19.12.2024

Meckern über den falschen Politiker - Leserbrief

Der Glossist Sattler in der WZ ist wie ein rotes Tuch für mich.

[veröffentlicht am 19.12.2024]

Und erneut macht sich der Glossist Sattler die Welt widde-widde-wie sie ihm gefällt und verdreht die Fakten, so dass mal wieder Habeck als der Schuldige dasteht.

Sattler weist auf den angeblichen Widerspruch hin, dass die Ampel den Zuschuss für E-Autos gestrichen hat und nun auf EU-Ebene eine Subventionierung erreichen will.

Ein ganz kleines bisschen, aber auch wirklich nur ein ganz ganz kleines bisschen, hat Sattler recht: Habeck war das ausführende Organ, das die Subvention streichen musste, weil es sein Ressort war; aber genauer gesagt musste er die Subvention deshalb streichen, weil der Ampelsaboteur Lindner die Verlängerung dieser zeitlich befristeten Subvention verweigert hat. Habeck war also - vermutlich zähneknirschend - buchstabengetreu und ist dem Diktat des Finanzministers gefolgt.

Dasselbe ist zum Ende der Mehrwertsteuersenkung passiert: das Gesetz war befristet, und da es nicht verlängert wurde, ist die Senkung der Mehrwertsteuer regulär ausgelaufen. Es gab also keine “Erhöhung” der Mehrwertsteuer, sondern ab diesem Zeitpunkt galt schlicht wieder der vorherige Satz.

Nun zur zweiten Desinformation, die Sattler in seine Glosse gepackt hat: es war nämlich nicht die Umwidmung des Corona-Sondervermögens verfassungswidrig, sondern allein die fehlende Begründung für die Umwidmung war die Ursache, dass das Bundesverfassungsgericht so streng geurteilt hat. Generell wäre es möglich gewesen, den Zweck dieser Finanzmittel zu ändern und sie tatsächlich für die Finanzierung von weiterem Klimaschutz einzusetzen und trotzdem weiter den Buchstaben der Schuldenbremse zu folgen.

Mittlerweile kursiert sogar die Vermutung, dass auch an dieser Stelle kein “Praktikantenpapierchen” eingereicht wurde, sondern dass Lindner ganz bewusst die Begründung für die Umwidmung vermurkst hat. Und ganz zufällig findet sich unter den CDU-Abgeordneten einer, dem diese Nachlässigkeit auffällt. Die CDU hätte natürlich genausogut in der vorangegangenen Debatte im Bundestag auf diesen Fehler des damaligen Finanzministers hinweisen können. Dass sie stattdessen vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt und die Ampel ins offene Messer hat laufen lassen, ist eine perfide und bösartige Art, wie man eigentlich keine Politik machen sollte.

Die CDU hat hier erneut die Parteienstrategie über eine sinnvolle Maßnahme für Deutschland gestellt und damit wie so oft in den letzten drei Jahren gezeigt, dass sie keine eigenen Inhalte vorzuweisen hat, sondern sich trumpesk darauf beschränkt, den politischen Gegner schlecht zu machen, und findet dabei wie immer willfährige Helfer in der Krawallpresse aus dem Springerverlag.

Zur Erinnerung: Springer-Chef Döpfner hat zu Beginn der Ampelkoalition die “Bild”-Redaktion angewiesen, die Inhalte so auszurichten: “please stärke die FDP, damit die so stark sind, dass die Ampel platzt und Jamaika kommt”. Enorm spannend an dieser Farce ist nun, dass Söder seit Monaten aus allen Rohren gegen die Grünen feuert und damit Merz widerspricht, der sehr zaghaft eine Zusammenarbeit mit den Grünen nicht mehr kategorisch ausschließen mag.

18.12.2024

CDU-Wahlwerbung als Interview getarnt (3) - Leserbrief

Und das nächste Interview aus der Reihe folgt sogleich ...

