlich holistisch -- ganzheitlich. Stilistisch ist die Geschichte eine geschachtelte Abfolge von neutralem Bericht über die (rein videofonische) Begegnung mit den Außerirdischen und einem Brief an die Tochter im Tagebuchstil. Da die Auflösung erst spät erfolgt, ist es am Anfang etwas merkwürdig, dass die Mutter an ihre Tochter schreibt und dabei auch vom Tod der Tochter spricht.

In der Geschichte selbst wird ein hübsches Beispiel über das holistische Weltbild gebracht: eine Hochzeitszeremonie muß von Anfang bis Ende stattfinden, damit sie realisiert wird. Der Pfarrer, das Brautpaar usw. müssen die gesamte Zeremonie "abarbeiten", damit sie wirklich verheiratet sind, auch wenn der gesamte Ablauf von vornherein feststeht. Das gesamte Weltbild der Außerirdischen basiert auf diesem Konzept: sie erfassen den Zeitablauf ganzheitlich, es gibt für sie keine Vergangenheit oder Zukunft, und weil die Zukunft so ist, wie sie ist, müssen sie sich so verhalten, dass diese Zukunft eintritt.

Für mich die faszinierendste Geschichte, weil die Protagonistin nach und nach die Konzepte von Schrift und Sprache der Fremden erlernt und daraufhin dasselbe Verständnis entwickelt. Der Nexus ist die Beobachtung, wie die Fremden ihre Gedanken schriftlich festhalten und sich dabei "ganzheitlich" das Schriftbild entwickelt.

Sie nimmt durch das Erlernen des fremden Weltbilds alles gleichzeitig wahr: die Begegnung mit ihrem zukünftigen Mann, die Zeugung, Geburt, Trennung und das Aufwachsen der Tochter bis hin zu ihrem Tod durch einen Unfall. Obwohl sie alles gleichzeitig wahrnimmt, ist sie dazu gezwungen, so zu handeln, damit alles eintritt. Dieser Teil wirkt etwas unrealistisch: als ob man es erlernen könnte, in die Zukunft zu schauen, dabei aber die Fähigkeit verliert, darüber zu sprechen, und dann verdammt ist, genau diese Zukunft zu erleben und sogar dabei mitzuhelfen, damit sie stattfindet.

Was mich als Anhänger von Menschenrechten und freiem Willen natürlich extrem irritiert, ist die  Gelassenheit, diese Unveränderlichkeit hinzunehmen und nicht einmal daran zu zweifeln oder es zu versuchen, ein zukünftiges Unglück zu verhindern.

Die Begegnung mit den Außerirdischen ist eigentlich nur ein Hilfsmittel. Man erfährt in der gesamten Geschichte nicht, warum sie eine lichtjahrweite Reise auf sich genommen haben. Nach dem Austausch von eigentlich belanglosen Geschenken wie einem Bild der Höhlenmalereien von Lacroix reisen sie wieder ab. Das ist eigentlich eher unbefriedigend.

Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes


Diese Geschichte hat mich am meisten angestrengt; beinah hätte ich das Buch während oder nach dem Lesen weggelegt. In der Welt, die hier beschrieben wird, gibt es einen Gott, Engel und die Hölle, genauso gibt es gefallene Engel. Die Engel manifestieren sich in Form von Naturkatastrophen. Eigentlich gibt es hier also keinen Glauben, sondern Wissen. Die Hölle ist einfach nur ein Aufenthaltsort für Seelen, es gibt keine Teufel oder Dämonen, die die Seelen dort quälen. Von dieser Geschichte hat das Buch seinen Titel: es gibt in der Hölle keine Möglichkeit, zu Gott zu finden. Was natürlich nur für gläubige Menschen eine Hölle darstellt ;)

Erstaunlicherweise können die Menschen sehen, ob eine Seele beim Tod in den Himmel oder in die Hölle gelangt. Berichte über Engelserscheinungen in den Nachrichten erwähnen ganz selbstverständlich den Namen des Engels. Die Manifestationen führen sowohl zu positiven als auch negativen Effekten bei den Menschen, Verletzungen, Tote genauso wie Wunderheilungen oder einfach nur körperliche Veränderungen. Manche Menschen werden dadurch gläubiger, andere fallen vom Glauben ab.

Die Hauptperson der Geschichte hat durch einen Unfall während einer Engelserscheinung die Ehefrau verloren und der Witwer versucht nun, seinen Glauben wiederzufinden oder wenigstens das Verständnis, warum seine Frau sterben musste. Er besucht Gottesdienste und andere Menschen, die von Engelserscheinungen gezeichnet wurden. Seine Verzweiflung wächst und er entwickelt einen Plan, zu seiner Frau in den Himmel zu gelangen, indem er während einer Manifestation stirbt. Selbstmord scheidet aus, weil analog zum katholischen Glauben Selbstmörder automatisch in der Hölle landen.

Das Ende ist absolut fragwürdig und unbefriedigend: er "verfolgt" eine Engelserscheinung und kommt dabei tatsächlich zu Tode. Obwohl er dadurch als "Sucher" die Erleuchtung findet, wird er während seines Aufstiegs in den Himmel zurück und in die Hölle gestoßen. Durch diese Abweisung wird er erst endgültig zum Gläubigen und empfindet die Hölle als Qual.

Das Ende der Geschichte empfinde ich als brutal und grausam; der real existierende Gott in dieser Welt gewährt dem Mann die Erleuchtung und er beginnt seinen Aufstieg in den Himmel, wo er seine Frau weiß. Quasi im letzten Moment an der sprichwörtlichen Himmelspforte wird er wieder zurückgewiesen und stürzt in die Hölle. Dort quält er sich selbst, weil er nun aufgrund der Erleuchtung seinen wahren Glauben gefunden hat und weiß, dass er nie wieder zu Gott finden wird, und zum Anderen ist er für den Rest der Ewigkeit von seiner Frau getrennt.

Das ist eine absolut deprimierende Geschichte und entspricht überhaupt nicht dem, was heutzutage das Selbstbild der Kirchen darstellt: die bedingungslose Liebe und Vergebung (sogar die katholische Kirche hat das Fegefeuer abgeschafft ...). Das entspricht dann doch eher dem rachsüchtigen Gott aus dem Alten Testament, oder?

Der Kaufmann am Portal des Alchemisten


Diese Geschichte hat mir neben der zweiten auch sehr gut gefallen: sie handelt von einem Zeitreisenden, der von einem Händler in Bagdad mehrere Geschichten über andere Zeitreisende in die Zukunft erzählt bekommt. Die Idee mit den "Geschichten in der Geschichte" kennt man natürlich aus "1001 Nacht", als Scheherazade um ihr Leben erzählt. Der Protagonist dieser Geschichte will nun selbst eine Zeitreise in die Vergangenheit antreten. Allerdings muss er für die Reise 20 Jahre in die Vergangenheit ein anderes Zeitportal in Kairo verwenden, weil das Portal in Bagdad nur Zeitreisen in die Zukunft ermöglicht. Er plant, seine früh verstorbene Frau noch einmal zu sehen, weil er bei ihrem Unfalltod abwesend war und sich deswegen seitdem Vorwürfe macht.

Die Geschichte philosophiert über die Unveränderlichkeit der Zukunft, was ich sehr merkwürdig finde, andererseits postuliert sie, dass man die Vergangenheit ändern kann. Die Zeitreisenden in den Geschichten in der Geschichte reisen in die Zukunft, treffen sich selber und lassen sich Ratschläge geben oder stehlen ihr eigenes Geld. Dadurch ergibt sich in der Vergangenheit genau die Situation, dass die bereiste Zukunft auch exakt so eintritt. Insofern ähnelt sie also der "Geschichte deines Lebens" weiter oben.

Von meinem Standpunkt als jahrelanger SF-Leser halte ich es allerdigs eher für plausibel, dass die Zukunft von unserem gegenwärtigen Handeln abhängt und man bei einer Zeitreise in die Zukunft nur in eine von vielen "möglichen" Zukünften reist. Ted Chiang geht überhaupt nicht darauf ein, dass einer der Zeitreisenden mit seiner Zukunft unzufrieden ist und deshalb wenigstens versucht, etwas zu ändern.

Sehr schön geschrieben, märchenhafter Stil, aus der Sicht des Zeitreisenden, der nicht mehr in seine Zukunft zurückkehren kann, weil er mittellos ist und deshalb nicht zurück von Bagdad nach Kairo kommt, und sich deshalb beim Herrscher im Bagdad der Vergangenheit als "Wahrsager" verdingen will, der die nächsten 20 Jahre der Zukunft aus seiner Erinnerung schon kennt.

Das Schöne an dieser Geschichte: er kommt durch Widrigkeiten der Reise zwar auch diesmal zu spät, um seine Frau noch lebend anzutreffen, aber er trifft eine Krankenschwester, die ihm die letzten Worte vor ihrem Tod überbringt, und findet dadurch seinen Frieden. Insofern die einzige Geschichte mit einer Andeutung von "Happy End" ;).

Ich geb's zu: "Happy End" ist wichtig für mich. Ich mag Geschichten mit einer knalligen Pointe, oder wenigstens Geschichten, die ein erkennbares Ende haben. Offene Enden hasse ich. Das war auch einer der Gründe, warum ich "The Long Earth" von Pratchett und Baxter gar nicht leiden kann.

