Nachdem der eine Leserbriefschreiber erneut die Gasgleichung (pV=nRT) ausgepackt hat, um die Klimakatastrophe zu verleugnen, springt ihm ein anderer Einsender bei und verteidigt das Recht auf "Selbstdenken" und die eigene Meinung. Warum das falsch ist, musste ich in einem Leserbrief beantworten.
[veröffentlicht am 08.04.2023]
Respekt vor Hr. P., der dem Klimaleugner und Hobbywissenschaftler K. solidarisch zur Seite eilt und damit zeigt, dass er den Unterschied zwischen Meinung, Fakten und wissenschaftlicher Arbeitsweise nicht im Mindesten verstanden hat.
Meine Aussage war “Alle relevanten Klimawissenschaftler sind sich einig, dass die Klimakatastrophe menschgemacht ist”, und die Politik unternimmt zu wenig, zumal wir eine Opposition in der Koalition haben, die nach wie vor von e-Fuels, neuen Atomkraftwerken und “grünem” Wasserstoff für alle träumt, auch für private Heizungen und Autos.
Hr. P. setzt dem entgegen, dass es nötig sei, sich eine eigene Meinung zu bilden, und unterstellt damit unausgesprochen das Narrativ, dass es ein “Verbot” von gegensätzlichen Meinungen gäbe.
So funktioniert Wissenschaft nicht. Es geht nicht um “Meinungen”, sondern um Fakten. Alle relevanten Wissenschaftler haben die vorhandenen Tatsachen geprüft und die konkrete Schlussfolgerung daraus ist, dass die Klimakatastrophe definitiv menschgemacht ist und dringend Maßnahmen ergriffen werden müssen, bevor weltweit Kippelemente wie Grönland, die Arktis, die Antarktis, der Amazonas, Korallenriffe oder die Atlantikströmungen unumkehrbar zerstört werden. Es gibt laut PIK 9 globale Kern-Kippelemente und 7 weitere regionale Kippelemente, von denen gut die Hälfte schon kurz vor dem Kippen steht.
Meine Kritik an der derzeitigen Pseudodiskussion ist, dass Laien, die nicht auf diesem Gebiet forschen, Behauptungen aufstellen, die den bekannten und anerkannten Fakten widersprechen. Hier fehlt gänzlich der Wille und die Fähigkeit, eigene Grenzen zu erkennen und sich auf tatsächliche Fachleute zu verlassen. Diese vehemente Ablehnung von Fakten zur Klimakatastrophe hat kurzsichtige wirtschaftliche Gründe und den Erhalt der persönlichen Bequemlichkeit.
Jeder Wissenschaftler ist ein Experte auf seinem Gebiet - wenn sich nun also 13.000 renommierte Klimawissenschaftler einig sind, dass die Klimakatastrophe real ist, muss man in der Lage sein, enorm schlagkräftige Fakten auf den Tisch zu legen, um der aktuellen, gut belegten Forschung zu widersprechen. Dazu gehört Erfahrung - die wird üblicherweise durch Veröffentlichungen in der Fachpresse und die Anzahl von Zitaten durch Fachkollegen nachgewiesen. Es reicht nicht, einen Leserbrief zu schreiben und mit hastig zusammengesuchten Formeln aus der Formelsammlung der neunten Klasse zu behaupten, dass CO2 harmlos sei. Wie ein anderer Leserbrief gezeigt hat, war Hr. K. nicht einmal in der Lage, die Randbedingungen der von ihm verwendeten physikalischen Formel zu kennen, und damit, dass diese Formel gar nicht zur Bewertung der Klimakatastrophe anwendbar ist.
Mathematiker und Physiker werden immer wieder mit “Beweisen” von Laien konfrontiert, dass es ein Perpetuum Mobile geben kann, dass die Quadratur des Kreises oder die Drittelung von Winkeln mit reiner Geometrie möglich sei, oder eben, dass der Klimawandel ja gar nicht “bewiesen”, sondern nur eine “Theorie” sei - all das ist längst endgültig widerlegt, aber wird immer wieder neu aufgekocht.
Schlichte Erkenntnis: Verwechseln Sie nicht Meinung und Fakten und überschätzen Sie nicht Ihre eigene Kompetenz.
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