[veröffentlicht am 18.12.2024]

Die WZ setzt ihre Reihe von Kuschelinterviews mit einer weiteren B- oder C-Promi-Politikerin ab, die vom bekannten Namen ihres Vaters profitieren will und sein Bundestagsmandat erben will. Welchen Sinn es hat, Fr. Bosbach aus dem Bergischen bei Köln in einer mittelhessischen Zeitung eine ganze Seite zu schenken, erschließt sich dem Leser der Wetterauer nicht. Das Interview lässt indes viele interessante Informationen aus, wie z.B., dass sie als Lobbyistin arbeitet und dem “jungen Wirtschaftsrat” der CDU vorsteht.

Wikipedia weiß viel Interessantes über sie: “Der Wirtschaftsrat sprach sich im Jahr 2019 gegen das Bundes-Klimaschutzgesetz und gegen den Expertenrat für Klimafragen aus. (...) Er möchte Klimaschutzmaßnahmen verlangsamen und sieht in Deutschland „Sonderwege in der Klima- und Energiepolitik“, durch welche „eine De-Industrialisierung droht“. Auf Ebene der Europäischen Union solle sich die Bundesregierung außerdem „für eine zeitliche Streckung der klimapolitischen Zielvorgaben einsetzen“. Und damit schließt sich der Kreis derjenigen, die alarmistisch “De-Industrialisierung” rufen und damit den Klimaschutz aushebeln wollen.

Sie bringt die üblichen inhaltsleeren Floskeln vor und versucht, mit dem Stichwort “cancel culture” Mitleid zu erwecken. Dabei hat sie offensichtlich nicht verstanden, dass die Meinungsfreiheit eben nicht nur für sie gilt, sondern auch für alle anderen. Man kann gern jede Meinung äußern, und ihre Behauptung, dass man das in bestimmten Situationen eben doch besser nicht tut, ist kein Zeichen von “Zensur”, sondern nur der Wille, nicht kritisiert zu werden. So funktioniert die Meinungsfreiheit aber eben gerade nicht! Wenn sie Unfug von sich gibt, muss sie auch den Gegenwind aushalten. Das ist beileibe keine “cancel culture”, sondern ein gesunder Diskurs. Es gibt kein Recht, unwidersprochen zu bleiben!

Gemäß einem Spiegelbericht aus dem November “arbeitet sie in der Energiewirtschaft und macht sich als Autorin für den Klimaschutz stark”. Das widerspricht ihrem Interesse für die Kernkraft diametral, denn KKW mit ihrer enorm langsamen Regelungszeit im Stundenbereich sind Gift für Erneuerbare Energien, wenn es um dynamische Anpassung der Stromerzeugung geht.

Beim Thema Atomkraft zeigt sie eine bemerkenswerte - oder absichtliche? - Unkenntnis der tatsächlichen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Lage, genau wie Merz offensichtlich bei den Themen Windkraft und Kernfusion vollkommen abwegig irrlichtert. Keiner der deutschen Kraftwerksbetreiber hat ein Interesse am Neubau oder Weiterbetrieb von Kernkraftwerken - alle Chefs haben abgewunken. Die deutschen KKW sind sämtlich in einem Stadium des Rückbaus, das eine erneute Inbetriebnahme ausschließt. Der Staat müsste für neue KKW irrsinnige finanzielle Garantien übernehmen und Subventionen leisten, die im Lichte der Preise für Windkraft und Photovoltaik überhaupt keinen Sinn ergeben. Seit den Neunziger Jahren gibt es im Maschinenbaustudium kaum noch Interessenten für das Fachgebiet “Kerntechnik”, somit gibt es auch keine Fachleute mehr, die Bauprojekte durchführen könnten.