Ausatmung

Für mich war dies die fremdartigste Geschichte aus dieser Sammlung. Allerdings erkennt man trotzdem einige der physikalischen Grundkonzepte unseres Weltbilds wieder, nämlich den unabänderlichen Wärmetod (bei uns, bedingt durch die Expansion des Universums, die Hubble festgestellt hat) bzw. den endgültigen Druckausgleich (in der Geschichte).

Die Story in Ich-Form handelt von den Bewohnern einer Röhre oder Kuppel aus Chrom, die sich im Verlauf als eine Art Roboter herausstellen, die mit Hilfe von "Luft" oder "Argon" aus Druckflaschen leben und täglich die Druckflaschen wechseln müssen. Das Wechseln der Flaschen erinnert an römische Badehäuser, beides hat sowohl praktischen Nutzen als auch kulturelle und soziale Bedeutung.

Die Geschichte beginnt damit, dass festgestellt wird, dass mehrere mechanische Uhren unabhängig voneinander offensichtlich falsch gehen, obwohl keine Fehler festgestellt werden können. Allen Uhren gemeinsam ist aber, dass sie zu schnell laufen. Die Schlussfolgerung der Hauptperson ist, dass die Wahrnehmung der Zeit sich bei den Robotern geändert hat.

Eben dieser Bewohner der Welt ist Wissenschaftler und Lehrer an der dortigen Entsprechung unserer Universitäten und stellt Selbstversuche an, um herauszufinden, wie sein Gehirn, sein Bewusstsein und sein Gedächtnis funktionieren. Offensichtlich können diese "Roboter" keinen Schmerz empfinden: mit Hilfe einer ausgeklügelten optischen und mechanischen Anordnung kann er seinen Schädel "von hinten" öffnen und sezieren. Dabei baut er mechanische Module aus und verlagert sie mit Hilfe von Schläuchen nach außerhalb. Die mikromechanischen Fähigkeiten der Roboter sind offensichtlich sehr stark ausgeprägt, andererseits ist das Wissen über die eigene Physiologie (oder muss man sagen "Mechanologie"?) in etwa so ausgeprägt wie im Mittelalter, als noch die Sektion von Leichen verboten war.

Dabei erkennt der Wissenschaftler, dass nicht die "Hardware" des Gehirns das Bewußtsein darstellt, sondern die Luftströmungen, die sich zwischen den goldenen Blättchen seines Gehirns bilden. Dies ist vergleichbar mit der "Hardware" eines Computers und der "Intelligenz" in Form von Programmen, die von dieser Hardware ausgeführt werden, oder der "Hardware" in Form von Nervenzellen im menschlichen Gehirn und der "Intelligenz" in Form der Verschaltung dieser Nervenzellen (d.h. welche mit welchen anderen vernetzt sind).

Durch das permanente Konsumieren von Argon ("Luft") wird immer mehr davon freigesetzt und der Druck in der gesamten Welt erhöht sich. Dadurch verlangsamt sich das Denken und die Fähigkeit zur Wahrnehmung -- daher auch das subjektive Gefühl, dass die mechanischen Uhren zu schnell gelaufen sind.

Auf der Basis dieser Erkenntnisse stellen die Wissenschaftler dieser Welt fest, dass irgendwann alles Leben enden wird, wenn nämlich der finale Druckausgleich stattgefunden hat und alles Argon konsumiert ist. Auch hier wieder ein Anklang an unser Universum: bei den Robotern wird kurzfristig die Idee entwickelt, den Druck zu verringern, indem Argon entnommen und wieder in Behältern komprimiert wird. Problem dabei: der Kompressor muss ja ebenfalls angetrieben werden. Es gibt also weder hier noch dort ein Perpetuum Mobile (dessen Unmöglichkeit bei uns sofort durch die Entropiesätze folgt).

Unbefriedigend auch hier in dieser Geschichte wieder, dass der Ursprung der Roboter und die Entstehung der Lebensgrundlage, d.h. der Füllung der Druckflaschen, weder vom Erzähler noch in einer Meta-Geschichte verarbeitet wird. Auch das "außerhalb" der Chromkuppel wird zwar angedeutet, aber die Roboter haben keine Motivation, die Kuppel zu durchstoßen, um dort nach Lösungen zu suchen. Auch die Entstehung und Lebensgrundlage der Roboter ist kein Thema: es wird zwar kurz angedeutet, dass gelegentlich Unfälle passieren, aber der Leser erfährt nicht, ob und wie neue Roboter entstehen (nicht, dass ich hier einen Roboter-Porno fordern will ...).

Also auch hier wieder kein "Happy End", sondern die Erkenntnis, dass Roboter auch nur Menschen sind. Dort das Ende des Universums durch Druckausgleich, bei uns durch die Entropie, wenn alles schön gleichmäßig verteilt ist.

Dazu passend noch der Hinweis auf einen sehr schönen Comic von xkcd: wenn Hubble einen Außenspiegel mit der (in den USA obligatorischen) Beschriftung hätte. Über den muss man mal einen Moment lang nachdenken ;).

Und auch der Querverweis zu Sir Terry darf nicht fehlen: In "Thief of time" wird ebenfalls die Blau- und Rotverschiebung beim sehr schnellen Reisen angedeutet ;). Ich verwechsle nur immer, welche Farbe vor und welche hinter dem Reisenden sein muss ;)

21.09.2012

Liebe Telekom, Euer DSL ist zu langsam


Hallo liebe Telekom,


ich bin schwer enttäuscht von Euch und stehe kurz davor, zur Konkurrenz zu wechseln.

Seit Jahren bin ich zufriedener ISDN-Kunde, und bis kurz vor Pfingsten war ich halbwegs zufriedener DSL-Kunde.
Ich akzeptiere, dass ich in der digitalen Diaspora wohne und das DSL technisch bedingt nicht so schnell ist.
Ich akzeptiere auch, dass Ihr kein oder am liebsten so wenig Geld wie möglich in die Hand nehmen wollt, um das zu ändern.
Dafür nehmt Ihr aber sehr gern jeden Monat zwischen 70 und 120 Euro von uns entgegen für unsere zwei ISDN-Anschlüsse, für die Tierarztpraxis, für uns privat und für die Schwiegermutter.

Leider schießt Euch Eure eigene Bürokratie dabei ins Knie, die Kunden halbwegs zufrieden und dafür ganz bei Euch zu behalten.

Wie gesagt, bis Pfingsten war ich mit meinem DSL in Berstadt halbwegs zufrieden. Und was ist dann passiert?

Ich fange am Besten mal am Anfang an ... Vor einigen Jahren bin ich durch einen riesengroßen Zufall und noch mehr Glück in Euer Pilotprojekt "RAM" hineingekommen - Ihr werdet wissen, was RAM ist, oder? Das ist die DSL-Variante mit variabler Geschwindigkeit, die sich an die Leitungsqualität anpasst ... "R"ate "A"daptive "M"ode.

Mit diesem RAM hatte ich im Schnitt 1500-1800 KBit/sek., und das ist für mich ein ziemlich guter Wert. Damit konnte ich von zuhause aus arbeiten und meine Familie konnte auch noch ein bißchen surfen, ohne mich beim Arbeiten zu behindern.
Mit gelegentlichen Aussetzern in der Größenordnung von zwei bis fünf Minuten so alle paar Wochen konnte ich leben. In dieser Ausfallzeit haben sich mein Modem und die Gegenstelle neu auf die Geschwindigkeit geeinigt. Das war soweit ok. Das ist schon eine ganze Menge Lebensqualität, wenn ich nicht jeden Tag nach Frankfurt ins Büro fahren muss. Das sind pro Tag 95 Kilometer, die ich nicht fahren muss. Überlegt Euch mal, was das für den Umweltschutz bedeutet!

Leider ist Euch bei meiner Aufnahme in dieses Pilotprojekt ein bürokratischer Fehler passiert. Dieser neue Zustand spiegelt sich nämlich nicht in Euren Akten wieder, in den sogenannten Stammdaten. Das ist aber nie aufgefallen. Ich habe bislang nie Grund gehabt, an Euch zu zweifeln.

Aber kurz vor Pfingsten, wie gesagt, ist bei Euch irgend etwas passiert. Ich hatte einen fast zweitägigen Ausfall, und in meiner Verzweiflung habe ich dann doch mal die Firmenkundenhotline angerufen (meine Frau ist Firmenkunde mit ihrer Tierarztpraxis).

Die Hotline stellte natürlich sofort die Diskrepanz fest zwischen dem technischen Zustand "2000 RAM" und den bürokratischen Zustand "DSL 384". Statt auf mein inständiges Flehen zu hören und auf die Versicherung, dass "2000 RAM" jahrelang funktioniert hat, habt Ihr einfach den bürokratischen Aktenstand auch technisch zum Fakt gemacht. Seitdem habe ich also nur noch DSL 384 und, ganz ehrlich gesagt, ich leide darunter. Es bedeutet nämlich, dass ich zwar halbwegs arbeiten kann, aber sobald jemand an einem anderen PC auch nur die Maus bewegt, ruckelt es ganz entsetzlich.

