Die Empörung über die Abhöraffäre nimmt und nimmt keine Fahrt auf, obwohl jeden Tag schreckliche neue Details zutage treten.
Dazu mein Leserbrief mit einer Zusammenfassung des bisher Bekannten an die WZ.
Mein Fazit: allein durch die Veränderung vieler demokratischer Staaten hin zu dieser extremen Überwachung haben die Terroristen unglaublichen Schaden angerichtet. Dieser ideelle Schaden überwiegt bei weitem alles andere, was Terroristen im Namen welchen Gottes oder welcher Ideologie auch immer bislang verursacht haben.
Leserbrief zum Dauerthema Abhören
Wenn sogar der "Spiegel" das Abhörthema zum Dauerthema auf der Website macht und dauerhaft extrem kritisch berichtet, ist das schon ein deutliches Warnzeichen für unsere Demokratie und unser Verhältnis zu sogenannten "befreundeten" Staaten. Eigentlich ist es schlimm, dass man dieses Adjektiv in Anführungszeichen setzen muss, aber es scheint nicht weit her zu sein mit der Freundschaft. In den vergangenen 12 Jahren haben sich die USA von einem freien in einen Überwachungsstaat verwandelt.
In Deutschland gab es einige Zeit lang die Vorratsdatenspeicherung für Verbindungsdaten (keine Inhalte). Das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht fand keine Hinweise darauf, dass die Speicherung einen Terroranschlag verhindert hätte - oder dass sich damit Kinderpornografie wirksamer bekämpfen ließe. Forscher der Technischen Universität Darmstadt kommen zu dem Ergebnis, dass die Vorratsdatenspeicherung wohl nicht zur Prävention geeignet ist.
Zunächst schien es "nur" Internetüberwachung zu sein, bis bekannt wurde, dass die US-Post pro Jahr 160 Milliarden Briefumschläge fotografieren und digitalisieren lässt.
Als nächstes wurde nun bekannt, dass T-Mobile USA einen Geheimvertrag mit dem FBI unterzeichnen musste, der den Ermittlern nahezu grenzenlosen Zugriff zu den Daten und zur Kommunikation ihrer Kunden gewährt.
"Prism" habe doch keine fünf konkreten Terroranschläge in Deutschland verhindert, wie es zunächst hieß. "Vielleicht mehr, vielleicht weniger", sagte Friedrich jetzt. Dafür musste also unsere gesamte Kommunikation überwacht werden?
Jeder ist betroffen: nicht durch durch eigenes aktives Verhalten, sondern auch, weil Firmen Daten über uns speichern und natürlich über's Internet miteinander austauschen.
Es geht um die flächendeckende Abschöpfung des Internetgebrauchs, nicht nur um sogenannte Metadaten, sondern um alle Daten inklusive der https-verschlüsselten: E-Mails, Chat, Suchanfragen, Videotelefonate, Käufe. Das wäre so, als ob jeder Mensch dauerhaft per Video total überwacht wird. Wer weiß, was man in ein paar Jahren mit diesen gespeicherten Daten anstellen kann?
Die Geheimdienste "5 eyes" der englischsprachigen Länder haben vereinbart, dass sie sich gegenseitig abhören und Daten austauschen. Man darf ja nicht die eigenen Landsleute abhören. Aber die Erkenntnisse der "Freunde" darf man natürlich verwerten. Wie verlogen ist das denn?
Merkel: "Da wurde dem Bundesinnenminister sehr deutlich gesagt, es gibt keine Industriespionage gegen deutsche Unternehmen." Die amerikanische Geheimdienstführung hat mehrfach sowohl Senatoren wie auch den US-Kongress angelogen. Wie außerordentlich egal muss dann erst eine Lüge gegenüber einem europäischen Reisebittsteller sein? Es gibt 45 verschiedene amerikanische Geheimdienste, und alle haben eigene Geheimnisse.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass amerikanische Geheimdienste auch zu Gunsten der amerikanischen Wirtschaft spionieren. Es wird kolportiert, dass Airbus Ausschreibungen verloren hat, weil Boeing durch Insiderkenntnisse Angebote nachbessern konnte. Merkel gibt sich doch immer so wirtschaftsfreundlich. Warum wird sie hier nicht zum Schutz der Wirtschaft tätig?
Deutschland und die EU könnten sich wehren; es gibt durchaus Druckmittel: Fluggastdatenabkommen, SWIFT-Datenaustausch, Freihandelsabkommen. Man muss es nur wollen. Die Datenschutzbeauftragten geben die Marschrichtung vor: derzeit keine neuen Genehmigungen für "Safe Harbour"-Anträge, d.h. keine Auftragsdatenverarbeitung im Ausland nach EU-Richtlinien, weil nicht klar ist, ob "Safe Harbour" wirklich eingehalten wird.
Eine kurzfristige Gegenmaßnahme ist das Verschlüsseln von Mails (Anleitung dazu in meinem Blog). Aber eigentlich ist das ein Zeichen, dass ich meinem Staat mißtraue. Und das ist auch kein schönes Gefühl.
Das eigentliche Ziel von Terrorismus ist es, Angst zu verbreiten. Bis jetzt kann ich nur feststellen: Job well done.
Im Vergleich zu anderen Todesursachen rangiert Terrorismus deutlich unter "ferner liefen". Es gibt viel mehr Tote durch Krankheiten, Drogen, Unfälle. Warum erhält Terrorismus soviel Aufmerksamkeit? Das ist genau das, was die Terroristen wollen. Meine Theorie dazu: Ohne Aufmerksamkeit durch die Medien gäbe es langfristig keine oder kaum Anreize, Anschläge zu verüben.
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