Von allen westlichen KKW-Projekten lief das finnische Olkiluoto 3 noch am Besten ab - nur dreifach teurer als geplant. Der Reaktor ist zwar laufend defekt und läuft daher nur wenig, aber egal. Der englische Neubau Hinkley Point C kostet nach neuesten Zahlen über 62 Mrd. Euro. Das abgeschlossene US-Projekt Vogtle kostete 27,5 Mrd. €. Der Reaktor Flamanville in Frankreich kostete bis jetzt 19 Mrd. € und hat die üblichen französischen Probleme mit Kühlwasser. Alle KKW-Projekte hatten Preissteigerungen in drei- oder vierfacher Höhe und massive Verzögerungen um mehrere Jahre.

Deutschland hat dieses Jahr im Schnitt 70 % des Strombedarfs aus Erneuerbaren Quellen erzeugt. Nach Jahren der Blockade durch die Merkel-Regierungen II-IV mit überbordender Bürokratie und Störfeuer aus Bayern gegen den Stromtrassenbau gibt es Rekordzahlen bei der Genehmigung und beim Neubau von Windkraft und PV-Anlagen - außer in Bayern, rein zufällig auch dem Bundesland mit der derzeit größten Wirtschaftsschwäche (minus 0,6 % im Vergleich zu minus 0,1 % beim Bund).

05.11.2024

Fakenews im Interview mit Söder - Leserbrief

[veröffentlicht am 07.11.2024]

Deutschländer und Anastasiadis: wer könnte so ein Söder-Interview auch sonst leiten als die üblichen Verdächtigen, die regelmäßig sehr konservative Glossen in der WZ verzapfen und immer noch nicht verstehen wollen, dass sie damit nur den Themen der AfD hinterherlaufen.

Was genau macht ein lokaler Provinzfürst aus Bayern in einer mittelhessischen regionalen Tageszeitung? Er bringt die üblichen Behauptungen über “Migration” als wichtigstes Thema Deutschlands, verbunden mit finanziellen Forderungen zu Kürzungen, die jenseits der verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Regelungen liegen. Besonders spannend an dieser mentalen Kehrtwende ist, dass fast alle CDU- und CSU-Politiker im Bundestag 2022 für das Bürgergeld gestimmt haben, nämlich 176 von 197 (1 Nein, 1 Enthaltung, 19 abwesend). “Migration” ist meistens ein Sammelbegriff, um die Angst vor Kriminalität durch Ausländer zu schüren. Dabei geht die Kriminalitätsrate seit Jahren deutlich zurück. 2012 gab es 770.000 Verurteilungen, 2022 nur noch 650.000 (minus 16 %). Anmerkung: die Kriminalitätsstatistiken von Bund und Ländern geben die Zahl der Ermittlungen wieder, nicht die Zahl der Verurteilungen.

Zurück zu Söder: er ist der einzige deutsche Politiker, der es bei Twitter in die Hitparade der Korrekturen über Desinformation geschafft hat, die sog. “Community Notes”, die aufdecken, wenn ein Beitrag Unfug behauptet - und das tut er mit großer Regelmäßigkeit.

Söder ist eigentlich kein Politiker mehr, schon gar nicht Ministerpräsident: er verbringt den Großteil seiner Zeit in Bierzelten (110 Sauftermine in 10 Monaten!) und verbreitet dort populistischen Quatsch. Er versäumt 25 von 30 Landtagssitzungen sowie 70 von 80 Bundesratssitzungen. Twitter nennt ihn mittlerweile spöttisch “Food Blogger”, weil er mit seinem jährlichen Etat von 7,3 Mio. Euro für Selbstbeweihräucherung gern mal fotogen Drogen aus dem Maßbierkrug konsumiert oder riesige Schokoladeneier verschenkt. Trotz diverser Skandale hält er immer noch an seinem inkompetenten Wirtschaftsminister fest: Bayern ist immerhin führend beim Sterben der Bauernhöfe (über 13.000) und beim negativen Wirtschaftswachstum (mit 0,6 % mehr als doppelt so viel wie der Bund).

Im Interview vom 24.10. behauptet er großzügig, dass er sich nicht in die Politik der anderen Bundesländer einmischt, aber in allen sozialen Netzwerken tönt es nahezu täglich von ihm, dass es keine schwarz-grüne Zusammenarbeit geben wird (obwohl das in 6 Bundesländern leidlich gut funktioniert).