Beim nächsten Telefonat mit der Hotline hatte ich eine wahnsinnig nette Dame, die mir aber auch nicht helfen konnte, weil Euer Computersystem es nicht zulässt, meinen DSL-Anschluss auf "2000 RAM" zu stellen. Die Geo-Datenbank habe für meine Region nur "DSL 384" im Angebot, und etwas Schnelleres einzutragen, erlaube das Computersystem deshalb nicht.

Übrigens kann ich das auch praktisch belegen, dass ich jahrelang eine DSL-Geschwindigkeit zwischen 1500 und 1800 KBit/sek. hatte, ich habe nämlich regelmäßig mit einem cron-Job auf meinem Server (fragt mal einen Techniker bei Euch ...) mit wget die Statusseite meines DSL-Modems ausgelesen und die Geschwindigkeit aufzeichnen lassen. Nur mal so als Hinweis, falls Ihr mir nicht glauben wollt.

Leider sind wir örtlich so ungünstig gelegen, dass wir das Wölfersheimer Angebot mit Internet über Funk (von der Firma OR Networks) nicht nutzen können, da wir keine Sichtverbindung zur Basisstation haben. Ich bin auch kein allzu großer Freund von Funklösungen, ich würde sehr gern bei Euch bleiben und eine halbwegs zuverlässige Kabelverbindung zum Internet haben.

Tja, und gestern nun rief zu meiner großen Überraschung eine Dame von Vodafone an und bot mir LTE an. Je nach Portemonnaie könnte ich von 3600 bis zu 21200 KBit/sek. wählen.

Allerdings muss ich dazu auch telefonie-mäßig zu Vodafone wechseln. Euch geht also ein Firmenkunde mit zwei ISDN-Anschlüssen und DSL verloren. Und das nur, weil Eure Bürokratie nicht zulassen will, dass der Service mir wieder "2000 RAM" auf meinem DSL-Port einschaltet.

Vielleicht können wir noch mal drüber reden? Wie gesagt, Kabel ist mir lieber als Funk, aber noch lieber ist mir Geschwindigkeit, dafür würde ich sogar über meinen Schatten springen und eine Funklösung akzeptieren.

Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Seeling

10.09.2012

Unser Leserbrief zu "Beförderung nur zur nächstgelegenen Schule" (Bericht über die VGO in der WZ vom 05.09.12)

Am 05.09. war in der WZ ein Bericht zu einer Pressemitteilung der VGO zu lesen. Diese Pressemitteilung bezog sich darauf, dass es Elternbeschwerden über zu geringe Buskapazitäten bei der Schülerbeförderung gibt (z.B. in früheren Artikeln hier und hier und in Leserbriefen an die WZ), und dass sogar Schüler an der Bushaltestelle zurück gelassen werden.
Besonders absurd ist die Situation, dass Kinder in Nieder-Wöllstadt aus dem Bus aussteigen sollen, mit der S-Bahn nach Bad Nauheim fahren und dort in exakt diesen Bus wieder einsteigen müssen, damit z.B. die Kinder aus Ober-Wöllstadt Platz im Bus finden (die S-Bahn fährt Ober-Wöllstadt bekanntermaßen nicht an).

Zu dieser Stellungnahme der VGO habe ich (mit meiner Frau zusammen) mal wieder einen Leserbrief verfasst. Da die WZ ein Limit von 600 Worten bei Leserbriefen setzt, gibt es hier die Langfassung. Bei der Kurzfassung entfallen die Absätze über spezifische Wölfersheimer Probleme. Dieser Brief wurde auch in Kopie an die Wölfersheimer Schulleitungen und persönlich an Hr. Klein und Hr. Landrat Arnold geschickt.

Leserbrief zum Thema "Beförderung nur zur nächstgelegenen Schule"

Lieber Herr Klein von der VGO, mit Ihrer Äußerung "Wenn sich die VGO an die Entscheidungen des Kreises hält, kann die Politik nicht verlangen, dass wir zusätzliche Busse oder gar Linien einrichten, um Kinder zu einer nicht zuständigen Schule zu befördern, ohne dass der Kreis die Kosten hierfür übernimmt", verschicken Sie eine Pressemitteilung, die gänzlich am Thema vorbeigeht.

Die Beschwerden der Eltern, die bislang in der Öffentlichkeit diskutiert wurden, beziehen sich darauf, dass die Schulbuslinien nicht genügend Kapazität aufweisen und deshalb Schüler an der Haltestelle zurückbleiben müssen oder im Bus ein fürchterliches Gedränge entsteht.

Wenn Sie nun die Frage ins Spiel bringen, ob Schüler an die nächstgelegene oder eine andere Schule fahren, sollten Sie die Leser anstandshalber auch informieren, dass die Jahresfahrkarten für diese Schüler von den Eltern bezahlt werden und nur der Anteil der Kosten zur nächstgelegenen Schule hinterher wieder erstattet wird. Diese Fahrkarten bestellen die Eltern übrigens jeweils vor den Sommerferien direkt bei der VGO, also bei Ihnen! Die Namen und Wohnorte der "regulären" Schüler erhält die VGO jeweils weit vor den Sommerferien von den Schulen. Dann erstellt die VGO die personalisierten Schülerjahresfahrkarten (sog. Clever-Cards), die dann noch vor den Ferien über die Schulen an die Schüler verteilt werden. Es sollte mit Hilfe moderner EDV kein großes Problem sein, hieraus den tatsächlichen Kapazitätsbedarf für das kommende Schuljahr zu ermitteln und entsprechende Kontingente bei den Busunternehmen zu bestellen. Seit Jahrzehnten schaffen es Speditionen, "just in time" zu liefern. Dabei lässt kein Transporteur ein paar Kisten am Straßenrand oder im Lager zurück, sondern er fährt bedarfsgerecht. Warum bleibt dann das "Transportgut" Kind auf der Strecke? Vielleicht sollte bei der VGO auch mal ein gelernter Speditionskaufmann die Buslinien auf Basis der vorhandenen Daten optimieren? Dem würde vermutlich rasch langweilig werden, da er ja mind. 8 Wochen Zeit für die Planung hat und dieser Plan dann sogar noch ein ganzes Schuljahr lang Bestand haben kann. Oder will die VGO vielleicht gar nicht bedarfsgerecht arbeiten? 

Statt nun wieder den Schwarzen Peter in Form von Pressemitteilungen hin- und her zu schieben und Zeit zu schinden, schlage ich vor, dass alle Beteiligten (Schulen, VGO, Kreis, ggfs. SEB) sich im Interesse der steuerzahlenden Eltern an einen Tisch setzen und sich daran machen, das grundsätzliche Problem zu lösen.

Diese Gespräche gibt es zwar auch schon jetzt, es wäre aber hilfreich, wenn die Probleme dort endlich mal ernst genommen würden. Es ist jedenfalls vollkommen sinnlos, jetzt wochenlang über Pressemitteilungen zu kommunizieren und die Schüler (mit beginnendem Herbst) buchstäblich im Regen stehen zu lassen. Das Schuljahr läuft bereits seit vier Wochen!

Die o.g. Verschleppungstaktik hat sich allerdings seit vielen Jahren bewährt. Bei uns gab es vor 9 Jahren ein Problem mit dem Bus zur Grundschule. Die Eltern beschwerten sich, sie zählten Kinder, sie schrieben Briefe, es gab Pressetermine ... Geschehen ist nichts! Durch die natürlichen Schwankungen der Geburtenrate hat sich das Problem dann bei uns binnen 2 Jahren erledigt. Allerdings nur, um an anderer Stelle im Kreis wieder aufzutauchen. Es ist also keineswegs so, dass kreisweit Hunderte von Bussen zusätzlich fahren müssten! Es wird eher darauf hinauslaufen, dass dieses Jahr z.B. in Wölfersheim und nächstes Jahr vielleicht in Friedberg und übernächstes Jahr vielleicht in Karben zusätzliche oder größere Busse benötigt werden.

Da die Anzahl der Fahrkinder bekannt ist, erwarten wir ausreichende Kapazitäten zu den Zeiten, an denen Schüler befördert werden müssen. Die VGO kennt diese Anzahl. Sie wird seit langem vor Schuljahresbeginn von den Schulen an die VGO gemeldet. Es sollte ein leichtes sein, von den Schulen außerdem zu erfahren, wieviele Kinder zur 4., 5., 6. usw. Stunde die Schule verlassen, und entsprechend dieser Meldungen kleine, große, Gelenk- oder sogar zwei Busse einzusetzen. Wenn (ein fiktives Beispiel) zur 6. Stunde der Singbergschule 100 Kinder einen Bus in eine bestimmte Richtung benötigen, ist es sinnlos, diese Linie mit einem 40-sitzigen Bus zu befahren.

Herr Klein (und alle anderen beteiligten Institutionen), bitte unterlassen Sie themenfremde Nebelkerzen wie die "nächstgelegene Schule" und weitere Pressemitteilungen, außer, sie kündigen darin eine Lösung an. Wir Eltern erwarten Lösungen und kein Aussitzen des Problems wie in den vergangenen Jahren.

