23.05.2014

X-Men: days of future past - Kino

Ich war gestern schon wieder im Kino, diesmal im neuen X-Men-Film. Mein Nachbar ist ein ebenso großer Kino- und Comic-Fan wie ich, und es macht einen Riesenspaß, mit jemandem ins Kino zu gehen, der einen ähnlich abgedrehten Geschmack hat. Letzte Woche hatte ich einen Gast (dazu kommt auch noch mal ein Artikel), mit dem ich Godzilla angeschaut hatte, aber diese Sorte Katastrophenfilme mit viel Bums und wenig Handlung ist nicht ganz mein Geschmack, das hab ich nach langer Zeit mal wieder gemerkt.

Ich liebe ja Zeitreisen ganz besonders, weil man so schön drüber lästern kann, wenn es der Drehbuchschreiber mal wieder nicht hinbekommen hat und die Logik so gar nicht passen will.

Im aktuellen X-Men-Film trifft das in weiten Teilen zum Glück nicht zu: es gibt eine nachvollziehbare Handlung, die auf einer plausiblen Grundidee aufbaut, und insgesamt gesehen ist der Film in sich schlüssig.

Was am Ende natürlich offenbleibt, ist die Frage, ob sich durch die Zeitreise alles so entwickelt, wie wir es aus den bisherigen Filmen kennen, oder ob sich da noch subtile Änderungen einschleichen.

Auf jeden Fall war der Film großartig, und ich habe ihn von der ersten bis zur letzten Minute genossen. Sehr schön aufgebaut der ruhige Schluss, der einen "ganz normalen Tag" in der "School for gifted youngsters" zeigt, nachdem Logan zu seinem eigenen Erstaunen dort aufwacht; man sieht u.a. Rogue, Iceman, Jean Grey, und viele andere aus den früheren Filmen.

Der Einstieg war hingegen von rasanter Action geprägt: es war eine Szenerie in der Zukunft, in der extrem anpassungsfähige Roboter Jagd auf Mutanten machen und mühelos deren Kräften widerstehen können. Dank einer Mutantin, die eine besondere Form der Zeitreise beherrscht, ist es einer kleinen Gruppe möglich, zu entkommen, indem sie sich - sozusagen aus der Zukunft - warnen lässt.

Der Bildaufbau mit zerstörten Städten und knochengefüllten Straßen erinnert wohl mit Absicht an Terminator, die "andere" prominente Zeitreisegeschichte, und es wird nebenbei berichtet, dass die "Sentinels" nicht nur Mutanten jagen, sondern auch Menschen, die ihnen helfen wollen, und deshalb die Menschheit nahezu ausgerottet wurde.

Da dies aber kein Dauerzustand bleiben soll, kommen sie auf die Idee, die Vergangenheit grundsätzlich zu verändern und die Entwicklung dieser übermächtigen Jagdroboter - "Sentinels" - zu verhindern. Ähnlich wie in der Serie "Seven days" gilt es, einen besonderen Moment in der Vergangenheit zu identifizieren, an dem die Geschichte den einen oder anderen Verlauf hätte nehmen können.
Natürlich wird dieser Schicksalspunkt in der Geschichte gefunden, und der einzige, der unbeschadet - wenn auch nur geistig in seinen jüngeren Körper - in die Vergangenheit reisen kann, ist "Logan" Wolverine. Diese Begründung fand ich etwas wirr, aber hinnehmbar für die weitere Dramaturgie. Interessant dann die Beobachtung, die eine weitere zeitliche Einschätzung erlaubt: in der Vergangenheit angekommen hat Logan noch nicht die Adamantium-Panzerung, sondern noch die knöchernen Krallen.

In der Vergangenheit angekommen gibt es schrille 70er-Jahre Szenen, und natürlich gibt es ein sekundengenaues Thriller-Ende, so dass wir am Ende nicht zusehen müssen, wie der "alte" Charles von den Sentinels getötet wird.

Eine besonders schöne Szene mit tollen Trickeffekten ist während der Befreiung des jungen Magneto aus einem metallfreien Gefängnis unter dem Pentagon zu sehen, als Quicksilver in der Küche alle Wächter außer Gefecht setzt, ohne Blut zu vergießen und dabei erst noch ganz gelassen Kopfhörer und Schutzbrille aufsetzt, um "Time in a bottle" zu hören.

Viele Charaktere werden schöner und ausführlicher geschildert als in den bisherigen Filmen, insbesondere Mystique gefällt mir sehr gut, und der junge Magneto spielt genauso wunderbar wie in "First Class". Im Gegensatz zu Florian in seiner Kritik fand ich den Wissenschaftler Trask eher nicht so herausragend, weder geschauspielert noch als Rolle bzw. Figur.

Genauso unspannend fand ich den Techniker im X-Team: in einigen Szenen wird zwar tricktechnisch brilliant die Verwandlung in "Beast" gezeigt, aber trotz alledem ist diese Figur eher blass geblieben - ein typischer "support act", der halt benötigt wird, um ein bestimmtes Problem zu lösen, damit die Handlung weitergehen kann, aber sonst auch nichts.

Die Auflösung will ich natürlich nicht im Detail verraten, aber es ist eine sehr schöne und glaubwürdige Lösung: Trask wird nicht getötet, weder von Mystique, noch Magneto oder einem der anderen Mutanten, Nixon bleibt am Leben, keiner der Mutanten reißt die Weltherrschaft an sich, und obwohl die Welt nun aufgrund der Fernsehübertragungen von den Mutanten weiß, gibt es einen - wenn auch brüchigen - Frieden. Auf dem Hinweg nach Washington im Flugzeug stellt Eric auch sehr glaubwürdig dar, dass er zwar in Dallas war, aber JFK retten und nicht töten wollte, auch wenn er dafür trotzdem in einem Hochsicherheitsgefängnis gefangen gesetzt wurde. Diese Andeutungen werden aber nicht vertieft, der Rest bleibt der Fantasie des Lesers überlassen.

Zwei Bemerkungen noch zum Schluss:

Zum Ersten: die Pointe, nachdem Logan aus dem Fluss gefischt wurde, und Stryker seiner habhaft wird, hat einen sehr bitteren Beigeschmack, obwohl wir natürlich schon aus früheren Filmen wissen, wie grausam seine Behandlung war.

Zum Zweiten: der traditionelle "Nachfilm" zeigt eine im Bau befindliche Pyramide oder ein ähnliches großes Bauwerk, deren Konstruktion offensichtlich von einer einzigen Person durchgeführt wird, und auf einem Nachbarhügel 4 Reiter. Aus der Sitzreihe hinter mir hörte ich "die 4 Reiter der Apokalypse", aber da ich kein allzu intensiver Marvel-Leser bin, ist mir diese Szene nicht klargeworden. Vielleicht weiß jemand mehr und hinterlässt einen Kommentar?

[Update: Link zum Besuch von Christoph Dittert nachgetragen]

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