19.12.2012

Zum WZ-Artikel "Tanzsportverein muß Flüchtlingen weichen"

Und mal wieder ein Bericht in der WZ, über den ich mich aufregen kann ...

Wahnsinn! Da nutzt jemand kostenlos über sechs Jahre hinweg Räumlichkeiten für einen Verein, führt eigenmächtig Renovierungsarbeiten durch und wettert dann gegen einen Beschluss des Eigentümers zur anderweitigen (und ethisch sinnvolleren) Nutzung. Und droht sogar "die müssen uns raustragen", wenn der Beschluss umgesetzt werden soll.

Mein nicht abgeschickter Leserbrief dazu:
Leserbrief zum Artikel "Tanzsportverein muss 25 Flüchtlingen weichen" 
Ich bin erschüttert, welche Menschenverachtung aus dieser Bemerkung "anscheinend gehen Fremde vor" spricht. Es geht nicht um "Fremde", es geht um Menschen, denen es vermutlich mehr als dreckig geht. Die Zahlen im letzten Absatz des Artikels über Morde in Syrien sprechen Bände. Wen wundert es, dass Menschen von dort fliehen? 
Die Pflicht, Asyl zu gewähren, ist im Grundgesetz niedergelegt (Art. 16a). Ich glaube mich zu erinnern, dass hingegen im Grundgesetz nichts darüber steht, dass Tanzclubs Sonderrechte genießen. Allein aus moralischen Überlegungen könnte man die Diskussion also an dieser Stelle beenden. 
Es ist unglaublich schäbig, dass ein Tanzclub sich dagegen wehrt, dass Flüchtlinge oder Asylsuchende aufgenommen werden. Noch dazu ein Tanzclub, der mindestens in einer rechtlichen Grauzone operiert und seit sechs Jahren keine Miete und keine Umlagen zahlt, dafür aber gern in den strengen Wintern der letzten Jahre die Heizkosten von anderen bezahlen lässt. Entweder haben die anderen Mieter des Hauses den Verein mitfinanziert, oder die Umlage wurde unwissend vom Kreis übernommen. Beide Varianten finde ich sehr fragwürdig. Da im Wetteraukreis auch meine Steuergelder drinstecken, fallen mir sogar die Begriffe "Untreue" und "Erschleichen von Leistungen" ein. Warum hat überhaupt ein ehemaliger Schulleiter weiterhin einen Schlüssel für die ehemalige Schule, in der Wohnungen vermietet sind? 
Hat sich denn niemand vom Verein überlegt, dass man für die Nutzung von fremdem Eigentum etwas bezahlen müsste? Und dass für den Fall von Unstimmigkeiten ein schriftlicher Vertrag über die Erlaubnis von Vorteil sein könnte? Hat der Verein eine Mietzahlung wenigstens angeboten? Achso, ich vergaß, wer sich "die Karten legen lässt", hat natürlich mit solchen irdischen Lappalien nix am Hut, Tschuldigung, wie anmaßend von mir. 
Auf der anderen Seite beweisen die Vereinsmitglieder natürlich durchaus Mut, wenn sie in "baufälligen" Räumen ihrem Hobby nachgehen. Respekt! Oder haben die Karten auch vorausgesagt, dass das Haus ungefährlich ist? Oder ist sogar vielleicht eine Kristallkugel im Spiel?
"Die müssen uns schon raustragen" - diese Sprüche kenne ich von Hausbesetzern, deren Wohnungen vom Abriss bedroht sind. Aber bei einem Tanzclub hat das schon eine ganz andere Aussage, wenn damit der Einzug von Flüchtlingen verhindert werden soll. Übrigens sitzt bei einer Kündigung des Vereins kein Mensch "auf der Straße", nur der Verein hat halt keinen Übungsraum mehr.
 "Anscheinend gehen Fremde vor" - ich spreche jetzt nicht aus, an was ich denken musste, als ich diesen Satz las. Aber wahrscheinlich lässt sich das auch ganz einfach mit Egoismus begründen, bestimmt ist die andere Auslegung ganz fernliegend.
Und um auf die Frage "Warum sollen die denn ausgerechnet hier rein?" zu antworten: Weil der Besitzer das so will, ganz einfach. Da fällt mir nur noch der alte Sponti-Spruch ein: "Herr, lass diesen Kelch an mir vorübergehen, mein Nachbar guckt so durstig". 
Die reißerische Schlagzeile (sogar noch auf der Titelseite) "Verein muss ... weichen" hätte so auch nicht sein müssen, damit wird der Verein in eine unverdiente Opferrolle gebracht. Mir hätte eine Schlagzeile besser gefallen, in der die Worte "mietfrei", "unerlaubt", "gegen Fremde", "moralisch", "ethisch", "humanistisch" vorgekommen wären.

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