[ab hier Langfassung]

In Wölfersheim kocht es übrigens auch seit 2 Jahren gewaltig. Hierzu eine fiktive Rechenaufgabe: 100 Kinder mit Fahrtrichtung Berstadt-Wohnbach haben nach der 6. Stunde der Singbergschule aus. Die VGO hat einen 40-sitzigen Bus mit zusätzlichen 25 Stehplätzen beim Busunternehmen bestellt. Wieviele Kinder bleiben dann am Singberg stehen? Oder wie gut kann ich die Kinder quetschen, damit noch ein paar mehr hineinpassen? Wussten Sie eigentlich, dass die Kapazitätsangaben der Stehplätze gar nicht nach dem vorhandenen Platzangebot, sondern aus der zulässigen Achslast und dem Durchnittsgewicht Erwachsener errechnet werden? Dies ist genau dasselbe wie bei den Angaben in Fahrstühlen. Lesen Sie mal, wieviele Leute da so theoretisch reinpassen würden und probieren Sie es mal mit Ihren Kollegen aus! Der ehemalige Landrat Herr Gnadl hat dies vor wenigen Jahren eindrucksvoll bei einer Tagung des Hessischen Landeselternbeirates in Karben vorgeführt, und die Herren hatten nicht einmal Schulranzen dabei. 

Bei der Gelegenheit könnten Sie sich bitte auch mal endlich des Problems annehmen, dass vor den Ferien nach dem Hessischen Schulgesetz Unterricht von der 1. bis zur 3. Stunde zu erfolgen hat, es aber überhaupt keine Busse und Bahnen gibt, die nach der 3. Stunde fahren. Im Rahmen der jährlich stattfindenden Regionalgespräche (Schulen, Verkerhsbetriebe, VGO und ZOV) wurde dieses Thema mehrfach angesprochen und immer wieder abgewiegelt. Das Ganze ist an unserer Jim-Knopf-Grundschule in Södel besonders absurd, da die hier fahrenden Busse *ausschließlich* die Kinder befördern. Die Schulleitung hat nun schon extra den Unterricht von Stunde 2 bis Stunde 4 gelegt, damit es überhaupt möglich ist, nach Hause zu kommen. So fährt dann also ein leerer Bus vor der ersten Stunde, ein supervoller vor der 2. Stunde, ein supervoller nach der 4. Stunde und zwei leere Busse nach der 5. und 6. Stunde. Es sei nicht möglich, diese leeren Busse ausfallen zu lassen, und statt dessen einen Bus mehr zur 2. und zur 4. Stunde zu schicken. Man könne Linienbusse nicht ausfallen lassen, im Fahrplan steht aber schon "S= an Schultagen", also bitte!  Meine Kinder fahren seit 7 Jahren zu dieser Grundschule, es ist noch nie ein anderer Fahrgast mit dem Bus gefahren. De facto handelt es sich also um einen "Schulbus". Verzeihung, das ist das böse Wort, denn wenn es ein Schulbus wäre, würde ja auch Anschnallpflicht im Bus herrschen, und das geht ja gar nicht! Soviel habe ich schon verstanden, die Beförderung soll, bitte sehr, so billig wie möglich sein -- Sicherheit zählt da wenig. Übrigens ist ein überfüllter Bus nicht nur eine Frage des Komforts. Wenn kleinere Schüler mit Ranzen im Gang stehen müssen und es dort nicht mal überall Haltegriffe an den Sitzen gibt, ist das in allererster Linie eine Frage mangelnder Sicherheit, und die Bemerkung, es gehe um "Komfort", ist mehr als zynisch. Dafür sollten Sie, Herr Klein, sich bei den Betroffenen besser entschuldigen! 

31.08.2012

Das neue Nexus 7-Tablet

Am Montag nachmittag bestellte ich im Google Play-Store das nun auch in Deutschland erhältliche Nexus-Tablet, das von Asus gebaut wird.
Diverse Testberichte hatten mich schon  ganz (neu-)gierig gemacht ;)

Am Mittwoch ist es recht fix eingetroffen und die Inbetriebnahme war sehr entspannt. Der Akku war schon halb geladen, die Einrichtung mit meinem Google-Konto ging schnell, und dann fing automatisch die Installation der ganzen Apps an, die auf irgendeiner meiner bisherigen Kisten drauf sind oder waren. Leider wohne ich am Ende der Welt und deshalb habe ich mittlerweile nur noch DSL 384, nachdem die Telekom an Pfingsten urplötzlich gemeint hat, sie muss RAM (rate adaptive mode) abschalten und mir die halbwegs annehmbare Geschwindigkeit von bislang ca. 1600-1800 KBit/s auf 406 KBit/s kürzen ;(

Etwas irritierend war, dass das Nexus auch die HRS Hotelsuche installieren wollte, obwohl ich das nie aktiv ausgewählt hatte. Dann fiel mir ein, dass das auf meinem Samsung Galaxy vorinstalliert ist und deswegen wohl unter "Meine Apps" aufgeführt ist. Ging irgendwie schief ... ist mir aber egal, noch nie verwendet. Die vorinstallierten Apps wären übrigens doch fast schon wieder ein Grund, ein Mod-ROM wie Cyanogen drauf zu flashen, aber so wirklich trau ich mich nicht ;)

Beim ersten Einschalten hatte das Tablet noch 4.1 Jelly Bean, aber während der App-Installation kam der Hinweis, dass ein Systemupdate verfügbar sei, und schwupps, schon hatte ich auf 4.1.1 upgedatet ;)

Beim ersten Durchlauf hatte ich bei der Konfiguration meinen WWW-Proxy angegeben. Den nachher wieder zu entfernen, war etwas trickreich, weil ich bislang nur Froyo 2.2 und Gingerbread 2.3.3 gewöhnt war, und dort gibt es gar keine Möglichkeit, einen Proxy festzulegen. (Wer's braucht: der Proxy wird pro WLAN-Definition eingestellt, und man muss auf einer WLAN-Verbindung lang drücken und dann "Netzwerk ändern" aufrufen. Dann kann man den Proxy wieder auf "Kein" stellen). Mit der MAC-Adresse bekam das Tablet dann auch eine feste IP in meinem DHCP-Server und freien Zugang via iptables auf dem Linux-Server.

Die technischen Daten sind sicherlich bekannt: 1280x800 HD-Auflösung, 1,3 GHz, Tegra 3-Grafik, 1 GB RAM, 7.5 GB ROM, ca. 6 GB freier Speicher bei der 8GB-Version. Kein SD-Slot, kein HDMI-Anschluss. Es gibt einen Micro-USB-Anschluss, der auch zum Aufladen dient. Das Tablet kann sich als MTP- oder PTP-Gerät am USB-Host anmelden (Multimedia- oder Photogerät, einstellbar im Menü); "Massenspeicher" wie beim Samsung Galaxy gibt es nicht. Auf der linken Seite unten gibt es in den Rand eingelassen vier Kontakte, die auch genauso in der Kurzanleitung beschrieben werden ("4 Kontakte"). Wofür das gut sein soll, wird sich erst noch zeigen. Vielleicht eine Dockingstation oder ähnliches, mehr findet sich bislang nirgends.

Unter Linux konnte ich zwar nach dem Einstecken des USB-Kabels mit "lsusb" sehen, dass ein Google-Gerät angeschlossen ist, aber der Automounter hat mir kein Filesystem gezeigt. Mit Helfern wie AndFTP und AndSMB zum Filetransfer habe ich dann Dateien, die ich auf dem Tablet haben wollte, mit WLAN überspielt. [Update: ein bißchen Suchen im Web bringt zutage, dass seit ICS nur noch MTP/PTP statt USB Mass storage unterstützt wird, damit die Geräte ext3 statt FAT verwenden können und der Speicher im Androiden nicht mehr exklusiv an den Host "verliehen" wird. Das hat den Nachteil, dass man mit udev-rules spielen muss und z.B. mtpfs oder jmtpfs installieren muss, um das Gerät unter Linux zu mounten.]

Der Bildschirm spiegelt stark und hat ein sehr gutes, brillantes und lichtstarkes Bild. Der Touchscreen reagiert auf sehr leichte Bewegungen; das Gorillaglas fühlt sich sehr gut an; allerdings irritierte mich schon mehrmals, dass trotz Klickgeräusch manchmal Buchstaben beim Tippen gefehlt haben. Kann aber auch mein Fehler gewesen sein.

Das Gewicht ist tragbar im Sinn des Wortes. Es hält sich wesentlich besser in der Hand als mein bisheriges Archos 10"-Gerät. Der Ersatz mit dem 7"-Formfaktor war der Hauptgrund für die Anschaffung, und natürlich die Kombination aus guter Hardware und gutem Preis ;). Außerdem wollte ich unbedingt ein "Google Nexus"-Gerät ohne Hersteller-Schnickschnack haben, das *schnell* Updates bekommt.

