11.03.2014

Das planlose Gefasel von der Frauenquote

Es hört und hört nicht auf, das merkwürdige Gefasel über eine Frauenquote für leitende Positionen in deutschen Firmen.

Und was ist derzeit Stand der Dinge? Die "taz" hat es schön auf den Punkt gebracht: 30 Prozent Frauenquote in Aufsichtsräten (*), achten Sie bitte auf das Kleingedruckte.

Diese Quote gilt natürlich nicht für alle Arten von Firmen, z.B. haben GmbHs, KGs und andere Rechtsformen gar keine Aufsichtsräte, sondern nur börsennotierte Unternehmen. Schätzungen zufolge sorgt diese Quote also für etwa 1200 weibliche Aufsichtsräte. Und für solche Ergebnisse beschäftigen wir Steuerzahler hochbezahlte Politiker?

Abgesehen davon haben in vielen Firmen Aufsichtsräte nicht besonders viel zu tun oder wollen nichts tun (Ausnahmen gibt es sicherlich ...), wie man an den regelmäßigen Skandalen und Skandälchen immer wieder lesen kann, die man vielleicht im Aufsichtsrat früher erkannt hätte, wenn dort der gesetzliche Auftrag zur Kontrolle des Vorstands ernst genommen worden wäre.

Ich finde, dass eine Frauenquote sinnlos ist, solange die grundsätzliche Familienpolitik es nicht möglich macht, dass Frauen und Männer gleichberechtigt einen Beruf erlernen und ihn gleichermaßen ausüben können, und trotzdem eine Familie gründen können.

Im Moment sieht es nämlich so aus: viele Frauen bleiben hinter ihren Möglichkeiten zurück. Selbstverständlich gibt es keine Unterschiede in den Fähigkeiten von Männern und Frauen, und ich zweifle nicht im Geringsten daran, dass beide Geschlechter prinzipiell zu denselben Leistungen in der Lage sind.

Diese Leistungsfähigkeit wird sicherlich in Zukunft bei jeder Frau in einer Führungsposition angezweifelt werden. Zunächst weiß man ja nicht, ob sie durch die Quote oder durch ihre Fähigkeiten an und auf diese Stelle gekommen ist. Das ist eine so schwere Bürde, dass ich denke, allein aufgrund dieses Vorurteils darf es keine Quote geben.

Gesellschaftlich gibt es nach wie vor das Problem, dass hauptsächlich die Frauen eine Babypause einlegen. Damit meine ich nicht die gesetzliche Frist des Mutterschutzes von einigen Wochen; diese Zeit ist unerheblich bei der Rentenberechnung. Ich meine insgesamt die Zeit, die eine Mutter zur Betreuung von Kindern zuhause bleibt. In dieser Zeit arbeiten sie höchstens in Teilzeit, wenn überhaupt. Diese Fehlzeit macht sich in der Altersversorgung bemerkbar und natürlich auch in Berufserfahrung. Diese Last schleppt jede Frau bis zur Rente hinter sich her.

Die Elternzeit und der darin enthaltene Anreiz, dass beide Partner diese Zeit auch in Anspruch nehmen, weil nämlich nur in diesem Fall das Geld die volle Zeit ausgezahlt wird, finde ich einen guten Ansatz. Wenn sich ein Partner verweigert und nicht mindestens zwei Monate ebenfalls Elternzeit nimmt, gibt es weniger Geld. Allerdings hat das Elterngeld den Nachteil, dass es auf maximal 70 Prozent des letzten Nettogehalts und maximal 1800 Euro gedeckelt ist. Wer deutlich mehr verdient und sein Geld verplant hat, z.B. für Kreditraten, kann nicht plötzlich für mehrere Monate auf sein Einkommen verzichten, und damit verliert diese Zahlung ihren eigentlichen familienpolitischen Sinn. Wer soviel Geld verdient, hat die Elternzeit nicht aus finanziellen Gründen nötig, aber er hat auch umgekehrt keinen Anreiz, sich die Zeit zu nehmen. Das zementiert weiterhin die übliche Rollenaufteilung.

Es gibt Statistiken, die geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede von über 20 Prozent behaupten. Das sorgt natürlich für entsprechend aufgeregte Pressemeldungen und die gewünschten Quoten dazu. Wenn man diese pauschale Behauptung genauer aufdröselt, stellt man fest, dass hier eine Statistik über alle Gehälter und Altersgruppen berechnet wird, und das bedeutet eben gerade nicht, dass Frauen prinzipiell im Beruf benachteiligt werden, sondern beschreibt nur sehr deutlich, dass leider meistens Frauen durch Babypause(n) oder andere familiär bedingte Ausfallzeiten hinterherhinken, was die Gehaltsentwicklung angeht. Wenn man berufsspezifische Statistiken betrachtet, schrumpft diese Differenz auf die üblichen Schwankungen von knapp 5 Prozent zusammen ("gleiches Geld für gleiche Arbeit"). In einer anderen Studie wurden Teilzeit- und Vollzeitstellen gleich gewichtet, also die Teilzeitgehälter durch die volle Arbeitszeit geteilt, was einen deutlich niedrigeren Stundenlohn ergibt. Man kann natürlich mit Statistik beweisen, was man will, aber wenn man das weiß, kann man auch leicht die Schwachstellen einer solchen Argumentation finden. Man muss natürlich eine Statistik auswählen, bei der man gleiche Qualifikationen als Grundlage hat, damit man mit den üblichen statistischen Werkzeugen wie Streuung und Varianz prüfen kann, ob es wirklich eine geschlechtsspezifische Benachteiligung gibt.

