12.07.2022

Fracking ist keine gute Idee - Leserbrief

[gekürzt veröffentlicht am 08.07.2022]

Hr. F. gibt sich nun genau wie Jens Spahn als Experte für Energiewirtschaft aus, und die Glosse vom Dienstag von Hr. Astanasiadis schlägt in dieselbe Kerbe. Voller Selbstvertrauen schreibt Hr. F. in seinem Leserbrief, dass “sämtliche Gutachten” dem Fracking (kurz für “Hydraulic Fracturing”) die Harmlosigkeit bescheinigen und schwärmt von der riesigen Menge an Gas im deutschen Schiefergestein. Die Glosse fordert, es dürfe keine “ideologischen Denkverbote” für Fracking und Atomkraft geben.

Das sind ganz schön mutige Aussagen, wenn ich auf der Seite des Bundesministeriums für Umwelt und Naturschutz finde: “Am 11. Februar 2017 ist ein Gesetzes- und Verordnungspaket in Kraft getreten, durch das die Erdgasgewinnung in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein (sogenannte unkonventionelle Fracking-Vorhaben) aufgrund der fehlenden Erfahrungen und Kenntnisse in Deutschland grundsätzlich verboten ist. Lediglich zu wissenschaftlichen Zwecken können die Bundesländer bundesweit maximal vier Erprobungsmaßnahmen im Schiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleflözgestein zulassen. Dafür sind strenge Bedingungen vorgesehen. Ebenso werden an das sogenannte konventionelle Fracking in anderen Gesteinen strenge Anforderungen gestellt.”

Bislang war keine wissenschaftliche Auswertung dieser Probebohrungen möglich, weil “die für entsprechende Forschungsbohrungen in Frage kommenden Bundesländer, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, das Fracking im Schiefergestein ablehnen.” - Tja, warum nur?

Entgegen seiner Behauptung über “sämtliche Gutachten sind positiv” finde ich nach kurzer Recherche genau gegensätzliche Untersuchungen:

“Eine Auswertung der im Zeitraum 2009 bis 2015 veröffentlichten rund 685 Studien und Berichte zum Thema Fracking, ergab folgendes Bild:

  • 84 Prozent der Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen wiesen auf potenzielle Risiken für die öffentliche Gesundheit oder tatsächlich beobachtete negative Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit hin;
  • 69 Prozent der Studien zur Wasserqualität zeigten potenzielle oder ein tatsächliches Auftreten von Wasserkontaminationen
  • 87 Prozent der Studien zur Luftqualität wiesen auf erhöhte Luftschadstoffemissionen und/oder eine erhöhte Konzentration in der Atmosphäre hin.”

Wenn neben den beim Verbrennen entstehenden CO2-Emissionen auch die bei Förderung, Transport und Lagerung anfallenden Methanleckagen berücksichtigt werden, fällt die Klimabilanz von Erdgas – insbesondere von gefracktem Erdgas – so schlecht wie die von Kohle aus.

Berechnungen zufolge ist gefracktes Gas für mehr als die Hälfte des globalen Anstiegs der Emissionen aus fossilen Brennstoffen sowie für etwa ein Drittel des Anstiegs aus allen Quellen in den letzten zehn Jahren verantwortlich.

Nebenbei benötigt das Fracking unglaubliche Mengen an Wasser, um unter hohem Druck und Zusetzung von teilweise höchst gefährlichen Chemikalien Gesteine aufzubrechen, um das darin enthaltene Gas zu extrahieren. Für jede Bohrstelle ist soviel Wasser nötig, wie eine mittlere Großstadt pro Tag verbraucht (ca. 175.000 m3).

Offensichtlich greift Hr. F. verzweifelt nach jedem Strohhalm, damit sein Leben so weitergehen kann wie bisher. Genau wie in seinem letzten Leserbrief zur Atomkraft sind ihm die Auswirkungen auf die Umwelt und die Gefahren vollkommen gleichgültig.

Wir müssen endlich aufhören, fossile Brennstoffe aus dem Boden zu holen, die dem atmosphärischen Kreislauf Millionen von Jahren entzogen waren. Wir sehen heute die Erwärmung der Atmosphäre durch die CO2-Emissionen von vor ca. zehn Jahren (390 ppm). Die Auswirkungen von 420 ppm CO2 (heutiger Stand) werden wir erst in zehn Jahren erleben, und sie werden nicht schön sein.

Zum Abschluss nochmals zur Atomkraft: die Betreiber haben schon mit dem Abbau der Bauwerke begonnen, z.B. werden keine Sicherheitsüberprüfungen mehr durchgeführt. Auch werden schon mit aggressiven Reinigungsmitteln Dekontaminationsmaßnahmen durchgeführt, die das Material angreifen. All das müsste rückgängig gemacht bzw. repariert werden, bevor nur an einen Weiterbetrieb zu denken ist. Die jetzigen Brennstäbe haben eine kalkulierte Lebenszeit und Kapazität bis Ende 2022 und werden für jedes Kraftwerk speziell hergestellt. Die Lieferzeit für eine Neubestellung betrüge dadurch 18 bis 24 Monate.

Abgesehen davon haben wir kein Energieproblem, sondern ein Wärmeproblem: Strom ist genug da, aber mit Atomkraftwerken können wir nicht heizen.

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