Söder behauptet regelmäßig, dass der Bund Bayern benachteiligt und dem Land Geld fehlt. Dabei unterschlägt er gern, dass er besonders stolz auf die drei CSU-Verkehrsminister war, die zuletzt für mehr als zehn Jahre sehr viel Förderung nach Bayern gepumpt haben, oder dass die Gelder einfach deswegen fehlen, weil gar keine Förderanträge gestellt wurden.

Beim Glasfaserausbau liegt Bayern auf dem vorletzten Platz aller Bundesländer. Bayern hat noch keine Aufstellung über die Hochwasserschäden, verlangt aber jetzt schon Zahlungen aus Berlin und behauptet auf Twitter, dass aus Berlin “0 Euro” kommen. Aiwanger schreibt täglich Briefe an Habeck und bettelt um mehr Geld, streicht aber die eigene Unterstützung für Flutopfer. Bayern ist sehr energisch beim Verhindern von Windkraftanlagen und Stromtrassen, wehrt sich aber vehement, dann die Konsequenzen für diese Verweigerungshaltung zu tragen (z.B. Strompreiszonen).

Das war kein Interview, sondern großzügige mediale Streicheleinheiten für Söders Selbstdarstellerei. Schade um den verschwendeten Platz.

14.10.2024

Olle Kamellen, wenn's noch ein bisschen mehr Hetze sein darf - Leserbrief

Wenn mir nix Neues mehr einfällt, dann nehm ich halt was vom letzten Jahr und lutsch es noch ein wenig mehr aus.

[veröffentlicht am 12.10.2024]

Für die WZ hat der Bundestagswahlkampf schon begonnen, scheint mir. Jeden Tag mindestens eine Glosse, gern auch mal zwei, gegen irgendeinen gefühlten Fehler, den die Ampel gemacht hat. Gerne wird dabei ausdrücklich der Name Habeck verwendet oder “die Grünen” oder “die Ampel”, selbst wenn das Subjekt der Berichterstattung ganz konkret einer der Koalitionspartner sein müsste, meistens müsste dies tatsächlich die Blockadepartei FDP sein.

Die Glosse von Schäfer am Samstag setzt der Berichterstattung noch als i-Tüpfelchen ein aufgewärmtes Thema vom letzten Jahr oben drauf: die angebliche Trauzeugen-Affäre um Graichen. Er ist ein ausgewiesener Experte und hat die Energiewende enorm beschleunigt, was natürlich den fossilen Lobbys offensichtlich ein Dorn im Auge war.

Die vorgebliche Vetternwirtschaft mit “Habeck und Graichen” hat sich damals schon als Sturm im Wasserglas entpuppt, da kein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist und Habeck tatsächlich gar nicht an den Entscheidungen beteiligt war, die als Vorwurf in die Welt gesetzt wurden. Der Faktencheck zu dieser Posse hat danach natürlich nicht dasselbe Ausmaß an medialer Aufmerksamkeit bekommen. Honi soit qui mal y pense!

Des weiteren erwähnt Schäfer schon wieder das angebliche “Heizungsgesetz” und unterstellt erneut der Ampel, hier schlechte Gesetze zu Lasten der kleinen Bürger ins Parlament zu bringen. Erneut als Faktencheck: das korrekt “Gebäude-Energie-Gesetz” genannte Paket wurde 2019 von Altmaier und Seehofer geplant und war weitaus radikaler als die entschärfte Fassung, die die Ampel 2022 weiterentwickelt hat. Die frühere CDU-Fassung enthielt die knallharte Auflage, nach einem Stichtag veraltete Heizungen erneuern zu müssen. Die neue Ampelfassung hingegen bietet die Möglichkeit, auch alte fossile Heizungen weiter zu betreiben, solange sie reparierbar sind. Nebenbei sollte in der Gesetzesnovelle eine Frist um ein Jahr vorgezogen werden, um geänderten EU-Auflagen nachzukommen. Es ist natürlich trotzdem sinnvoll, alte Heizungen mit Öl oder Gas z.B. gegen eine Wärmepumpe auszutauschen, denn ab 2027 steigt der Preis für fossile Brennstoffe deutlich aufgrund der kommenden CO2-Abgabe.

