Das diesjährige Stück war "Mummenschanz", im Original "Maskerade", und die Handlung orientiert sich vage am "Phantom der Oper", aber natürlich auf die ganz eigene und geniale Weise von Terry Pratchett.
Natürlich muss ein Pratchett-Fan dann mit einem passenden T-Shirt in's Theater gehen.
Die Aufführung fand wieder in Bischofsheim statt wie "Good Omens" letztes Jahr.
Dieses Jahr gab es sozusagen eine Fortsetzung von "Wyrd Sisters", das die Dramateure vor einigen Jahren aufgeführt haben - die Geschichte von "Mummenschanz" ("Maskerade" im Original) erzählt ein neues Kapitel im Leben der Hexen von Lancre, nachdem die dritte Hexe Magrat den König geheiratet und damit aus dem Hexenzirkel ausgeschieden ist. Esme Wetterwachs und Nanny Ogg suchen aus traditionellen Gründen wieder eine dritte Hexe, und ihre Wahl fällt auf Agnes Nitt. Die allerdings will lieber in Ankh-Morpork an der Oper singen.
Viel will ich über die Geschichte gar nicht erzählen - jeder Fan von STP wird die Scheibenwelt-Variante von "Phantom der Oper" sowieso kennen.
Die Schauspieler haben ihre Sache ausnahmslos sehr gut gemacht. Die beiden Hexen Esme und Nanny waren die Hauptpersonen und hatten eine unglaubliche Bühnenpräsenz. Agnes hat es ebenfalls geschafft, ihre Rolle so auszufüllen, wie ich sie mir beim Lesen des Buchs vorgestellt hatte. Die stimmlichen Künste wurden durch geschickt eingesetzte Tontechnik dem Buch entsprechend umgesetzt - das war sehr glaubwürdig und hat sich wunderbar in den Ablauf eingepasst.
Die Kostüme waren liebevoll gestaltet und haben viel zur Opern- und Bühnenatmosphäre beigetragen. Wie üblich auch in den vergangenen Jahren waren die Requisiten eher minimalistisch, aber perfekt passend zur Szene und Situation ausgewählt. Die Bühne hatte sogar zwei Ebenen, wobei der hintere Bühnenteil erhöht war und abwechselnd als Zimmer der Sängerinnen und als Loge des Phantoms diente. Auch der Raum vor der ersten Sitzreihe und hinter den Zuschauern wurde zur Tiefengestaltung mit einbezogen.
Schon die Fahrt von Lancre nach Ankh-Morpork in der Kutsche war ein Erlebnis für sich, bei dem sie den Sänger Heinrich Nacktschneck kennenlernen, der sich als ausländischer Künstler ohne Sprachkenntnisse ausgibt, damit er Erfolg hat. Er muss aber lernen, dass ihn jeder im Bemühen, ihn gemäß seiner (vermeintlichen) Kultur zu verwöhnen, im Gegenteil aber fast schon foltert, weil er nur Spezialitäten seiner Heimat serviert bekommt - wie Pasta - aber eben leider nichts Örtliches. Er liegt dann selbstverständlich Nanny Ogg zu Füßen, von der er schmackhafteren Reiseproviant bekommt.
Die Fußnoten, von denen Sir Terry genau wie Douglas Adams gern und reichlich Gebrauch macht, wurden wie bei den bisherigen Aufführungen realisiert, indem nach einem Signalton die Handlung "eingefroren" wurde und eine Sprecherin mit einem riesigen Fußnotenschild (*) eine Erklärung zu einem bestimmten Detail abgab.
Die Auszahlung der Tantiemen für Nannys Kochbuch wird schnell erledigt, als Esme dem Buchverleger recht deutlich macht, wie sehr sie es mißbilligt, dass Nanny über den Tisch gezogen wurde, was die Auflage und den Gewinn aus dem Buchverkauf angeht.
Im weiteren Ablauf wird dann klar, dass es zwei "Geister" in der Oper gibt, und am Schluss gibt es einen dramatischen Showdown zwischen dem Sheldon-ähnlichen leicht autistischen, kunstliebenden Geist und dem geldgierigen Regisseur, der den Mythos dazu mißbraucht, jeden zu beseitigen, der ihm auf die Schliche kommt.
Das Stück und die Realisierung haben mir ausnehmend gut gefallen und die Schauspieler haben alle ein großes Lob verdient.
Mein Fazit: Top Theater, jederzeit gerne wieder!
(Verwendung der Fotos mit freundlicher Genehmigung des Regisseurs Jonas Milke)
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