06.03.2017

Erste Erfahrungen mit Lineage OS 14.1

Ich gebe zu, ich bin spät dran ;)

Nach längerer Zeit hab ich nun also auch nicht nur ein, sondern gleich zwei Geräte mit LineageOS, dem Nachfolger von CyanogenMod, geflasht, um es mir mal genauer anzuschauen.

Die Opfer waren ein älteres Nexus 5 ("hammerhead") mit 16 GB, das hier noch herumlag, weil meine Frau ein Gerät mit mehr Speicher wollte, und ein noch älteres Motorola Moto G (1. Gen, "falcon"). Ansonsten ist ein Nexus natürlich optimal, weil es bei den allermeisten Custom ROMs ganz vorne mit dabei ist - eben weil alle nötigen Files von Google veröffentlicht werden und man es ohne Klimmzüge entsperren und flashen kann. Ähnlich entspannt funktioniert das Custom-ROM-Flashen bei Motorola. Die einzige kleine Hürde ist, dass man zum Entsperren einmalig eine Webseite von Motorola aufsuchen muss, dort einen Code vom Handy eingeben muss und dann einen Freischaltcode zurückbekommt.

Der erste Versuch auf dem Nexus 5 nach dem Download war wenig erfolgreich - das Flashen verlief ohne Fehlermeldung und ich bekam zwar die Bootanimation von LineageOS zu sehen, aber nach etwa einer Stunde dachte ich mir, dass da irgendein Problem sein muss, und habe abgebrochen. Das Nexus 5 ist immer noch ein ziemlich aktuelles und vor allem schnelles Gerät, nicht wie damals das Motorola Milestone 2, bei dem der erste Bootvorgang 30 Minuten gedauert hat.

Beim nächsten Versuch, ins Recovery zu booten, stellte ich fest, dass irgendwie auch das Recovery kaputt gegangen ist. Also im Fastboot-Modus erst mal ein neues Recovery geflasht (TWRP), und dann ging das schon mal wieder ;)

Im nächsten Schritt habe ich erneut im Recovery den Nightly Build vom 28.02. und die OpenGApps (pico) geflasht. Diesmal war ich aber noch etwas konservativer und habe die Frage von TWRP verneint, ob ich vor dem Reboot auch SuperSU installieren will. LineageOS liefert ein eigenes Addon für SU-Funktionalität mit, und ich wollte es erst mal ohne alle Veränderungen versuchen.

Bingo! Dieser Versuch klappte auf Anhieb, und wenig später erschien der Einrichtungsassistent von Android Nougat. Lineage ist auf dem aktuellen Stand 7.1.1, Build NOF26W, Sicherheitsstand 05.02.2017.

Beim Moto G war gleich der erste Versuch erfolgreich, und nach einigen Minuten hatte ich auch hier die übliche Ansicht.

Bei den OpenGApps kann man sich aussuchen, wie umfangreich das Google-Paket sein soll, das man als Basissystem installiert. "pico" ist das kleinste Paket und enthält eigentlich nur die App für den Play Store; somit kann man später gezielt aussuchen, welche weiteren Google-Apps man haben will. Die größeren Pakete enthalten dann immer mehr, was gleich als System-App installiert wird. Je nachdem, wie groß die Systempartition ist, kann man also gar nicht alles installieren, was zur Auswahl steht, sondern muss ein "kleines" Paket nehmen und nachinstallieren. Diese nachinstallierten Apps  werden dann in den "normalen" Speicher des Telefons installiert.

Viele Features der bisherigen CyanogenMod-Versionen hat Google ohnehin auf die eine oder andere Weise übernommen, so dringend ist es mit Nougat nicht mehr, eine "Bells and Whistle"-Version von Android zu installieren. Auffällig ist, dass die "Themes" von CM verschwunden sind, es ist also nicht mehr so leicht möglich, z.B. eine angepasste Bootanimation zu verwenden.