Umgekehrt verzichtet Schäfer gern darauf, z.B. die Vetternwirtschaft im Verkehrsministerium zu erwähnen, bei der ein Abteilungsleiter Patente über Brennstoffzellen hält und gleichzeitig für die Vergabe von 98 Mio. Euro Fördergeldern an die Wasserstoffindustrie zuständig ist. Es war lange unklar, ob er durch die Patenteinnahmen unmittelbar profitiert. Erst nach längerem gab es halbherzige personelle Konsequenzen. Bei den üblichen Krawallblättern erfuhr man hierzu: nichts außer dröhnender Stille. Das passt ja auch nicht in deren Narrativ, dass die FDP etwas falsch machen könnte. Aber die Grünen!

Der uns vielleicht drohende zukünftige Wirtschaftsminister Spahn hat nicht nur Milliarden bei seinen Maskendeals versenkt, die immerhin Partei-Spezis Millionenprovisionen eingebracht haben, sondern hat auch Beatmungsgeräte von Dräger bezahlt, die nie geliefert wurden, und hat für 9.999 Euro pro Person “private” Abendessen veranstaltet, bei denen er sich bis heute weigert, die zahlenden Gäste namentlich zu nennen. Damit toppt er sogar Scheuers Maut-Entschädigungszahlungen in Höhe von “nur” 243 Millionen Euro. Vielleicht sollten die Medien zur Abwechslung die schlechten Entscheidungen der vorherigen Regierung aufarbeiten und nicht nur Skandälchen bei der Ampel erfinden oder aufbauschen. Oder mal genauer hinschauen, welche Verflechtungen es so gibt: im Aufsichtsrat von Dräger z.B. sitzt die Vorsitzende des “Wirtschaftsrats” der CDU. Und nach 100 Millionen Euro Feenstaub für Flugtaxis drohnt Lillium nun erneut die Pleite und es werden weitere 50 Millionen Euro gefordert. Dafür wird dann zum Ausgleich die Förderung für die Batterieforschung gestrichen.

09.10.2024

Und täglich grüßt der Sattler - Leserbrief

Der Glossist Sattler ist nahezu täglich in der WZ vertreten und schimpft über die Ampel. Dabei nimmt er es mit den Fakten nicht besonders genau.

[veröffentlicht am 18.10.2024]

Die Glosse von Hr. Sattler am 09.10. ist ein Sammelsurium von Halb- und Viertelwahrheiten aus den letzten 3 Jahren, die er für sein nahezu tägliches Gejammer gegen die Ampelkoalition zusammengestellt hat. Ich wünsche mir zu jedem Beitrag von Sattler einen sofortigen Faktencheck, der unmittelbar alles korrigiert und klarstellt, was er behauptet.

Die Diskussion um Kernkraft sollte eigentlich lange beendet sein. Sattler versucht sie wieder aufzuwärmen und behauptet, überall werden neue Kernkraftwerke gebaut, nur Deutschland hat 6 % seiner Stromerzeugung leichtfertig aufgegeben.

