13.03.2025

CDU-Wahlwerbung als Interview getarnt (2) - Leserbrief

Die WZ setzt ihre Reihe von fragwürdigen Interviews fort - mit Politikern, die nichts, aber auch gar nichts mit der Wetterau zu tun haben.

[nicht veröffentlich im Dezember 2024]

Die WZ setzt ihre Kuschel- und Wohlfühlinterviews mit Politikern der rechten Parteien fort. Nun war am 04.12. der CDU-Bundestagsgeschäftsführer Freis an der Reihe. Das Interview war sehr meinungsstark, aber faktenarm wie in letzter Zeit üblich bei der CDU/CSU.

Er behauptet “Unser eigenes Personal und unsere Programmatik überzeugen” und jede Woche blamiert sich z.B. Spahn erneut, wenn er Vorträge vor Wirtschaftsvertretern hält. Letzte Woche Gegenwind von der Wärmepumpenindustrie, diese Woche von Kraftwerksbetreibern und dem VDI. Und das war nur ein Beispiel von vielen!

Freis wiederholt, dass er das “Heizungsgesetz” rasieren will. Erneut zur Erinnerung: die massive Kampagne gegen das Gebäude-Energie-Gesetz hat die Krawallpresse aus dem Springerverlag in Gang gesetzt und vermeidet dabei auffällig den korrekten Namen, damit der Leser nicht merkt, dass das Gesetz in noch viel schärferer Form 2019 von der CDU-SPD-Koalition verfasst wurde. Das ursprüngliche Gesetz hätte noch viel stärker “in die Heizungskeller regiert”, denn die Fristen und Pflichten zum Abschaffen alter Öl- und Gasheizungen waren brutal. Habeck hat das GEG deutlich entschärft und die Reparaturoption zur Bestandserhaltung hinzugefügt.

Abgesehen davon muss das GEG bestehen bleiben, denn es ist im Wesentlichen nur eine Umsetzung von EU-Vorgaben.

Was Freis nicht ausspricht, aber meint: die uns drohende CDU-Regierung will die Fördermittel für die Umrüstung streichen. Den Rest des Gesetzes kann sie nicht streichen.

Freis behauptet erneut eine “schleichende Deindustrialisierung” und vergisst dabei, dass zweimal 16 Jahre CDU-Kanzlerschaft Deutschland gelähmt und geschadet haben und nicht die letzten drei Jahre SPD und Grüne. Die fehlenden Investitionen lassen sich bis ins Jahr 2018 zurück verfolgen. Scholz und Habeck haben in den letzten drei Jahren viel mehr bewegt als die letzten drei Merkel-Kabinette zusammen. Wenn die FDP sich nicht von Anfang an dermaßen destruktiv verhalten hätte, wäre Deutschland noch wesentlich weiter gekommen. Die Regierung Merkel II hat 2011 ca. 120.000 Arbeitsplätze in der Solarindustrie zerstört, Merkel IV hat uns ab 2016 weitere 70.000 Arbeitsplätze in der Windkraftindustrie gekostet, z.B. mit Abstandsregeln und viel Bürokratie.

Freis erwähnt die Autoindustrie (VW, Ford) und lässt dabei geflissentlich aus, dass gerade die von der CDU und FDP propagierte “Technologieoffenheit” dazu geführt hat, dass die deutschen Autobauer im E-Auto-Geschäft zehn Jahre lang geschlafen und alle Trends verpasst haben. Stattdessen gab es Klein-Klein bei der “Optimierung” von Verbrennermotoren und einen Abgasskandal, der VW 30 Milliarden Euro Strafzahlungen gekostet hat. Die CDU hat in der EU immer sehr intensiv die deutschen Autobauer vor schärferen Umweltauflagen geschützt und damit Innovationen verhindert. Warum konnte VW in den letzten beiden Jahre jeweils 4 Milliarden Euro Dividende ausschütten und will ein paar Monate später Tausende Arbeitsplätze streichen? Warum nicht bei den Bonuszahlungen der schlechten Manager anfangen?

Freis behauptet “hohe Energiepreise” und ignoriert, dass der durchschnittliche Strompreis von 36 auf 25 ct/kWh gefallen ist. Der Strompreis für die Industrie liegt im Schnitt bei 16 ct/kWh. Je mehr Erneuerbare Energien wir aufbauen, desto billiger wird es, denn dann müssen wir auch immer weniger Öl und Gas importieren. Deutschland hat jetzt schon im Schnitt 70 % nahezu kostenlosen Strom aus Windkraft und Sonne.

