25.06.2018

Leserbrief: Heimrouter und Sicherheit

Die WZ hat regelmäßig in der Samstagsausgabe Sonderseiten zu bestimmten Themen, darunter auch Computer, Internet, Smartphones und verwandte Themen. Kürzlich erschien ein Artikel, wie nützlich und vielseitig die Router sind, die im privaten Heim den Internetzugang bereitstellen. Der Artikel ließ aber einen wesentlichen Aspekt aus, der mir als Berufsparanoiker sehr wichtig ist: die Sicherheit.

[veröffentlicht am 23.06.2018]

Leserbrief zum Artikel über Auswahl des Routers für zuhause
Kürzlich hat die WZ einen Artikel über die Auswahl des richtigen Routers für zuhause abgedruckt.
Der Artikel war umfangreich, aber inhaltlich unbefriedigend. Ich habe z.B. vermisst, dass bestimmte Router nicht nur den Internetzugang bereitstellen, sondern auch als Heimserver dienen können, indem man Drucker und Speicher anschließt, die dann jeder nutzen kann. Manche Router können sogar über einen USB-Stick mit Mobilfunk einen alternativen Zugang bereitstellen, wenn die Internetverbindung ausfällt. Immerhin fand Erwähnung, dass neuere Router einen Gastzugang beherrschen.
Was mir aber massiv aufgestoßen ist, ist das Fehlen jeglicher Hinweise oder Empfehlungen auf die Sicherheit dieser Geräte. Immerhin ist der Router dasjenige Gerät, das direkt ans Internet angeschlossen ist, weil das naturgemäß der Sinn der Sache ist. Aus diesem Grund ist es immens wichtig, dass das Gerät regelmäßig Softwareupdates bekommt, um Sicherheitslücken zu schließen oder Fehler zu beheben. Die allermeisten Router funktionieren mit einem kleinen Linuxsystem, und hier gibt es regelmäßig Verbesserungen und Fehlerkorrekturen.
Erst vor kurzem wurde bekannt, dass sehr viele Router von durchaus bekannten Firmen (wie Asus, D-Link, Huawei, Linksys, Ubiquiti, Upvel, und ZTE, sowie verschiedene NAS und Router-Modelle von Linksys, Mikrotik, Netgear, Qnap und TP-Link) gegen einen bestimmten Angriff verwundbar sind und sich deshalb Trojaner einnisten konnten. Die c't berichtete, dass das FBI zwar den Kontrollserver dieses einen Botnetzes lahmlegen konnte, aber die Sicherheitslücken existieren nach wie vor für jeden anderen Bösewicht (eine Liste der betroffenen Geräte). In der Vergangenheit wurden auch schon oft Angriffe auf Heimrouter bekannt, aber mit zunehmender Breitbandversorgung wird es immer interessanter, diese Geräteklasse anzugreifen - eben weil sie schlecht gepflegt werden.
Das ist aus drei Gründen gefährlich:
Erstens haben die bösen Buben durch die weite Verbreitung dieser Geräte eine enorme Armee an Drohnen, die sie für ihre Zwecke einsetzen können, wie z.B. Erpressung mit einem sog. DDoS-Angriff (Distributed Denial of Service), bei dem der Angegriffene mit Anfragen überschwemmt wird und sein Geschäft nicht mehr ausüben kann,
zum Zweiten ist der Router in der Lage, jedes Gerät im Heimnetz anzusprechen und zu belauschen,
und zum Dritten ist es möglich, dass der Internetverkehr nicht nur belauscht, sondern auch manipuliert wird, so dass z.B. Kreditkarteninformationen, Passwörter, Electronic Banking usw. kompromittiert werden können.
Man kann es nicht oft genug wiederholen: Software-Updates werden immer wichtiger in einer Welt, in der es sich lohnt, elektronische Verbrechen zu begehen. Einer aktuellen Meldung von heise zufolge kann man mit Spam bis zu 300.000 Dollar pro Monat verdienen, mit Trojanern für Klickbetrug (simulierte Abrufe von Werbung) sogar Millionen. Das soll jetzt aber keine Werbung sein, hier ins Geschäft einzusteigen, bitteschön!
Niemand sollte einen Router kaufen oder sich vom Internetprovider aufstellen lassen, wenn die Updatefrage für dieses Modell nicht geklärt ist. Die Hersteller aus der o.g. Liste liefern auch Geräte, die von Vodafone, Telekom, 1&1 und anderen Internetprovidern unter eigener Marke ausgeliefert werden (die Telekom und Vodafone verwenden u.a. gern Geräte von Asus, ZyXEL und Huawei). Jeder Besitzer sollte darauf achten, dass die Updates entweder automatisch installiert werden oder es sich zur Angewohnheit machen, regelmäßig zu kontrollieren, ob es neue Updates gibt.
Im Zweifelsfall kann der Internetprovider eine Updategarantie natürlich nicht geben. Hier empfiehlt es sich, das Gerät nicht von diesem zu kaufen oder zu mieten, sondern sich über Tests in Fachzeitschriften selbst ein gut - und vor allem lang! - gepflegtes Modell auszusuchen.
Tipp am Rand: das Standardpasswort des Geräts sollte auch auf etwas eigenes geändert werden. Manche Standardpasswörter der Hersteller werden nach einem eher langweiligen Algorithmus erzeugt und sind leicht berechenbar.

