04.12.2025

Wir erfinden die Deindustrialisierung neu - Leserbrief nicht gesendet

Die Antwort auf meinen Leserbrief geht auf keines meiner Argumente ein, sondern behauptet neue fragwürdige Dinge.

[veröffentlicht am xx.10.2024]

Hr. F. hat wieder viel starke Meinung für eher wenig faktischen Inhalt. Die Zukunft ist immer noch elektrisch. In einem Punkt gebe ich ihm recht: der Wirkungsgrad eines nichtstationären Dieselmotors kann laut Wikipedia knapp über 40 % liegen, das wird aber nur unter optimalen Bedingungen für sehr große Motoren erreicht. Übliche (kleine) Motorkonstruktionen in PKW erreichen diesen Wert definitiv nicht, da sie auf Kosten optimiert werden. Der Abstand zum Elektromotor mit über 80 % Wirkungsgrad ist dennoch deutlich, und Stirlingmotoren gibt es in PKW schon gar nicht. Da die meisten Autohersteller schon lange mit dem Ausstieg aus der Verbrennertechnik planen, ist es müssig, hier noch auf großartige Verbesserungen zu hoffen, und weder politisch noch ökologisch ist das wünschenswert. Die fossilen Lobbys versuchen aber trotzdem immer wieder, hier Unsicherheit zu verbreiten, um durch diese Verzögerungstaktik möglichst lang vom Ölgeschäft zu profitieren. Die großen Erdölfirmen erwirtschaften pro Tag über 2,5 Milliarden Euro Gewinn, und das ist ein beträchtlicher Anreiz, die Konkurrenz durch “FUD” (Fear, Uncertainty, Doubt) zu beschädigen.

Der Energieverbrauch von E-Autos mit 25 kWh auf 100 km zu beziffern mag für Zweitonner-SUVs gelten, die (leider) der Deutschen liebstes Automodell geworden sind. Der VW ID.3 hingegen (sozusagen der E-Golf) wird mit 14-16 kWh auf 100 km beworben.

Solarmodule für PV-Anlagen sind in den letzten zehn Jahren in der Herstellung um über 90 % im Preis gefallen. Eine PV-Anlage ist also nicht nur für “reiche Leute” machbar, zumal es auch Finanzierungsmodelle gibt, die ohne große Investitionen daherkommen.

Selbst bei einem enorm hohen Strompreis von 37 ct pro kWh kosten 100 elektrische Kilometer aus der Steckdose nur 7,40 € bei einem (hohen!) Verbrauch von 20 kWh auf 100 km. Bei diesem Strompreis würde ich Hr. F. ein Vergleichsportal empfehlen, um den Stromanbieter zu wechseln. Natürlich erreicht ein Diesel-PKW den geschönten Verbrauch von 7 Liter auf 100 km nur auf dem Prüfstand, in der Realität hängt dies von der Fahrweise, dem Wetter und der Fahrstrecke ab. Selbst wenn ich diese 7 Liter hinnehme, kosten 100 Dieselkilometer derzeit etwa 11,20 €. Der deutsche Strommix hatte vor 10 Jahren noch fast 800 g CO2 pro kWh, und hat sich mittlerweile auf 290 g CO2 pro kWh enorm verbessert. 100 elektrische Kilometer bedeuten also bei 20 kWh Verbrauch im schlechtesten Fall nur 5,8 kg CO2, im besten Fall gar kein CO2. 100 Dieselkilometer verursachen immer etwa 18 kg CO2 bei der Verbrennung. Diese Rechnung zeigt auch deutlich, wie ideologisch es daherkommt, wenn Hr. F. mit Vokabular aus der Waffenkammer der Rhetorik von “Klimaterror” spricht. Wie schäbig ist eine Diskussionsweise, bei der wissenschaftliche Argumente oder sogar ein simpler Dreisatz mit “Terrorismus” gleichgesetzt werden?

Hr. F. unterliegt wie gern in solchen Diskussionen genommen dem Irrglauben, dass ein PKW mindestens eine Reichweite von 1000 km haben muss und denkt dabei an den Vertreter, der im Dienstwagen jeden Tag diese 1000 km abspulen muss. Die Wahrheit ist: der durchschnittliche Weg eines deutschen Arbeitnehmers beträgt 17 km. Wer tatsächlich beruflich im PKW oder LKW unterwegs ist, muss Lenk- und Pausenzeiten einhalten, im Verlauf derer mühelos ein E-Auto wieder aufgeladen werden kann. Moderne E-Auto-Akkus an DC-Ladestationen sind in unter 30 min. auf 80 % vollgeladen. Der kleinste Tesla 3 hat gemäß WLTP 700 km Reichweite.

Weniger Platz für Autos, aber dafür Fahrradwege und mehr Lebensqualität: Schauen Sie sich Paris an, Hr. F.

Zwei aktuelle Meldungen zum Schluss: der Liebherr-Konzern hat einen milliardenschweren Großauftrag für elektrische Bergbaumaschinen erhalten. Das Statistische Bundesamt (Destatis) verzeichnet aufgrund einer starken Entwicklung bei den Autoherstellern eine Steigerung der Fertigung um 2,9 Prozent. Das widerspricht der Behauptung über die “Deindustrialisierung” Deutschlands doch recht deutlich.

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