Freis behauptet “Das Bürgergeld muss weg” und ignoriert, dass diese Leistung das Existenzminimum darstellt, das vom Bundesverfassungsgericht bestätigt wurde. Er könnte ja stattdessen auch vorschlagen, dass der Mindestlohn erhöht wird, so dass nicht 800.000 Arbeitnehmer aufstockende Leistungen in Anspruch nehmen müssen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband schlägt einen Mindestlohn von ca. 15 € pro Std. vor. Der Arbeitskräftemangel liegt auch an der schlechten Finanzierung von Familien und Bildung. Die meisten Bürgergeldempfänger sind alleinerziehend, krank, pflegen Angehörige oder sind schlicht Rentner und Kinder. Es ist ein Märchen, dass man eine Million Bürgergeldempfänger zu Arbeitnehmern machen könnte.

10.03.2025

CDU-Wahlwerbung als Interview getarnt (4) Spahn - Leserbrief

[nicht veröffentlicht im Januar 2025]

Die WZ setzt ihre Reihe von Kuschelinterviews fort: diesmal darf der Politikversager und Geldverbrenner Spahn sich zu Themen äußern, von denen er nichts versteht. Dennoch scheint uns dieser leistungslose Berufspolitiker als nächster Wirtschaftsminister bevorzustehen, falls tatsächlich die CDU an der nächsten Regierung beteiligt sein sollte.

Das Interview ist immerhin bemüht, ihn bei kontroversen Themen zu stellen: bei der behaupteten Kürzung des Bürgergelds wird immerhin darauf hingewiesen, dass es nur um geschätzte 15.000 Personen geht und er dennoch fünf Millionen Bezieher unter Generalverdacht stellt. Spahn geht (natürlich) nicht auf den Faktencheck ein und das Interview verschenkt die Chance, ihm weiter auf den Zahn zu fühlen. Spahn scheint entgangen zu sein, dass unter den Bürgergeldempfängern auch “Aufstocker” und Menschen sind, die nicht arbeiten können, z.B. weil sie krank sind oder Angehörige oder Kinder pflegen oder betreuen. Hier wäre z.B. auch eine Erhöhung des Mindestlohns einen Gedanken und eine Frage wert gewesen zu sein, um staatliche Subventionen bei Niedriglohnempfängern zu verringern. Nebenbei fehlt der Hinweis, dass das Bürgergeld das vom Bundesverfassungsgericht garantierte Existenzminimum darstellt.

Mit der Forderung, bei den ärmeren Bevölkerungsschichten zu sparen, reiht sich Spahn nahtlos in die unchristliche und menschenfeindliche Rhetorik der neoliberalen Sparbrötchen ein, die lobbygesteuert als Anti-Robin Hood von den Armen nehmen und den Reichen geben. Die Finanzpläne der CDU nach der Wahl kommen hauptsächlich den einkommensstärksten 10 % der Bevölkerung zugute.

Im Interview wäre die Chance gewesen, nachzufragen, von wem Spahn sich seine Anwesenheit bei einem Abendessen mit 9999 Euro pro Gast vergüten ließ. Bis heute weigert er sich, die Namen offen zu legen. Er kann sich eine Villa für mehrere Millionen Euro leisten und besitzt laut “Stern” weitere Immobilien in Berlin, von denen eine pikanterweise an den Ampelsaboteur Lindner vermietet ist.

Spahn ist ein noch schlimmerer Steuergeldvernichter als Scheuer: der Bund hat kürzlich ein weiteres Urteil um Schadenersatz für Maskenbestellungen verloren - damit erhöht sich die aktuelle Schadenssumme für den Bund auf knapp drei Milliarden Euro, für die Spahn als damaliger Gesundheitsminister verantwortlich ist. Dagegen ist Scheuer mit 243 Millionen Euro Schadenersatz für die fehlgeschlagene Pkw-Maut ja mittlerweile ein Schnäppchen gewesen. Allerdings darf man nicht vergessen, dass die Verkehrsminister von 2009 bis 2021 sämtlich von der CSU gestellt wurden. Das merkt man z.B. am Zustand der Bahn und von Brücken und Straßen. Und ganz banal daran, dass Söder “seine” Minister dafür gelobt hat, wieviele Gelder nach Bayern geflossen sind.

Nicht zu vergessen hat Spahn eine Gesetzesänderung zu verantworten, nach der die gesetzlichen Krankenkassen ihre Rücklagen fast vollständig auflösen mussten. Spahn hat sich damit einen schlanken Fuß gemacht und in seiner Vita kann er stolz behaupten, dass in seiner Amtszeit die Krankenkassen ihre Beiträge nicht erhöhen mussten. Obwohl gelernter Bankkaufmann, hat er vollständig ignoriert, dass ein gesundes Mass an Rücklagen für unvorhergesehene Notfälle (wie z.B. Corona!) eine volkswirtschaftliche Selbstverständlichkeit sein sollte.