18.06.2018

Jährliches Theater mit den Dramateuren

Juhu, die Dramateure haben sich entschlossen, wieder ein Theaterstück von Sir Terry Pratchett aufzuführen!

Das diesjährige Stück war "Mummenschanz", im Original "Maskerade", und die Handlung orientiert sich vage am "Phantom der Oper", aber natürlich auf die ganz eigene und geniale Weise von Terry Pratchett.

Natürlich muss ein Pratchett-Fan dann mit einem passenden T-Shirt in's Theater gehen.

Die Aufführung fand wieder in Bischofsheim statt wie "Good Omens" letztes Jahr.

Dieses Jahr gab es sozusagen eine Fortsetzung von "Wyrd Sisters", das die Dramateure vor einigen Jahren aufgeführt haben - die Geschichte von "Mummenschanz" ("Maskerade" im Original) erzählt ein neues Kapitel im Leben der Hexen von Lancre, nachdem die dritte Hexe Magrat den König geheiratet und damit aus dem Hexenzirkel ausgeschieden ist. Esme Wetterwachs und Nanny Ogg suchen aus traditionellen Gründen wieder eine dritte Hexe, und ihre Wahl fällt auf Agnes Nitt. Die allerdings will lieber in Ankh-Morpork an der Oper singen.

Viel will ich über die Geschichte gar nicht erzählen - jeder Fan von STP wird die Scheibenwelt-Variante von "Phantom der Oper" sowieso kennen.

Die Schauspieler haben ihre Sache ausnahmslos sehr gut gemacht. Die beiden Hexen Esme und Nanny waren die Hauptpersonen und hatten eine unglaubliche Bühnenpräsenz. Agnes hat es ebenfalls geschafft, ihre Rolle so auszufüllen, wie ich sie mir beim Lesen des Buchs vorgestellt hatte. Die stimmlichen Künste wurden durch geschickt eingesetzte Tontechnik dem Buch entsprechend umgesetzt - das war sehr glaubwürdig und hat sich wunderbar in den Ablauf eingepasst.

Die Kostüme waren liebevoll gestaltet und haben viel zur Opern- und Bühnenatmosphäre beigetragen. Wie üblich auch in den vergangenen Jahren waren die Requisiten eher minimalistisch, aber perfekt passend zur Szene und Situation ausgewählt. Die Bühne hatte sogar zwei Ebenen, wobei der hintere Bühnenteil erhöht war und abwechselnd als Zimmer der Sängerinnen und als Loge des Phantoms diente. Auch der Raum vor der ersten Sitzreihe und hinter den Zuschauern wurde zur Tiefengestaltung mit einbezogen.

Schon die Fahrt von Lancre nach Ankh-Morpork in der Kutsche war ein Erlebnis für sich, bei dem sie den Sänger Heinrich Nacktschneck kennenlernen, der sich als ausländischer Künstler ohne Sprachkenntnisse ausgibt, damit er Erfolg hat. Er muss aber lernen, dass ihn jeder im Bemühen, ihn gemäß seiner (vermeintlichen) Kultur zu verwöhnen, im Gegenteil aber fast schon foltert, weil er nur Spezialitäten seiner Heimat serviert bekommt - wie Pasta - aber eben leider nichts Örtliches. Er liegt dann selbstverständlich Nanny Ogg zu Füßen, von der er schmackhafteren Reiseproviant bekommt.

Die Fußnoten, von denen Sir Terry genau wie Douglas Adams gern und reichlich Gebrauch macht, wurden wie bei den bisherigen Aufführungen realisiert, indem nach einem Signalton die Handlung "eingefroren" wurde und eine Sprecherin mit einem riesigen Fußnotenschild (*) eine Erklärung zu einem bestimmten Detail abgab.

Die Auszahlung der Tantiemen für Nannys Kochbuch wird schnell erledigt, als Esme dem Buchverleger recht deutlich macht, wie sehr sie es mißbilligt, dass Nanny über den Tisch gezogen wurde, was die Auflage und den Gewinn aus dem Buchverkauf angeht.