Es ist nämlich ein Trauerspiel, wie lang sich die Hersteller Zeit lassen, um Updates an ihre Modelle anzupassen. Insbesondere ärgert mich das, weil das Galaxy i9000 offiziell bei 2.3.3 stehengeblieben ist, obwohl die nachfolgenden Updates bis einschließlich 2.3.7 bekanntermaßen Sicherheitsupdates waren. Es gibt zwar geleakte Fassungen bis hin zu 2.3.7, aber ehrlich gesagt trau ich mich nicht. Ich schätze, mein nächstes Telefon (vielleicht schenk ich mir das selbst zum Geburtstag ...) wird ein Galaxy Nexus S werden, auch wenn es nicht mehr das aktuellste Modell ist. Das Galaxy S3 ist mir schon wieder zu klobig und zu groß, auch wenn es einige interessante Features hat.

Android 4.1 hat wirklich, wie in allen Berichten bislang geschrieben, einen hohen "Flutschfaktor". Die Animationen sehen einfach klasse und sehr geschmeidig aus. Ich denke, dass das mit zu einem hohen WAF beitragen wird (Woman's Acceptance Factor). Das ist nochmal einen Tick schöner als beim S2 meiner Tochter mit 4.0.3. Etwas gewöhnungsbedürftig am Anfang ist die Tatsache, dass das Tablet keine einzige Taste mehr hat, die gesamte Bedienung (zurück, home, menü) geschieht über virtuelle Touch-Tasten. Insbesondere die Menü-Taste vermisse ich. Hier ist Android 4.x inkonsistent: in manchen Apps erscheint ein Menü-Knopf rechts oben unter der Statusleiste, in anderen ist der Knopf rechts unten in der Leiste mit zurück/home/letzte Programme. Das gefällt mir weniger.

Meine eigene App für die Wetterauer Tierarzt-Notdienstgemeinschaft funktioniert einwandfrei unter 4.1; bislang hatte ich sie nur auf 2.2 und 2.3 im Emulator und in "echt" testen können. Wie beabsichtigt, erkennt die App das Tablett ohne Telefonfunktion und deaktiviert die Buttons für die Telefonnummern. Sehr schön!

Dann hab ich mir ein wenig Musik überspielt. Der Klang ist sehr angenehm, am unteren Ende auf der Rückseite gibt es eine Lautsprecheröffnung, die ein bißchen Baßreflexfunktion hat. Man kann damit gut leben. Auch die Musik über den Kopfhörerausgang klingt passabel. Der eingebaute Musikplayer ist ein Trauerspiel an Bedienbarkeit. Je nach Menüansicht kann man den Equalizer im Menü aufrufen oder nicht. Die Handhabung von Playlists ist auf maximale Umständlichkeit ausgelegt. Es gibt keinen eingebauten Filemanager wie beim Archos oder Galaxy; ich habe mir willkürlich zum Ausprobieren den "ES File Manager" installiert. Selbst damit ist es sehr schwierig, sich Playlists zusammenzustellen. Man kann nicht einfach ein Unterverzeichnis als Playlist übernehmen, um z.B. alles von einer Gruppe oder einem Sänger zu sammeln. Hat jemand Vorschläge für bessere Musikplayer?

Den beigelegten Film "Transformers 3" konnte ich bislang nicht ansehen, für HD-Streaming fehlt mir die Bandbreite, siehe oben ;(. Herunterladen ist anscheinend bei Play Movies nicht vorgesehen. Er wird mir im Store unter "Meine Leihfilme" angezeigt. Ob das eine Zeitbegrenzung hat, werde ich wohl herausfinden müssen.

Ich bin beeindruckt von der Akkuladung. Nach 3 Stunden Standby mit eingeschaltetem WLAN und Bluetooth hatte ich mittags immer noch 95% Akkuladung; am Abend stand die Anzeige ("Quick Battery") bei 86%, obwohl ich zwischendurch einiges an Surfen, Musik und Google Play ausprobiert habe. Über Nacht hatte ich WLAN und Bluetooth ausgeschaltet, und am Morgen war die Akkuladung bei 70%. Das finde ich ziemlich gut, hängt aber natürlich davon ab, wie intensiv das Gerät benutzt wird. Beim IPS-TFT-LCD, das hier zum Einsatz kommt, hängt der Stromverbrauch hauptsächlich davon ab, wie häufig und wie schnell sich das angezeigte Bild ändert. Erwartungsgemäß wird der Akku also beim Filmgucken oder Spielen deutlich schneller leer sein, als wenn man surft oder nebenher beim Fernsehschauen ein wenig in der Wikipedia oder bei IMDB recherchiert.

Am Nachmittag kam dann passend die Meldung, dass Amazon jetzt auch einen Android App Store anbietet. Als Werbeangebot gab es gestern "Angry Birds werbefrei" für umme, und das konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Das Spiel sieht gut aus und läuft einwandfrei, genau wie Temple Run. Die Spiele machen richtig Spaß, insbesondere die Spiele, die mit Bewegungssensor funktionieren, flutschen richtig gut im Gegensatz zum 10"-Tablet, und das *etwas* größere Bild im Vergleich zum 3.5"-Galaxy ist schon richtig klasse.

Fazit: ich bin begeistert. Ob man nun die 8- oder 16GB-Version kauft, hängt an der Überlegung, wieviel Musik und Filme man überspielen will und ob 8GB wirklich den Aufpreis von 199 zu 249 Euro rechtfertigen. Für mich persönlich reichen 8GB.

Update:
für 199 Euro gibt es mittlerweile die 16 GB-Variante, für 249 Euro 32 GB statt 16, und für 50 Euro Aufpreis kann man auch ein Tablet mit Mobilfunktechnik (UMTS, HSPA) kaufen. Die 8 GB-Version wird nicht mehr angeboten. Zu früh gekauft ;)
Das Tolle an den Nexus-Geräten ist, dass sie nahezu sofort die Android-Updates bekommen. Mittlerweile sind mein Galaxy Nexus und das Nexus 7 beide auf 4.2.2 angekommen. Das S2 meiner Tochter dümpelt bei 4.1.2 herum.

Update:
* Link zu meiner Android-App entfernt
* Link zum DSL-Trauerspiel (RAM) hinzugefügt

27.08.2012

[en] Carpe Jugulum Theater play in Hanau, Germany

In DWM#184 there was an announcement for a theater play of Carpe Jugulum after the book by Sir Terry Pratchett.

Finally a theater play in Germany! I've been scanning the announcements in DWM for years and longing for a performance somewhere locally. And local it was, Hanau is only 40 km away from where I live. I wouldn't have missed this under any circumstances!

I did a bit of searching beforehand to find out about the actors, and the web search brought up a theater group but I was astonished to find them "Die Dramateure" located in Zurich, Switzerland. Since their agenda did not include Hanau I assumed there's another group not yet appearing with their own web site, thusly not known by search engines. And yes, "Die Dramateure" is also the name for a group of students of the "Hohe Landesschule" in Hanau. (The contents of the page seem a little bit outdated but I include it anyway for your curiosity).

And now for something completely different: let's talk about the play!

The play took place in said school, and though it was not crowded it was very well attended. The weather was very hot and humid, kind of tropical, with still more than 30 deg. C (nearly 80 deg. F) in the evening. The play started 19.30, with a short break at around 20.30, and finished at 22.00. In the lobby you could buy some beverage and snacks which was absolutely fine concerning the weather ;)

Since it was a school play most of the audience were parents and other relatives of the actors, plus perhaps some teachers. I admit I didn't investigate if any other visitors dropped in after reading the DWM announcement.

In one short sentence: it was absolutely great, and I loved it as much as my children (9 and 12). My 12-year old daughter just started reading Pratchett (I suggested to start with "Nation", in german "Eine Insel"), and she already knew some Discworld details from me. My 9-year old son didn't know anything about Discworld, but knows everything about vampires ... or vampyres which is more modern ;). They enjoyed the play as much as I.
If you're a keen Pratchett reader like me you know that the story basically takes place at two locations: King Verence's castle in Lancre where the baptism of the royal baby is about to be celebrated, and the d'Elstyr's (Magpyr's) castle in Uberwald, where the final showdown happens between the witches and the vampi^Hyres. I was at a loss a little bit because I only read the english books since "Pyramids", and so I realized quite late that most names are translated in the german books. For example the Omnian priest (Quite Reverend Oats) is "Mächtig Himmelsang" in the play (which translates back to something like "mighty song of the heavens").

The stage had a very minimalistic setup, but the actors made it appear like the real castles in our imagination. Nanny Ogg was the most present actor on the stage, followed by the narrator who introduced the audience to the Discworld and also gave some explanations throughout the play (he also played Verence sometimes ...).

My son and I liked the Igor most who did a wonderful job of crouching and lurching, and saying things like "the old mathter wath a real gentleman" (of course he lisped in german). The next best was Igor's dog Thcrapth ("Fetzen").

Although Granny Weatherwax is per definition the most present witch ever she was a bit underrepresented in the play and her voice and appearance could have used a bit more power. Oats did a very good job of showing his doubt about knowledge and belief and the final fighting scene between him and the count was graciously "[censored]" by a huge poster carried by two stage helpers.

Agnes and her second self Perdita were played by two nice young girls dressed alike and Perdita was a wonderful inner voice to Agnes. There were some fine-grained local adaptations which were well accepted by the audience, notably the bridge guard spoke a sort of hessian-turkish lingo which was very funny, and the Magpyr castle dungeons were called "hola dungeons" (hola being the abbreviation for the Hohe Landesschule).