Merkwürdigerweise wählen Frauen gern "typisch weibliche" Berufe, die genauso typisch schlecht bezahlt sind (dies ist eine rein empirische Behauptung aus meinem eigenen Umfeld). Ich habe mich jahrelang gefragt, warum in der Tierarztpraxis meiner Frau beim "Girls' day" so eine unglaubliche Nachfrage war. Irgendwann wurde es dann so auffällig, dass meine Frau stattdessen seit einigen Jahren am endlich eingerichteten "Boys' day" teilnimmt. Der "Girls' day" dient dazu, dass Schülerinnen gezielt "untypische" Berufe besuchen und kennenlernen, vorzugsweise mit naturwissenschaftlichem oder technischem Hintergrund. Leider findet das nicht oder kaum statt. Mir ist noch nicht klar geworden, ob hier die Schulen mehr fördern können, so dass Mädchen sich "im Schnitt" für dieselben beruflichen Themen interessieren würden wie Jungs, oder ob das Problem außerhalb der Schulen, im Elternhaus oder im Freundeskreis liegt.

Auf jeden Fall sollte das Ziel nicht sein, eine Quote in den Firmen zu erzwingen, sondern dafür zu sorgen, dass beide Geschlechter in etwa dieselben Ausbildungsmöglichkeiten haben und dieselben Entfaltungsmöglichkeiten für Beruf und Familie. Eine Quote einzuführen ist dann sinnvoll, wenn es gleich viele Bewerber aus beiden Geschlechtern gibt, aber bislang bei gleicher Qualifikation bevorzugt ein Geschlecht eingestellt wurde, und nur unter dieser Voraussetzung kann eine Ungleichbehandlung durch eine einseitige Bevorzugung "repariert" und sanktioniert werden. Wenn aber unter zehn Bewerbern nur eine Frau ist, kann ich nicht nachvollziehen, warum sie bevorzugt werden muss, wenn sie nicht gleichzeitig nach objektiven Kriterien die beste Besetzung für die Stelle ist. Eine Firma sollte nach sachlichen Kriterien auswählen. Eine Sanktionsmöglichkeit gibt es nach dem Gleichstellungsgesetz (AGG) seit einigen Jahren, und es werden tatsächlich Strafen verhängt, wenn eine Ungleichbehandlung nachgewiesen werden kann (das ist zugegeben nicht leicht). In den USA wird an anderer Stelle im Bewerbungsprozess angesetzt: hier wird nicht versucht, eine Quote zu erzwingen, sondern es ist Vorschrift, dass eine Bewerbung geschlechtsneutral gehalten sein muss (kein Foto, kein erkennbarer Vorname, keine persönlichen Angaben wie Kinder etc.).

Auf der anderen Seite sollte man sich vielleicht auch überlegen, wer diese Quotenregelung fordert und warum. Ist das ebenso eine Stellvertreterdebatte wie die Umbenennung von "Martinstag" in "Sonne-, Mond- und Sterne-Tag"? Ich kenne keinen Moslem, der sich davon angegriffen fühlt, welchen Namen ein Feiertag in Deutschland hat. Diese Forderung wird von wohlmeinenden Deutschen in vorauseilendem Gehorsam aufgestellt, die eine große Masse von Moslems ungefragt für sich vereinnahmen wollen.

Vielleicht ist es wirklich so, dass Frauen bestimmte Typen von Interessen und Berufen bevorzugen? Ich weiß es nicht, aber diese Art von Fragen ist vermutlich gefährlich, weil gleich wieder jemand schreit, dass es hier nicht "politisch korrekt" zugeht. Auf jeden Fall scheint schon in den meisten Schulen in den naturwissenschaftlichen Fächern einiges schiefzugehen, denn viele Mädchen mögen Physik, Chemie, Informatik und Mathematik nicht besonders (Ausnahmen gibt es natürlich). Es gibt wenig wissenschaftlich belastbare Studien zum Thema Geschlechtertrennung im Unterricht, manche stützen sich vage auf "Studien", z.B. die NRW-Bildungsministern Löhrmann, andere Stimmen lehnen die Trennung strikt ab. Nachweislich gibt es Unterschiede im Lernverhalten von Jungen und Mädchen, aber vielleicht ließe sich dies auch im üblichen koedukativen Unterricht pädagogisch in den Griff bekommen. Interessanterweise gibt es einen hohen Anteil von Frauen in Biologie und Tiermedizin. An der Uni Gießen ist der Anteil an Studentinnen in der Tiermedizin stark zunehmend und bewegt sich mittlerweile deutlich oberhalb 90 Prozent.

Ist es denn wirklich so, dass das Streben nach einem erfolgreichen Beruf bei Männern und Frauen gleich stark verankert ist? Oder wird das durch den unterschiedlichen Druck durch das soziale Umfeld von außen so stark verfälscht? Ich weiß es nicht.

[Update: Link zu einem Artikel bei Telepolis, dass Frauen im Schnitt weniger verdienen - "gender wage gap"]

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