[veröffentlicht am 08.03.2025]
“Das nennt man Demokratie”, meint Hr. F. zu den (zugegeben zahlreichen) Anmerkungen, die ich über die Glossisten der WZ einreiche. Das ist ironisch: ich tue einfach genau das, wofür er den Erklärbär gibt. Nun gut, das müssen er und ich aushalten. Glossen sind subjektiv gefärbte Beiträge in einer Zeitung und dürfen somit auch politische Neigungen erkennen lassen. Für Hr. F. scheint aber das Recht auf Meinungsäußerung nur dann zu gelten, wenn es ihm genehm ist - alles andere ist “Genörgel”. Erneut Respekt für die WZ, das abzudrucken, auch wenn es gelegentlich heftig gekürzt wird.
Was ich aber regelmäßig an den Glossen kritisiere, ist nicht die politische Nähe (Anastasiadis z.B. ist hauptberuflich Chefredakteur des Münchner Merkur), sondern falsche Behauptungen und Tatsachenverdrehungen. Insbesondere Sattler hat seit Jahren ein nahezu tägliches Monopol darauf, etwas zu behaupten, was beim zweiten und dritten Lesen dann doch aufstößt. Er übernimmt Sprachkonstruktionen der AfD (z.B. die “irreguläre Migration”) und ignoriert dabei die Tatsache, dass die Flüchtlingszahlen seit Jahren stetig zurückgehen. Außerdem werden auf diese Weise Kriegsflüchtlinge, die vermutlich nach Ende des Kriegs zurückkehren wollen, mit Asylbewerbern in einen Topf geworfen. Auch Bürgergeldempfänger sind regelmäßig Opfer der WZ-Glossen: dabei wird gern unterschlagen, wieviele Empfänger Zuschüsse zum Lohn erhalten oder nicht arbeiten können aufgrund von Krankheiten, Angehörigen- oder Kinderpflege und ähnlichen Gründen.
Besonders auf die Grünen hat es Sattler immer wieder abgesehen: am Dienstag 25.02. und Mittwoch 26.02. erneut. Dabei unterschlägt er, dass die CDU und die CSU jeweils die zweitschlechtesten seit 1949 und die Grünen das zweitbeste Ergebnis seit Gründung eingefahren haben. Es ist also nicht die Ampel “krachend” gescheitert, sondern die Ampel ist am Saboteur Lindner gescheitert.
Auch Hr. F. ist Opfer dieser Tatsachenverdrehungen geworden: die wirtschaftliche Schieflage, die er der Ampel anlastet, lässt sich mindestens bis ins Jahr 2018 zurückverfolgen. Die marode Infrastruktur mit Brücken, Bahnen und Straßen “verdanken” wir mehreren Verkehrsministern von CDU und CSU, die Gelder gern hauptsächlich nach Bayern geschickt haben. Die Merkelkabinette haben zwar die Atomkraft abgeschaltet (14 von 17 KKW), haben es aber versäumt, Alternativen aufzubauen. Stattdessen wurden Solar- und Windindustrie mit maximaler Bürokratie behindert und zerstört (120.000 bzw. 70.000 Arbeitsplätze). Immerhin hat Habeck vorgesorgt und die Genehmigungen für die Energiewende reichen bis ins Jahr 2030. Natürlich wird sich Merz diese Erfolge gern für seine kommende Regierungszeit anrechnen lassen.
Ja, wir haben wirtschaftliche Probleme. Statt diese Probleme anzugehen, haben CDU, CSU und FDP die letzten drei Jahre destruktivste Oppositionspolitik betrieben und die Ampel schlecht geredet. Das hat zum massiven Erstarken der AfD geführt. Die Gründe sind aber global: Corona und Ukraine. Daran ist nicht die Ampel schuld. 2020 gab es erstmals seit 10 Jahren einen Einbruch beim BIP von über - 4 %, 2021 eine Steigerung um über + 3 %, dann + 1 %, und mit Kriegsbeginn - 0,3 % und letztes Jahr - 0,2 %. Für nächstes Jahr werden + 0,8 % prognostiziert (Quelle: Statista). Sooo schlimm klingt das eigentlich gar nicht. Der DAX steht über 20.000, es sind nach wie vor mehr als 46 Mio. Arbeitnehmer in Lohn und Brot, die Reallöhne steigen mit 3 % so stark wie seit 16 Jahren nicht mehr, und die Telekom schüttet eine Rekorddividende aus (leider: statt Infrastruktur zu bauen).
Schaut man sich die Wahlprogramme der CDU und der AfD an: Entlastung der Reichen, Streichung von Subventionen (auch Agrardiesel und Wärmepumpen), Mehrwertsteuererhöhung, Steuersenkungen am oberen Ende der Skala, Streichung des Soli II (der sowieso nur noch die höchsten 5 % der Einkommen betrifft). Gehören Sie zu den Millionären, die von diesem Programm profitieren werden? Haben Sie nebenbei bemerkt, dass die Wahlprogramme von CDU und AfD sich (laut Wahl-O-Mat) zu über 70 % überschneiden?
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