In general I recommend the theater group of this school and I hope that they will come up with another Pratchett play in the future. I have little hope though because some of the actors were in their finals or even had left the school but returned for the play. Kudos for that!
The audience gave long and well-earned applause and standing ovations.

The website is a bit old-fashioned and promises to get updated real soon. In the lobby were ads for other theater plays like Shakespeare's "Sturm" but I cannot tell how you could access the agenda unless you have personal connections to the school.

[de] Carpe Jugulum ("Ruhig Blut!") Theatervorstellung in Hanau

In der Ausgabe 184 von Discworld monthly gab es eine Ankündigung, dass - endlich! - ein Stück von Sir Terry Pratchett in Deutschland aufgeführt wird.
Dabei handelt es sich um das Stück "Ruhig Blut!" (orig. "Carpe Jugulum" - analog zu Carpe Diem - nutze die Halsschlagader).

Endlich, endlich eine Theateraufführung von der Scheibenwelt in Deutschland, und auch noch so bequem in der Nähe! Ich konnte es kaum glauben, dass tatsächlich in Hanau an der Hohen Landesschule eine Aufführung stattfindet. Das wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen!

Ich habe vorher mal meine übliche Suchmaschine angeworfen, um etwas über die Theatergruppe "Die Dramateure" herauszufinden, und bekam einen Treffer in Zürich geliefert. Ich wollte schon beeindruckt sein, dass sie ein Gastspiel in Hanau geben, aber der Terminplan der Website hat nichts über Termine in Deutschland verraten. War wohl nix ... "Die Dramateure" ist ebenfalls der Name der Theatergruppe an der Hohen Landesschule in Hanau, wo das Stück aufgeführt werden sollte.

Das Stück wurde an zwei Terminen aufgeführt, ich hatte mir den ersten Termin am Freitag vorgenommen. Die Bühne ist ein abgeteilter Bereich in der Lobby des Schulgebäudes, nicht über-, aber gut gefüllt. Da es abends um 20.00 Uhr noch über 30 Grad heiß und sehr schwül war, kamen die im Foyer verkauften Getränke bei den Besuchern sehr gut an ;)

Die meisten Besucher waren vermutlich Eltern und andere Verwandte der Schauspieler, die vorher noch wenig bis nichts von der Scheibenwelt gehört hatten. Es gab einen Erzähler, der vor dem eigentlichen Stück einige grundsätzliche Informationen gab, die sicher zum Verständnis ganz nützlich waren. Schwer zu sagen, wieviele hartgesottene Pratchett-Fans anwesend waren, abgesehen von mir ;)


And now for something completely different: jetzt kommt endlich was über das Stück und die Aufführung!

Das Stück sollte um 19.30 Uhr beginnen, hatte eine 20-minütige Pause um 20.30 Uhr, und war um 22.00 Uhr beendet. Es begann mit leichter Verspätung; das war aber nicht schlimm, weil ein Beamer vorab schon einige Infos über die Scheibenwelt und die Schauspieler gab.

In einem kurzen Satz zusammengefasst: es war klasse, und es hat mir und meinen Kindern (9 und 12) sehr gut gefallen. Meine 12-jährige Tochter hat just in den Ferien angefangen, Pratchett zu lesen (Ich habe ihr letztens "Nation", dt. "Eine Insel" geschenkt), und außerdem wusste sie schon einige Details (aus den Filmen, die ich auf DVD habe -- Hogfather, Going Postal, Wyrd Sisters, Soul Music). Mein 9-jähriger Sohn wusste vorher noch nichts über die Scheibenwelt, das war aber nicht schlimm, weil er sich ansonsten schon ziemlich gut mit Vampiren auskennt  ... oder Vampyren, was etwas moderner klingt ;).

Alte Pratchett-Leser wissen natürlich schon über den Inhalt Bescheid: die Geschichte hat hauptsächlich zwei Schauplätze, das Schloss in Lancre, wo die Taufe des königlichen Babys stattfinden soll, und das Schloss der d'Elstyrs (engl. Magpyr) in Überwald. Dort findet dann der große Showdown zwischen den Hexen und den Vampi^Hyren statt. Ich war am Anfang etwas verwirrt, weil ich seit langem nur die englischen Bücher lese, genauer: seit "Pyramids", und deshalb dauerte es ein bißchen, bis ich mich an die eingedeutschten Namen gewöhnt hatte. Der omnianische Priester, im Original der "Quite Reverend Oats" heißt "Mächtig Himmelsang". An und für sich sind die Übersetzungen gar nicht so schlecht, aber natürlich geht immer etwas von Pratchetts Wortwitz verloren. Eine Erklärung der englischen Wortspiele findet sich für alle Bücher in den "Annotated Pratchett Files", und insbesondere hier für Carpe Jugulum.

Die Bühne war sehr minimalistisch; der Thronsaal in Lancre hatte z.B. nur einen Tisch mit Tischtuch und Kerzenständern, und der Saal im Schloss der d'Elstyrs hatte auch nicht viel mehr Ausstattung. Das war aber alles kein Problem, weil alle Schauspieler so gespielt haben, dass die Zuschauer sich immer alles genau vorstellen konnten. Am meisten hat mich Nanny Ogg beeindruckt; sie hatte eine tolle Präsenz und hat gut und lebhaft gesprochen und intoniert. Auch der Sprecher wusste seine Zwischenbemerkungen sehr gut einzustreuen und zu betonen. Ab und zu hat er übrigens den König Verence II gespielt ;).

Mein Sohn und ich mochten den Igor am meisten. Er konnte wunderbar hinken, schlurfen, sich anschleichen und lispeln. Sein Lieblingsspruch war "Der alte Meithter war ein ethter Gentleman". Sein Hund Fetthen (Fetzen) war ein knuddeliges Stofftier mit einem fast unsichtbaren ;) "Puppenspieler". Der Hund "ist 28 Jahre alt ... zumindest Teile von ihm". Er konnte sogar Kunststücke wie "stell dich tot! [zack] - Er erinnert sich!" (ok, der Witz ist nur verständlich, wenn man weiß, dass die Igors wie in Mary Shelleys Buch Frankenstein Tote zum Leben erwecken können).

Obwohl Oma Wetterwachs per Definition die präsenteste Hexe ist, wird sie im Stück dieser Rolle nicht gerecht. Die Schauspielerin spricht und spielt nicht so, wie ich mir Granny aus den Büchern vorgestellt hatte. Sie ist zwar auch in dieser Geschichte nicht Supergirl, sondern hat ihre Zweifel, ob die Vampire besiegt werden können, aber trotz allem ist die Rolle zu schwach ausgefüllt. Der Priester hat seine Rolle sehr gut gespielt und man konnte seine Selbstzweifel, ob er dem Glauben oder dem Wissen zuneigt, gut nachvollziehen. Die finale Szene des Kampfs zwischen ihm und dem Obervampir wurde aufgrund Brutalität mit einer Hellebarde von zwei Statisten und einem Vorhang mit dem Schriftzug "(Zensiert)" gnädig verdeckt.

Agnes und ihr zweites Ich Perdita wurden von zwei identisch gekleideten Frauen gespielt, wobei Agnes einige zusätzliche "Polster" an manchen Stellen hatte, so wie sie auch in den Büchern beschrieben wird (z.B. auch in "Maskerade") -- "in jedem dicken Mädchen steckt ein dünnes Mädchen, das heraus will ... und jede Menge Schokolade". Perdita war eine wundervoll zickige innere Stimme. Es gab einige sehr dezente Anpassungen im Stück, die von den Zuschauern gut aufgenommen wurden, z.B. hat der Brückentroll eine Art schnoddriges Hessisch-Türkisch gesprochen, in etwa wie Erkan&Stefan, und das Verlies im Schloss der Vampire waren die "Hola-Verliese" (Hola als Abkürzung für die Hohe Landesschule).

Im Großen und Ganzen hat es mir sehr gut gefallen, bis auf anfängliche Irritationen über die Namen, aber das hat sich schnell gelegt. Die Schauspieler haben den Geist des Stücks, den Kampf gegen Aberglauben, sehr gut dargestellt. Wenn diese Theatergruppe nochmals ein Stück von Sir Terry Pratchett aufführen sollten, würde ich unbesehen jederzeit wiederkommen! Allerdings füchte ich, dass die Chancen nicht sehr gut stehen, weil eine Lehrerin aus dem Kollegium in ihrer Dankesrede davon gesprochen hat, dass einige der Schauspieler schon ehemalige Schüler sind und andere ebenfalls kurz vor dem Schulabschluss stehen. Trotzdem Respekt!


Das Publikum gab lang und ausdauernd verdienten Applaus und Standing Ovations.

Die Website der HoLa trägt zur Zeit ein Baustellenschild und die Termine sind von 2009. Falls man keine persönlichen Beziehungen dorthin hat, wird es also schwierig, etwas über künftige Aufführungen zu erfahren. Hoffentlich werden die Pratchett-Stücke wieder in DWM angekündigt.
In der Lobby wurde Werbung für Shakespeares "Sturm" gemacht, aber das gehört hier nicht zum Thema ;)

Ehegattensplitting auch für Lebenspartnerschaften

In der WZ vom Montag, 20.08.12, war eine kurze Pressemeldung, dass Hr. Kauder und auch Hr. Bouffier die Ausweitung des Ehegattensplittings auf eingetragene Partnerschaften ablehnen, weil die aktuelle Politik "Familien mit Kindern" unterstützen will.

