20.05.2025

Grenzkontrollen - Leserbrief

[veröffentlicht am 20.05.2025, unschöne Änderungen der Red. in rot]

Ich glaube nicht, dass dem Glossisten Schier in seinem Beitrag vom 09.05. klar ist, wie groß seine kognitive Dissonanz ist. Er wundert sich über Umfragen, in denen 67 % der Befragten die AfD für rechtsextrem halten, aber trotzdem 23 % sie wählen würden.

Im nächsten Absatz schwadroniert er dann wieder munter mit genau den Narrativen weiter, die die AfD geprägt haben hat: die (angeblich) illegalen Zuwanderer, die man aus Europa und insbesondere Deutschland fernhalten müsse.

Schon Dobrindt hat sich bei seinem Antrittsbesuch in Polen eine deutliche Abfuhr von Tusk geholt. Tusk hat die Idee von Schengen betont und damit Dobrindt deutlich widersprochen. Bei den neu eingeführten Grenzkontrollen der letzten Tage wurde keine einzige Zurückweisung durchgeführt.

Die unmittelbare Abweisung von Ausländern an europäischen Binnen- oder Außengrenzen ist schlicht und einfach rechtswidrig. Jeder Mensch hat nach dem Schengen-Abkommen das Recht, einzureisen und Asyl oder Aufenthalt zu beantragen. Dazu gibt es rechtsstaatliche Verfahren und Abläufe, die von Behörden zwingend eingehalten werden müssen. Diese Verfahren basieren auf deutschen Gesetzen, der EU-Gesetzgebung, der Genfer Flüchtlingskonvention und der UN-Menschenrechtscharta.

Eine Abweisung an der Grenze direkt bei der Einreise ist rechtswidrig, denn erst durch ein rechtsstaatliches Verfahren kann festgestellt werden, ob die Einreise legitim ist. Dazu ist – Überraschung! – die Einreise notwendig. Das Dublin-Abkommen ist an sich schon eine Pervertierung dieses Grundsatzes und wird oft verwendet, um die Zurückweisung direkt an der Grenze zu begründen, denn der Asylantrag soll im Land der ersten Einreise geschehen. Sobald diese Tatsache unklar ist, muss die Einreise ermöglicht werden.

Das Gutachten über die gesichert rechtsextreme AfD enthält auf 1.100 Seiten genau die Feststellung, dass sie solche rechtsstaatlichen Grundsätze ablehnt. Wenn die Glossisten der WZ dies immer und immer wieder aufschreiben, festigen und normalisieren sie diese Standpunkte der AfD.

Seit mehreren Jahren ist – nicht nur – bei der WZ ein deutlicher, beunruhigender Rechtsruck in den Meinungsbeiträgen festzustellen. Sämtliche Beiträge lamentieren über „illegale“ oder „irreguläre“ Migration und fordern Tätigkeiten, statt festzustellen, dass die Kriminalität seit Jahren kontinuierlich sinkt und die Medien massiv dazu beitragen, die Ausländerfeindlichkeit herbeizuschreiben und in Talkshows herbeizureden. Über Straftaten von Ausländern wird tendenziell intensiver berichtet als über die von Einheimischen. Die grundsätzliche Gemeinsamkeit bei Gewalttaten ist: der Täter ist männlich. Die Ethnie spielt in der Statistik nur eine nachrangige Rolle. Und nur ganz nebenbei: die Zahl der ankommenden Flüchtlinge sinkt schon seit Jahren kontinuierlich, der Handlungsdruck wird künstlich herbeigeredet.

In den ostdeutschen Flächenländern (ohne Berlin) leben rund 65 % weniger Menschen mit Migrationshintergrund als im Westen (mit Berlin). 2023 lag die Kriminalitätsrate in den ostdeutschen Flächenländern (ohne Berlin) etwa 17 % höher als in den westdeutschen Flächenländern. Trotzdem fährt die AfD in Ostdeutschland hohe Wahlergebnisse ein?