Im weiteren Ablauf wird dann klar, dass es zwei "Geister" in der Oper gibt, und am Schluss gibt es einen dramatischen Showdown zwischen dem Sheldon-ähnlichen leicht autistischen, kunstliebenden Geist und dem geldgierigen Regisseur, der den Mythos dazu mißbraucht, jeden zu beseitigen, der ihm auf die Schliche kommt.

Das Stück und die Realisierung haben mir ausnehmend gut gefallen und die Schauspieler haben alle ein großes Lob verdient.

Mein Fazit: Top Theater, jederzeit gerne wieder!


(Verwendung der Fotos mit freundlicher Genehmigung des Regisseurs Jonas Milke)

16.06.2018

Leserbrief: Gesetzesänderungen zur Verbrechensaufklärung

In der WZ vom 12.06. war ein kurzer, fast unauffälliger Leserinnenbrief abgedruckt, in dem Gesetzesänderungen gefordert wurden, weil aus "Datenschutzgründen" Dinge gelöscht werden müssten, die für die Verbrechensaufklärung wichtig seien.
Damit ist die Dame offensichtlich der Propaganda der Polizeibehörden auf den Leim gegangen, die vor einigen Tagen falsch gemeldet haben, dass 8.500 Straftaten nicht aufgeklärt werden konnten. Später ist das BKA dann zurückgerudert, als Zweifel an dieser Darstellung aufkamen.
[Veröffentlicht am 17.06.2018]

Leserbrief zum Leserbrief über Verbrechensaufklärung
Fr. S. schreibt in ihrem Leserbrief, dass die Polizei mehr Möglichkeiten zur Verbrechensaufklärung benötigt und deshalb Gesetze geändert werden müssten.
Sie schreibt weiter, dass aus "Datenschutzgründen" Hinweise wie z.B. Logdateien gelöscht werden "müssen". Das ist technisch falsch, denn da es derzeit rechtlich keine Vorratsdatenspeicherung gibt, fallen gar keine Daten an, die die Internetprovider speichern müssen, und deshalb muss auch nichts "gelöscht" werden, da es schlicht nicht vorhanden ist.
Damit geht sie der vorsätzlich falschen und unklaren Berichterstattung von Polizeibehörden, allen voran dem Bundeskriminalamt BKA, auf den Leim.
Dort wurde nämlich vor ein paar Tagen eine Pressemeldung in Umlauf gebracht, dass angeblich 8.500 Taten aus dem Bereich der Kinderpornographie nicht aufgeklärt werden konnten, weil die Vorratsdatenspeicherung nicht in Kraft getreten ist.
Kinderpornographie ist im Allgemeinen nur ein vorgeschobenes Argument, um die Überwachung prinzipiell zu intensivieren und das Grundgesetz weiter zu demolieren.
Diese BKA-Meldung ist in zweierlei Hinsicht falsch: es gab in Deutschland insgesamt nur um die 6500 Fälle von Kinderpornographie, und diese wurden zu 90% aufgeklärt. 
Später ist das BKA dann zurückgerudert, als Zweifel an dieser Darstellung aufkamen, und hat versucht, die Unstimmigkeiten der Meldung zu verschleiern.
Die 8.500 angeblich nicht aufklärbaren Fälle entstammten einem "Hinweis" einer nicht näher benannten "Organisation" aus den USA, es handelt sich also bei weitem nicht um Fälle, die in Deutschland verfolgt werden können.
Zur Quote von 90% bleibt noch anzumerken, dass dieser Wert sich gegenüber dem Vorjahr um 3,7% verbesser hat.
Zum Vergleich: die durchschnittliche Aufklärungsquote von Straftaten in Deutschland liegt bei 57%. Damit sind die 90% ein extrem guter Wert und die Steigerung dieser Quote ist ein sehr gutes Zeichen, dass die Methodik der Polizei auch ohne Vorratsdatenspeicherung bereits in der Lage ist, diese Straftaten aufzuklären und die Quellen auszutrocknen.
Es gibt bereits ein internationales Meldesystem für illegale Angebote wie Kinderpornographie, und dort werden ca. 80% aller gemeldeten Seiten innerhalb von weniger als 6 Stunden blockiert.
Und man bemerkt einmal mehr: die Vorratsdatenspeicherung mit extrem starken Eingriffen in die Grundrechte aller Bürger ist bei weitem nicht nötig.
Außerdem wurden sowohl die deutschen als auch die entsprechenden Pläne zur Vorratsdatenspeicherung auf EU-Ebene von den höchsten Verfassungsgerichten mehrfach vernichtend abgeschmettert, wie man u.a. hier bei den heise-Nachrichten nachlesen kann.