09.03.2025

Genörgel oder Demokratie? - Leserbrief

[veröffentlicht am 08.03.2025]

“Das nennt man Demokratie”, meint Hr. F. zu den (zugegeben zahlreichen) Anmerkungen, die ich über die Glossisten der WZ einreiche. Das ist ironisch: ich tue einfach genau das, wofür er den Erklärbär gibt. Nun gut, das müssen er und ich aushalten. Glossen sind subjektiv gefärbte Beiträge in einer Zeitung und dürfen somit auch politische Neigungen erkennen lassen. Für Hr. F. scheint aber das Recht auf Meinungsäußerung nur dann zu gelten, wenn es ihm genehm ist - alles andere ist “Genörgel”. Erneut Respekt für die WZ, das abzudrucken, auch wenn es gelegentlich heftig gekürzt wird.

Was ich aber regelmäßig an den Glossen kritisiere, ist nicht die politische Nähe (Anastasiadis z.B. ist hauptberuflich Chefredakteur des Münchner Merkur), sondern falsche Behauptungen und Tatsachenverdrehungen. Insbesondere Sattler hat seit Jahren ein nahezu tägliches Monopol darauf, etwas zu behaupten, was beim zweiten und dritten Lesen dann doch aufstößt. Er übernimmt Sprachkonstruktionen der AfD (z.B. die “irreguläre Migration”) und ignoriert dabei die Tatsache, dass die Flüchtlingszahlen seit Jahren stetig zurückgehen. Außerdem werden auf diese Weise Kriegsflüchtlinge, die vermutlich nach Ende des Kriegs zurückkehren wollen, mit Asylbewerbern in einen Topf geworfen. Auch Bürgergeldempfänger sind regelmäßig Opfer der WZ-Glossen: dabei wird gern unterschlagen, wieviele Empfänger Zuschüsse zum Lohn erhalten oder nicht arbeiten können aufgrund von Krankheiten, Angehörigen- oder Kinderpflege und ähnlichen Gründen.

Besonders auf die Grünen hat es Sattler immer wieder abgesehen: am Dienstag 25.02. und Mittwoch 26.02. erneut. Dabei unterschlägt er, dass die CDU und die CSU jeweils die zweitschlechtesten seit 1949 und die Grünen das zweitbeste Ergebnis seit Gründung eingefahren haben. Es ist also nicht die Ampel “krachend” gescheitert, sondern die Ampel ist am Saboteur Lindner gescheitert.

Auch Hr. F. ist Opfer dieser Tatsachenverdrehungen geworden: die wirtschaftliche Schieflage, die er der Ampel anlastet, lässt sich mindestens bis ins Jahr 2018 zurückverfolgen. Die marode Infrastruktur mit Brücken, Bahnen und Straßen “verdanken” wir mehreren Verkehrsministern von CDU und CSU, die Gelder gern hauptsächlich nach Bayern geschickt haben. Die Merkelkabinette haben zwar die Atomkraft abgeschaltet (14 von 17 KKW), haben es aber versäumt, Alternativen aufzubauen. Stattdessen wurden Solar- und Windindustrie mit maximaler Bürokratie behindert und zerstört (120.000 bzw. 70.000 Arbeitsplätze). Immerhin hat Habeck vorgesorgt und die Genehmigungen für die Energiewende reichen bis ins Jahr 2030. Natürlich wird sich Merz diese Erfolge gern für seine kommende Regierungszeit anrechnen lassen.

Ja, wir haben wirtschaftliche Probleme. Statt diese Probleme anzugehen, haben CDU, CSU und FDP die letzten drei Jahre destruktivste Oppositionspolitik betrieben und die Ampel schlecht geredet. Das hat zum massiven Erstarken der AfD geführt. Die Gründe sind aber global: Corona und Ukraine. Daran ist nicht die Ampel schuld. 2020 gab es erstmals seit 10 Jahren einen Einbruch beim BIP von über - 4 %, 2021 eine Steigerung um über + 3 %, dann + 1 %, und mit Kriegsbeginn - 0,3 % und letztes Jahr - 0,2 %. Für nächstes Jahr werden + 0,8 % prognostiziert (Quelle: Statista). Sooo schlimm klingt das eigentlich gar nicht. Der DAX steht über 20.000, es sind nach wie vor mehr als 46 Mio. Arbeitnehmer in Lohn und Brot, die Reallöhne steigen mit 3 % so stark wie seit 16 Jahren nicht mehr, und die Telekom schüttet eine Rekorddividende aus (leider: statt Infrastruktur zu bauen).

Schaut man sich die Wahlprogramme der CDU und der AfD an: Entlastung der Reichen, Streichung von Subventionen (auch Agrardiesel und Wärmepumpen), Mehrwertsteuererhöhung, Steuersenkungen am oberen Ende der Skala, Streichung des Soli II (der sowieso nur noch die höchsten 5 % der Einkommen betrifft). Gehören Sie zu den Millionären, die von diesem Programm profitieren werden? Haben Sie nebenbei bemerkt, dass die Wahlprogramme von CDU und AfD sich (laut Wahl-O-Mat) zu über 70 % überschneiden?