Und dann wundert man sich über den Rechtsruck in der Gesellschaft, wenn man selbst so intensiv dazu beigetragen hat und weiterhin beiträgt? Ich nenne hier ausdrücklich die Glossisten Sattler, Schier, Anastasiadis und Deutschländer, die alle seit Jahren ins selbe Horn stoßen.

08.05.2025

Wenn Laien sich für Profis halten - Leserbrief

Eine Kolumnistin schrieb über das Bedürfnis, sich "leicht zu merkende" Passwörter auszudenken. Ganz blöde Idee auf so vielen Ebenen.

[veröffentlicht am 07.05.2025]

Die Kolumne von Fr. Rolfs kommt zwar im humoristischen Gewand daher, aber die Kernaussage dahinter ist eine gefährliche Verharmlosung der falschen Benutzung von Passwörtern. Sie fabuliert, dass Menschen sich “einfache” Passwörter ausdenken und natürlich dann überall dasselbe, leicht zu merkende Passwort verwenden, weil es ja so anstrengend sei, für regelmäßige Passwortänderungen immer wieder “gute” Passwörter zu finden. Dieses Konzept ist grundfalsch.

Erstens ist es falsch, sich selbst als Mensch ein “gut zu merkendes” Passwort auszudenken. Darin sind Menschen nicht gut. “Gut zu merken” ist ein Synonym für “schlechtes, leicht ermittelbares Passwort”. Mittlerweile sind Passwortgeneratoren in jedem Handy und in jedem Browser enthalten und es gibt spezielle Software, die richtig gute zufällige Passwörter zusammenbauen kann. Niemand muss sich heutzutage mehr Passwörter selbst merken!

Zweitens ist es falsch, regelmäßige Passwortänderungen zu erzwingen (leider machen das gerade viele Firmen immer noch falsch, monatlich oder im Quartal neue Passwörter zu verlangen). Das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) schreibt seit längerem, dass die Sicherheit von der Länge des Passworts abhängt und gerade nicht vom regelmäßigen Wechsel. Es schlägt sogar vor, dass Passwörter nur bei Verdacht auf Kompromittierung geändert werden sollten. Im BSI-Grundschutz Punkt ORP4.A23 heißt es ausdrücklich: "IT-Systeme oder Anwendungen sollten Anwender nur mit einem validen Grund auffordern, das Passwort zu wechseln, reine zeitgesteuerte Wechsel werden nicht empfohlen."

Drittens ist es seit Jahren gängige Praxis, einen zweiten Faktor zu verwenden, z.B. einen PIN-Generator wie den Google oder Microsoft Authenticator auf dem Handy (2FA). SMS als zweiten Faktor sollte man vermeiden, da SMS ungeschützt übermittelt werden und mehrere Arten von Angriffen möglich sind. Mit diesem zweiten Faktor wird das Eindringen und Hacken deutlich erschwert. Dieses Verfahren sollte überall zwingend eingesetzt werden.

Google, Apple und viele andere Firmen empfehlen mittlerweile statt Passwörtern die sog. “Passkeys” zu verwenden, die das eigene Gerät nie verlassen, sondern nur mit einem mathematischen Verfahren “beweisen”, das der Inhaber legitim handelt. Hier sollte man überlegen, ob man sich an das Ökosystem von Android bzw. Apple bindet und die Passkeys direkt auf dem Smartphone speichert, man eine Drittanbietersoftware wie z.B. “1Password” oder sogar spezielle Zusatzgeräte wie USB-Sticks mit “Fido2”-Technik verwendet. Letztere erleichtern den Wechsel des Geräts bei Verlust oder Neuanschaffung und auch den Wechsel von einem Hersteller zu einem anderen.

Insgesamt bleibt zu wünschen, dass sich Kolumnisten auch bei Beiträgen mit humoristischen Hintergrund auf ihr Fachgebiet beschränken sollten und nicht bei Ausflügen in fachfremde Gebiete verklausuliert Empfehlungen aussprechen, die bei Laien einen falschen Eindruck hervorrufen könnten und die Sicherheit ihrer Geräte verschlechtert.