Update: auf Nachfrage hat Fr. Woldemichel erklärt, dass sie der dpa ein Interview gegeben hat und dpa daraus zwei Veröffentlichungen erstellt hat, eine für Erwachsene, eine für Kinder. Offensichtlich hat die WZ sich aus dem Artikel für Kinder bedient.
Woldemichel: "DPA wollte Statements/Empfehlungen zu dem Dienst TikTok für die Zielgruppen Eltern und für Kinder. Daraus sollten 2 Artikel gebastelt werden (1 für Eltern, 1 für Kinder). Wahrscheinlich hat sich die regionale Zeitung an dem DPA-Artikel für Kinder bedient. Das Interview hat über eine halbe Stunde gedauert und ich habe natürlich sehr viel mehr v.a. zu den Risiken gesagt! Viele meiner Aussagen und Empfehlungen zu TikTok finden sich in unseren Tipps im Webbereich TikTok wieder und leider spiegelt dieses Zitat nicht meine Haltung zu TikTok wider."
[veröffentlicht am 18.12.2019]
Leserbrief zur "Meine Seite" 06.12.19In der WZ vom Freitag verblüfft mich, wie enthusiastisch auf der Kinderseite über "TikTok" berichtet wird, eine Mitmach- und Mitsing-App für Smartphones, die besonders bei Kindern und Jugendlichen sehr beliebt ist. Die App bietet eine Art Karaoke mit Videoaufnahmen, die im Internet übertragen werden. Insbesondere ist der Artikel im Tenor deutlich im Widerspruch zu anderen Artikeln der WZ über TikTok, die durchaus kritisch berichten, welche Mängel die App beim Datenschutz und den Nutzungsbedingungen hat. Die zitierte Expertin Deborah Woldemichael ist bei klicksafe.de engagiert, einer sehr empfehlenswerten Website für Schüler und Eltern, und dort gibt es ebenfalls mehrere kritische Berichte über TikTok.TikTok ist der Nachfolger von "musical.ly" und wurde von einer chinesischen Firma aufgekauft. Schon "musical.ly" ist vor Jahren oft unangenehm als Tummelplatz für Pädophile aufgefallen, die sich an die jungen Teilnehmer im integrierten Chat der App angewanzt haben. Woldemichael meint dazu ganz lapidar, dass man Kontakte blockieren könnte, die man unangenehm findet und dass das Einverständnis anderer Personen vorliegen muss, die in einem Video auftauchen, bevor es im Internet veröffentlicht wird. Leider wird nicht mehr von Woldemichael zitiert, was wesentlich bedenkenswerter ist als die schlichte Blockademöglichkeit.Was in diesem Artikel vollkommen untergeht und nicht einmal angerissen wird: Kinder und Jugendliche dürfen sich unter einem Alter von 16 Jahren gar nicht selbständig bei einem sozialen Netzwerk anmelden. Die DSGVO verlangt, dass die Eltern ihre Zustimmung erteilen. Auch klicksafe.de weist darauf hin, dass die DSGVO Altersgrenzen vorsieht.Außerdem können Jugendliche gar nicht rechtsverbindlich ihr Einverständnis erklären, in einem Video eines anderen Jugendlichen aufzutauchen - das letzte Wort haben auch hier natürlich die Eltern.Überhaupt nicht erwähnt wird weiterhin, wie neugierig die TikTok-App ist und an welche Trackingdienste bei der Anmeldung und Nutzung der App persönliche Daten weitergegeben werden. Der Experte Mike Kuketz, der in der Fachzeitschrift c't schon viele Artikel über Datenschutz veröffentlicht hat, hat bei einer Prüfung von TikTok Erschreckendes festgestellt.Als App einer chinesischen Firma hat TikTok nebenbei gänzlich andere Vorstellungen von Meinungsfreiheit als wir sie in Europa gewohnt sind: die Videos werden von Moderatoren nach dubiosen Kriterien eingeschränkt, wenn darin unliebsame Inhalte wie z.B. Politik, Konkurrenzfirmen, hässliche Menschen (wer entscheidet das?), LGBT (schwul/lesbisch/...) uvm. auftauchen. Eine detaillierte Liste von Zensurkriterien hat das "Social Media Watch Blog" gesammelt.Mit all diesen Aspekten finde ich es außerordentlich fragwürdig, wie positiv TikTok beschrieben wird und wie lapidar die Mankos weggelächelt bzw. bekannte problematische Fakten gar nicht erwähnt werden.