Der eine Punkt, der mir bei meiner vorherigen "Custom" ROM aufgefallen ist, war die unzuverlässige Update-Methode. Ich hatte bislang auf dem Nexus 5 einen AOSP-Build, d.h. ein Android, das aus den offiziellen Quelltexten von Google gebaut wird. Nach keinem der Flashvorgänge konnte ich problemlos weiterarbeiten, ich bekam immer Fehlermeldungen, dass Google Play Services abgebrochen wird. Erst ein Factory Reset, d.h. Rücksetzen und Neueinrichten des Telefons, konnte das beheben. Für ein täglich genutztes Werkzeug ist so ein Verhalten natürlich indiskutabel, deshalb hoffe ich, dass die Updates von LineageOS sich problemlos(er) einspielen lassen.

Ich hatte neulich im Nexus 5-Thread zu AOSP-Nougat auf xda-developers gefragt, und da kam doch gerade eben eine Antwort mit einem Vorschlag: man soll beim Update nicht nur das AOSP-ROM, sondern auch noch die OpenGApps in einem Rutsch mit flashen, damit die Berechtigungen der System-Apps korrekt gesetzt werden, das würde nämlich nur beim ersten Booten nach dem Flashen gemacht. Alles in allem trotzdem sehr unschön: ein inkrementelles Update wie beim Nexus-Android wäre natürlich die schönste Lösung, und insbesondere viel kleiner. Die Updates, die ich bislang beim Nexus 5 erlebt habe, waren mit 10-20 MB pro Monat erfreulich klein.

Bislang funktioniert LineageOS bei mir schmerzfrei. Aufgefallen ist mir ein kleiner Fehler sowohl beim Nexus als auch beim Moto G: ich kann zwar bei den Benutzerkonten ein Bild für den Benutzer aussuchen, aber das "Speichern" speichert nicht, ich habe nach wie vor nur das abstrakte Platzhalterbildchen. Das kann ich verkraften ;)

Beim Motorola gibt es noch einen merkwürdigen Effekt: nach der Grundinstallation hatte ich mir einige der Google Apps aus dem Play Store installiert, darunter die aktuellste Version von Kalender, Kontakte und Telefon. Die mitgelieferten Apps von LineageOS hatte ich bei den Apps-Einstellungen deaktiviert. Beim Telefonieren mit einem "Direktwahl"-Widget konnte ich zwar telefonieren, aber die App wollte mir den üblichen Telefonbildschirm nicht anzeigen; somit konnte ich die Zahlentastatur nicht benutzen, stumm schalten, Lautsprecher, etc. Deshalb habe ich die Telefon-App wieder deinstalliert und mit der Version, die mit LineageOS mitkommt, funktioniert alles so, wie es soll.

Was mir im Vergleich zum Vanilla-Android immer noch besser gefällt, ist die Möglichkeit, die Statusleiste, die Benachrichtigungen und die Schnelleinstellungen bequem(er) anzupassen und die Icons rauszuwerfen, die man persönlich nicht braucht. Ich benötige z.B. die Icons für "Hotspot" und "Übertragen" gar nicht. Aber selbst diese Anpassungen kann man mit den normalen Android erreichen. Wenn man nämlich lang auf das Einstellungen-Zahnrad drückt, kann man den "System UI Tuner" aktivieren, und mit dem kann man ebenfalls diese Icons bearbeiten.


Trebuchet App FolderHingegen gefällt mir der Standardlauncher von CM und LO seit den letzten zwei Versionen gar nicht mehr, die Icons in Ordners extrem verkleinert anzuzeigen statt sie mit 3D-Effekt hintereinander zu stapeln. Deswegen ist der erste Handgriff dann auch, auf den Google Now-Launcher umzustellen - der ja leider nun auch eingestellt wird. Der Launcher3 des AOSP-Projekts sieht ziemlich gut aus, alternativ gibt es mittlerweile auch den Pixel-Launcher im Play Store, und jede Menge weitere Alternativen für jeden Geschmack.

Auf jeden Fall ist ein Custom ROM, egal ob es AOSP, LineageOS oder ein anderes ist, immer noch eine gute Möglichkeit, sein Schätzchen auf dem neuesten Sicherheitsstand zu halten, selbst wenn Google die Auslieferung von Updates im Dezember 2016 für dieses Modell eingestellt hat. Eigentlich ist das schade - die Patches werden von Google bis zurück zu 4.4 ins AOSP-Repository eingepflegt (soweit das technisch möglich ist), und die Build-Maschinerie könnte weiterhin das Nexus 5 mit Marshmallow-Updates auf dem aktuellen Sicherheitsstand versorgen.

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