Die Wahrheit ist: weltweit geht die Nutzung von Kernkraftwerken zurück. Finnland hat nach mehreren schwerwiegenden Störfällen das neueste KKW Olkiluoto gleich wieder für mehrere Monate abgeschaltet. In Frankreich laufen die KKW oft nicht wegen Sicherheitsmängeln und fehlendem Kühlwasser - wir werden nächsten Sommer wieder massiv EE-Strom nach Frankreich exportieren. Der Neubau Hinckley Point C in England steht vor dem Scheitern, nachdem die Bauzeit und die Kosten von geplanten 21 Mrd. auf derzeitige 58 Mrd. Euro explodiert sind und der chinesische Investor beim Stand von 38 Mrd. Euro ausgestiegen ist. Es sind so gut wie keine Neubauten konkret in Sicht, es gibt weltweit eigentlich nur ein paar schwammige Absichtserklärungen, aber dafür viel Getrommel von Lobbyorganisationen. Habeck zu England: “Das wird die teuerste Kilowattstunde Strom, die je in Europa produziert wurde”.

Die Wahrheit ist: der Atomausstieg wurde von der CDU-FDP-Koalition 2011 beschlossen und diese Regierung hat insgesamt 14 der 17 KKW abgeschaltet. Die Ampel hat die drei noch laufenden KKW sogar länger in Betrieb gehalten und dafür monatliche Strafzahlungen an die Betreiber geleistet, weil das Ausstiegsdatum längst vertraglich festgelegt war. Die deutschen KKW mussten gesetzlich abgeschaltet werden, weil die vorgeschriebenen Sicherheitsüberprüfungen (alle zehn Jahre) wegen des absehbaren Laufzeitendes lange vorher ausgesetzt wurden.

Es gab nie das Risiko eines Blackouts. Deutschland hat genügend Kapazitäten mit Wind, Solar, Kohle, Gas, Biomasse und Wasserkraft. Seit der Abschaltung der KKW ist der Strompreis an der Börse deutlich gesunken, und der CO2-Ausstoß ist geringer, weil viel mehr EE-Strom eingespeist werden kann. Sogar die Kohleverstromung ist deutlich zurückgegangen und hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als halbiert. Die Erzeugung von EE-Strom steigt und liegt mittlerweile sogar deutlich über Plan. Was jetzt zur Abrundung noch fehlt, sind mehr Stromtrassen von Nord nach Süd und Batteriespeicher sowie der Stopp der bayrischen Verhinderungspolitik beim Ausbau der Erneuerbaren.

Sattler behauptet, die Wirtschaft schrumpft. Die Wahrheit ist: es gibt Branchen, denen es gut geht, und welche, denen es schlecht geht. Das ist offensichtlich eine Binsenweisheit, aber Sattler pickt sich natürlich gezielt den schlechten Teil heraus. Liebherr hat gerade einen Milliardenauftrag für elektrische (!) Bergbaumaschinen aus Australien bekommen. Der DAX steigt auf über 19.000. Die Bemessungsgrenze für die Renten soll steigen wegen “der guten Lohnentwicklung”. Es sind mehr als 46 Mio. Arbeitnehmer in Lohn und Brot. Die letzte saisonale Winterarbeitslosigkeit war die geringste seit mehreren Jahren. Tesla und TSMC bauen Fabriken in Deutschland auf. Das “Schrumpfen” bewegt sich im Promillebereich.

Was viel problematischer für die Wirtschaftsentwicklung ist: in Deutschland wird Arbeit viel stärker besteuert als Vermögen. Die Superreichen haben in den letzten zehn Jahren und insbesondere während Corona ihr Vermögen vervielfacht und angehäuft. Die Vermögenssteuer ist seit 1998 ausgesetzt und nach Schätzungen fehlen dem Staat dadurch insgesamt 380 Mrd. Euro. Die Erbschaftssteuer enthält lächerliche Deckelungsgrenzen, und mit Tricks und Schlupflöchern konnte Friede Springer Aktien im Wert von einer Milliarde Euro steuerfrei verschenken. Die Mitbesitzerin von BMW, Susanne Klatten, kann an ihre drei Kinder je 1,5 Mrd. Euro steuerfrei verschenken. Statt über Kürzungen beim Bürgergeld nachzudenken, könnte der Staat hier ansetzen. Das eingenommene Geld kann dann zur Stützung von wirklichen Zukunftstechnologien verwendet werden statt den Reichen weitere Steuergeschenke zu machen.