Dazu habe ich (mal wieder) einen Leserbrief geschrieben ...

Leserbrief zu “Ehegattensplitting für Lebenspartnerschaften”, WZ 20.08.12

Ich finde es sehr löblich von Hr. Kauder, dass er "hauptsächlich Familien mit Kindern" unterstützen will. Aber wenn er das Ehegattensplitting für Lebenspartnerschaften ablehnt, zeigt er nur, dass es ihm in Wirklichkeit nicht um die Kinder geht.

Er sollte dann auch so ehrlich sein und zugeben, dass das Ehegattensplitting hauptsächlich *Ehepartnern* zugute kommt, bei denen einer wenig (... bis gar nichts) und der andere deutlich mehr verdient.
Das Ehegattensplitting stellt insbesondere keine Steuergerechtigkeit für Familien *mit Kindern* her! Es ist nur ein Nebeneffekt, dass diese Steuerformel auch Einverdienerfamilien mit Kindern zugute kommt.

Er unterstützt also im Einklang mit seiner konservativen Partei hauptsächlich den Lebensentwurf "Familie" (nur hetero ...) und nicht den Lebensentwurf "Paar mit Kindern". Das setzt den falschen Akzent! Familien müssen in die Lage versetzt werden, sich um ihre Kinder zu kümmern.

In Zukunft werden Patchworkfamilien ohne Trauschein und Lebenspartnerschaften immer mehr zunehmen. Dazu braucht es keine Kristallkugel.
Es wird Zeit, dass das Steuerrecht hier grundlegend reformiert wird! Es gibt viel zuwenig oder an den falschen Stellen Unterstützung für Familien, da hat Hr. Kauder wie gesagt recht. Aber er sollte den Mut haben, dagegen etwas zu tun und nicht ein Instrument aus den 50er Jahren weiter am Leben zu erhalten, das nur die Einverdienerfamilie und das damit verbundene Weltbild zelebriert und zementiert.

Das Kindergeld bzw. die entsprechende Steuerentlastung liegt bei lächerlichen (ca.) 3000 Euro pro Jahr pro Kind, fast unabhängig vom tatsächlichen Einkommen.
Das Ehegattensplitting ohne irgendeine Gegenleistung an den Staat (kinderlose Paare) führt bei einem Einkommen von 100.000 Euro zu 9.000 Euro Steuerentlastung, bei 1.000.000 Euro zu satten 17.000 Euro Steuerentlastung.
Schon ab einem Jahreseinkommen von ca. 22.000 Euro bekommt man mehr Steuervorteil durch den Einverdienerstatus als durch Kinder!
Der Steuervorteil des Ehegattensplittings wächst progressiv, der durch Kindergeld ist nahezu unabhängig vom Einkommen.
[Zahlen entnommen dem Bronski-Blog der Frankfurter Rundschau, 26.02.12, dort ging es um die damals diskutierte Abgabe für Kinderlose]

Ich würde gern von Hr. Kauder wissen, wo er hier die Gerechtigkeit und seine behauptete Unterstützung für *Familien* sieht. Das französische Modell des Steuersplittings scheint mir ein Ansatz zu sein: hier wird nicht das Gesamteinkommen durch zwei (Ehepartner) geteilt, sondern entsprechend der Anzahl der Kinder durch drei, vier usw., und daraus die Steuerlast ermittelt. Alternativ könnte man das Ehegattensplitting auf Paare beschränken, die Kinder aufziehen und die hier Einschränkung auf (Hetero-)Ehe fallen lassen.

Meiner Meinung nach müssen Lebenspartnerschaften im Gesetz nicht nur die Pflichten, sondern analog auch alle Rechte bekommen. Es kann nicht sein, dass der Staat z.B. die Fürsorgepflicht auf den Lebenspartner abwälzt, aber umgekehrt alle Vorteile weiterhin für sich reklamiert (Erbrecht, Unterhalt, Steuerrecht usw.). Allein im Interesse von Hr. Blüm ("Die Renten sind sicher") sollte sich die Regierungspolitik darum kümmern, dass Kinder optimal gefördert werden, damit sie später das Umlagesystem weiter finanzieren können.
Noch eine Fußnote dazu: das Ehegattensplitting kostet den Staat ca. 15 Mrd. Euro jährlich. Es wäre interessant, wie hoch der Anteil an kinderlosen Paaren ist, die vom Ehegattensplitting (m.E. unberechtigt) profitieren.

10.08.2012

Mathematiker, kommst Du nach Griechenland ...

vergiss nicht, im Souvenirshop ein "pi" zu kaufen!

Men in Black 3 und die Zeitreisen

Gestern abend fand die erste Veranstaltung des Wölfersheimer Kinosommers statt. Gezeigt wurde im Hochseilgarten am See in Geisenheim "Men in Black 3" (Trailer hier). Für Verpflegung sorgte der Förderverein der Wölfersheimer Schulen, für Getränke-Ausschank der FC Wohnbach. Beim Film am Freitag (Ice Age 4) bin ich übrigens für den Förderverein an der Theke ;)

Wow, was für ein atemloser Film! Eine Action-Szene nach der anderen.

Am Anfang war natürlich jedem klar, dass die Besucherin etwas im Schild führt ... nur den Wärtern nicht. Die erste Pointe war dann, dass das Gefängnis sich auf dem Mond befindet. Genial gemacht. Wer die Frau ist und wie sie mit Torte auf den Mond gelangt ist, wurde nicht erklärt. Dafür hat sie ganz schön scharfe Stiefel an, das macht alles wett ;)

Agent K war wesentlich kühler, als ich ihn aus den ersten beiden Teilen in Erinnerung hatte, aber das erklärt sich gegen Ende des Films; das gehört zum Plot ;)

"Amazing grace" auf dem Dudelsack gespielt hat mir anlässlich der Trauerrede für Zed auch sehr gut gefallen. Echte Teamarbeit ;)

Von einem Moment auf den anderen ändert sich die Zeitkontinuität, und genau während eines Telefonats zwischen J und K verschwindet K mitsamt seiner Wohnungseinrichtung; dort wohnt plötzlich eine junge Mutter.

Die neue Chefin O kommt fast sofort auf die Lösung: entweder wurde J von einer tödlichen Gehirnzecke befallen oder die Kopfschmerzen resultieren aus einer Zeitveränderung. Die angreifenden Raumschiffe erinnern an eine Mischung aus Tripods und Quallen. Sehr schöne CGI und sehr organische Bewegungen.

Hier kommen für SF-erfahrene Zuschauer schon die ersten Fragen auf: wenn K seit 40 Jahren tot ist (umgekommen beim Kampf gegen Boris kurz vor dem Start von Apollo 11), warum ist J dann trotzdem Agent bei den MIB? Im Prinzip hat sich fast nichts an der Jetzt-Zeit geändert, außer, dass J einen neuen Partner hat.

Sehr schöne Pointen auch im Jahr 1969 ... Andy Warhol ist Agent W mit weißer Perücke und denkt sich den ganzen Quatsch mit Konservendosen usw. nur aus Verzweiflung aus, weil ihm nix künstlerisches einfallen will - witzig gemacht. "The Factory" ist natürlich aus der Popkultur und Trivial Pursuit bekannt und z.B. auch aus der Android-App Quizoid. Mick Jagger ist ein Außerirdischer (genau wie Michael Jackson im ersten Teil) mit dem Auftrag, sich mit möglichst vielen Erdenfrauen zu paaren ... mission accomplished ;)

Die Voraussage von Griffin war gewollt mehrdeutig ... "wo der Tod war, muss der Tod sein". Könnte man so interpretieren, dass der junge Boris nicht verhaftet, sondern von Agent K getötet wird, dann wäre das auch 1:1 aufgegangen.

Den Trick mit dem zweifachen Angriff auf den 2012-Boris fand ich sehr cool: beim ersten Angriff merken, was passiert, mit der Zeitmaschine einige Sekunden zurückspringen und beim zweiten Angriff allen abgeschossenen Pfeilen ausweichen ;)

Zuerst hat's mich gewundert, warum J nicht einfach vom Gerüst der Mondrakete gesprungen ist, um in seine Zeit zurückzukehren. Er verlässt stattdessen mit einer Gondel wie K vor ihm die Saturn V und beobachtet den Showdown zwischen K und Boris. Dabei erfährt er, dass der Colonel, der ihnen geholfen hat, sein Vater ist, der getötet wird, und K ihn dann "blitzdingst".

Schöne Pointe am Schluss, wenn auch bitter. J hat also K gerettet um den Preis einer Kindheit mit seinem lebenden Vater. Damit muss man auch leben lernen ...

Die weiteren Konsequenzen von Zeitreisen werden nicht weiter thematisiert; nach der Rückkehr scheint alles soweit wie vorher, was an sich recht überraschend ist, weil Boris ja nicht ins Gefängnis kommt, nicht ausbricht, nicht während der Flucht zahlreiche Wärter tötet usw.usf.

