27.08.2022

Ethanol und andere E-Fuels - Leserbrief

Die Rentner aus der Autozulieferindustrie verlangen "mathematische" Beweise für den Klimawandel. Schlimmer wird's heute nicht mehr.

Hoffe ich.

Hier meine Antwort auf den Leserbrief von Hr. F.

[veröffentlicht am 27.08.2022]

Der Leserbrief von Hr. F. ist ein trauriges Beispiel für selektive Wahrnehmung, verbunden mit aktiver Wissenschaftsleugnung, und von persönlichen Unterstellungen.

Hr. F. ist, soweit ich weiß, im Ruhestand und war lange Vorstand eines Autozulieferers. Ich unterstelle deshalb einen gewissen Unwillen, sich mit gegensätzlichen Positionen ergebnisoffen zu beschäftigen.

Ich weiß entgegen seiner Unterstellung, dass in Südamerika PKW mit Ethanol fahren, da diese ab Werk entsprechend gebaut werden (z.B. von Ford und VW). Der Großteil der PKW-Flotte in Deutschland, knapp 48 Mio. Fahrzeuge, ist technisch nicht für höhere Ethanolbeimischungen als E10 geeignet, und deswegen sind teure E-Fuels nicht für den Individualverkehr geeignet. Genau das war die Erkenntnis des Opel-Versuchs - es ist technisch möglich, wenn man massive Änderungen am Motor vornimmt. Welche Veränderungen das sein müssen, ist unerheblich: es geht um die schiere Anzahl der vorhandenen PKW. Und: E-Fuels werden in der Herstellung um die 5 € pro Liter kosten, Verkaufspreis dann 8-10 €?

Der Alkohol für den südamerikanischen Markt wird durch Biovergärung aus Mais und Zuckerrohr gewonnen. Für deren Anbau werden gigantische Flächen Regenwald gerodet. Auch diesen gleich zweifach ethisch relevanten Nebeneffekt erwähnt Hr. F. nicht in seiner Betrachtung - Rodung und Fehlnutzung von Lebensmitteln.

Die Klimaschädlichkeit von CO2 ist seit 1824 empirisch bekannt (Fourier), und wurde 1850 (Foote), 1862 (Tyndall) und 1896 (Arrhenius) weiter wissenschaftlich untermauert, wie man hier z.B. bei ARD alpha detailliert nachlesen kann, oder auch bei Hoimar von Ditfurth schon 1978 hören kann.

Im Übrigen muss die Klimakatastrophe nicht von Mathematikern “bewiesen” werden, sondern wurde oft genug von Klimawissenschaftlern erforscht und bestätigt. Es ist erschreckend, heutzutage noch solches Leugnen von Tatsachen zu lesen. Meinungsfreiheit ja, aber kein Recht auf Faktenfreiheit!

China baut (leider) neue Kohlekraftwerke, allerdings unterschlägt Hr. F., dass infolge der Neubauten mehrere Hundert alte, dreckigere Kraftwerke abgeschaltet werden. Das ist netto immer noch nicht gut, aber es ist eine deutliche Verbesserung zum vorherigen Ausstoß.

Hr. F., bitte unterlassen Sie rhetorische Tricks, dass die Grünen ein “psychologisches Problem” “brutal” ausnutzen. Angst ist ein wesentlicher Antrieb der Evolution, aber es ist ein Unterschied, ob Angst auf Fakten oder Gefühlen basiert. Der Atomausstieg wurde von der CDU/FDP beschlossen, nicht von den Grünen. Wenn Sie die Existenz der Klimakatastrophe ablehnen, ignorieren Sie wissenschaftliche Fakten. Wer in der Diskussion das Wort “ideologisch” verwendet, hat keine Fakten auf seiner Seite und spricht umgekehrt dem Diskussionsgegner die Kompetenz ab.

Es ist erschütternd, dass sich mittlerweile alle relevanten Wissenschaftler einig sind, dass wir wegen CO2 auf eine weltweite Erwärmung hinsteuern, die die Erde unbewohnbar machen könnte, und die Leugner dieser Tatsachen sind hauptsächlich Laien. Warum sollten wir im Angesicht von Fluten, Dürren, Hitzewellen, Stürmen und anderen Wetterereignissen auf Menschen hören, die in der Diskussion die harten Fakten nicht akzeptieren wollen und stattdessen lieber Personen angreifen?

Wen wollen Sie mit dem leeren Wort “händelbar” beeindrucken? Es gibt weltweit noch kein Endlager für radioaktiven Müll, obwohl wir schon Hunderte von Milliarden Euro in die Kernkraft gesteckt habe. Kernkraft ist mit Folgekosten die teuerste Art, Strom zu erzeugen.

Natürlich ist die Radioaktivität des Restmülls über Millionen von Jahre hinweg ein Problem und kein “Totschlag-Argument”. Wenn es so toll “händelbar” ist, dann lagern Sie bitte den Restmüll in Ihrem Vorgarten. Tote aus Verkehrsunfällen gegen Kernkraftunfälle aufzurechnen ist höchst unredlich. Ein Tschernobyl-ähnlicher Unfall im dicht besiedelten Deutschland macht Landstriche von Hunderten Kilometern Umkreis unbewohnbar. Lesen Sie doch mal in Ihrer Hausratversicherung, ob Schäden oder Umzug durch Kernkraftunfälle abgedeckt sind.

Jeder Euro, den wir jetzt noch in fossile Brennstoffe und Kernkraft investieren, ist verschwendet, weil das Ende dieser Technologien absehbar ist.

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