Ein unmittelbarer Logikfehler ist allerdings schon drin: Boris ist ja eher der kompromißlose Bösewicht; warum tötet er ausgerechnet Jeffrey nicht, nachdem der ihm die Zeitmaschine gegeben hat? Und warum lässt er die zweite Zeitmaschine zurück?
Aber das hätte bei einem Film mit eher unterhaltsamem Anspruch auch zu weit geführt.
Sanfter wäre m.E. gewesen, den "jungen" Boris wie gehabt einzubuchten, damit die Zeit möglichst wenig verändert wird. Der "alte" Boris hätte durchaus auf seiner Zeitreise umkommen können, das hätte die Zukunft nicht merklich verändert. Aber der junge Boris hätte überleben müssen.

09.08.2012

Mein (abgelehnter) Leserbrief zum Leistungsschutzrecht in der WZ

Ich lese ja eigentlich die Wetterauer Zeitung recht gern, und auch den "Meinungstreff" mit den Leserbriefen. Ab und zu schreibe ich auch einen Leserbrief zu einem Thema, das mich besonders interessiert.
Neulich irgendwann hatte die WZ einen Artikel zum heiß diskutierten "Leistungsschutzrecht", der meiner Meinung nach einige Fehler enthielt und recht einseitig war.
Also schrieb ich einen weiteren Leserbrief ...

In der Samstags-WZ erschien ein Artikel über das geplante Leistungsschutzrecht, der wieder einmal sehr einseitig und teilweise sachlich falsch berichtet, was eine fleißige Lobby-Gruppe der Bundesregierung als Gesetzentwurf diktieren will. Sachlich falsch ist schon einmal, dass behauptet wird, die Verleger haben ein Urheberrecht, dass sie wahrnehmen und schützen müssen. Das Urheberrecht verbleibt natürlich beim Urheber, wie der Name sagt. Das deutsche Recht sieht keine Übertragung der Urheberschaft vor, sondern nur eine Übertragung der Nutzungs-(Verwertungs-)Rechte. Die großen Zeitungsverlage übernehmen hier sehr gern zu sehr niedrigen Preisen Artikel von meist freischaffenden Journalisten und kaufen ihnen dabei zu Spottpreisen sämtliche jetzigen und zukünftigen Verwertungsrechte ab. Laut Spiegel Online zählen die freien Journalisten zu den eher schlecht bezahlten Lohngruppen (im Schnitt etwa 17.000 Euro/Jahr, 40 % sogar unter 12.000 Euro/Jahr s. http://goo.gl/4wqSi, in Ostdeutschland zu Stundenlöhnen von ca. 5-6 Euro).
Und hier kommt das Absurde des geplanten Gesetzes zum Vorschein: die Verleger möchten von den Werbeeinnahmen von Google und anderen Werbevermarktern profitieren. Dabei vergessen sie aber, dass die allermeisten Besucher erst durch die Suchmaschinen auf ihre Webseiten gelotst werden. Außerdem gibt es seit 15 Jahren einen etablierten Standard, mit dem Webseitenbetreiber die Suchfunktion von Google etc. aussperren können (teilweise oder ganz, Stichwort robots.txt). Interessanterweise will kein Verleger diese technische Möglichkeit in Anspruch nehmen.
Das ist ungefähr vergleichbar mit der Idee, dass die Friedberger Gewerbebetriebe einen Anteil an den Einnahmen von Bussen, Bahnen und Tankstellen fordern, weil ja die Käufer mit öffentlichen oder privaten Verkehrsmitteln zum Einkaufen kommen und die Geschäfte somit den Verkehrsbetrieben und Tankstellen Kunden zuführen! Welche Verdrehung der Tatsachen!
In diesem Sinne ist also das Leistungsschutzrecht eher ein Monopolrecht für das Schmarotzen an fremden Leistungen. Bekannte, fachkundige Rechtsanwälte lehnen einhellig dieses Gesetzesvorhaben ab: z.B. Udo Vetter und Thomas Stadler, sowie die Organisation irights.info. Udo Vetter ist sogar der Meinung, wenn man im Internet, z.B. in seinem eigenen Blog, nicht mehr unter Bezug, d.h. Zitat oder Verlinkung, seine Meinung äußern darf, "bedroht das Leistungsschutzrecht die neue Meinungsfreiheit (Brechts Idee "jeder ist ein Sender"). Wer als Bürger nur noch Zeitung lesen, aber nichts mehr im Internet dazu sagen darf, kann sich getrost digital kastriert vorkommen". Der Medienjournalist Stefan Niggemeier meint dazu, dass hier schon kleinste Textschnipsel geschützt werden. Damit würden die Verlage durch die Hintertür ein Monopolrecht auf Sprache erhalten, weil schon eine Überschrift nach dem LSR schützenswert wäre, und sogar Zitate, die nur eine Überschrift und einen Link enthalten, wären lizenzpflichtig. Hurra, neue Einnahmequellen und ein weites Feld für Abmahnanwälte ...
Die Verlage selbst, die so laut für das neue Recht trommeln, sind übrigens die ersten, die sich gern mal nicht an das Urheberrecht halten, die BILD-Zeitung vorneweg: immer wieder werden ohne Erlaubnis und manchmal sogar gegen ausdrückliche Erklärung hin Bilder übernommen, ohne zu fragen oder ohne zu bezahlen (einige aktuelle Beispiele finden sich wie immer beim bildblog, etwa hier: bildblog.de/40163/).

Da zur Zeit auch die Zirkumzision im MT heiß diskutiert wird, habe ich gar nicht mehr drauf geachtet, ob der Leserbrief veröffentlicht wird oder nicht. Irgendwann erinnert sich auch gar keiner mehr an den Artikel, und dann ist ein Leserbrief eher sinnlos geworden. Ich hatte auch neulich einen durchaus lobenden Leserbrief zu Facebook angefangen, als in der Wochenendbeilage mal das Thema aufkam, durchaus differenziert, wie ich fand. Ich wollte auf das IBM-Thema "Manage your identity" hinweisen, für das ich gelegentlich Vorträge halte (für Schüler Sek I und II, auch Schulelternbeiräte etc., über Datenschutz und Privatsphäre im Allgemeinen und besonders in sozialen Netzwerken wie Facebook und Google Plus), und aus diversen Gründen bin ich nicht rechtzeitig fertig geworden. So kann's passieren. Upps, abgeschweift. Zurück zum Thema Leistungsschutzrecht.

Über die ausdrückliche Ablehnung des Abdrucks, verbunden mit den üblichen Argumenten für ein Leistungsschutzrecht, habe ich mich allerdings dann doch etwas ... gewundert - gelinde gesagt.

in Absprache mit unserer Chefredaktion haben wir beschlossen, Ihren Leserbrief nicht zu veröffentlichen. Denn bei Ihrem Angriff gegen die Verlage sind etliche wesentliche Aspekte nicht berücksichtigt. So ist beispielsweise die Veröffentlichung von Texten und Fotos für die Verlage mit enormen Kosten verbunden: Recherche, feste und freie Mitarbeiter (die nicht alle so schlecht bezahlt werden), allgemeine Verlagskosten, Druck, Vertrieb, Bereitstellung im Netz usw. Die Suchmaschinen (zum Beispiel) greifen die Texte ab, veröffentlichen sie kostenlos auf ihren Seiten, erzielen damit aber Gewinne, weil sie auf den entsprechenden Seiten Anzeigen platzieren. Deshalb halten wir es für legitim,  dass die Verlage von diesem Kuchen etwas abbekommen wollen. Dass niemand Musik, die ihm nicht gehört, im Internet verbreiten darf, hat sich längst durchgesetzt. Deshalb ist aus unserer Sicht das Leistungsschutzgesetz notwendig .
Auslöser für meinen Blogbeitrag war ein aktueller Blogbeitrag von Udo Vetter im lawblog.

Natürlich ist es gutes Recht der WZ, die Leserbriefe auszuwählen, aber es ist schon ein starkes Stück, einen eigenen Standpunkt pro LSR zu beziehen und konträre Beiträge abzulehnen, die durchaus zur Meinungsbildung der Leser beitragen könnten. Die Links zu meinen Quellen waren übrigens im Leserbrief als Klartext enthalten.

Außerdem stelle ich an einen Leserbrief nicht denselben Anspruch wie an eine wissenschaftliche Arbeit, was die Vollständigkeit angeht. Dass der Redakteur mir vorwirft, "wesentliche Aspekte" nicht zu erwähnen, ist reichlich subjektiv -- schließlich sind diese "wesentlichen Aspekte" genau die Schein-Argumente für das LSR, die ich gerade nicht zum Aufblähen meines Leserbriefs verwenden wollte. Es ist immerhin die autonome Entscheidung jedes Unternehmens, ob es eine Website erstellt und für Suchmaschinen erreichbar macht. Hinterher Geld dafür zu verlangen, halte ich für weltfremd. Ich gehe davon aus, dass unmittelbar nach der Verabschiedung des Gesetzes die deutschen Zeitungsverlage aus dem Index von Google verschwinden, wie es auch in Belgien kürzlich passiert ist.

Abgesehen davon greife ich nicht "die Verlage" an, sondern die Lobbys und den Gesetzgeber, der sich treiben lässt, so ein unausgegorenes Gesetz zu entwerfen.