31.07.2018

Trump darf man nicht schönreden - Leserbrief

Letzte Woche gab es eine neue Kolumne von Hr. Seligmann, in der er vorschlug, nicht nur das Negative in Trump zu sehen, sondern auch zu versuchen, ob es positive Auswirkungen seiner Politik geben könnte. Ich bin vollständig anderer Meinung - es ist nicht möglich, an Trump irgend etwas positiv zu finden, und schon der Versuch ist sinnlos.
[veröffentlicht am 31.07.2018]

Leserbrief zur Kolumne von Hr. Seligmann vom 24.07.2018
Nein, Herr Seligmann, an Trump ist nichts Gutes, und es hilft auch nichts, wenn man versucht, sich die Realität schön zu reden, wie Sie es in Ihrer Kolumne vorschlagen. Diese Art von Dialektik ist der "Zeit" letzte Woche um die Ohren geflogen, als die Zeitung das angeblich gleichberechtigte Pro und Kontra der Seenotrettung diskutieren wollte.
Trump lügt im Schnitt sechs Mal pro Tag, und er greift ohne Rücksicht Mitarbeiter und Mitmenschen an, die ihm die Wahrheit zu sagen versuchen.
Sein Lieblingsfeind ist die Washington Post, die regelmäßig seinen Unfug aufdeckt, und weil die Washington Post seit einigen Jahren Jeff Bezos gehört, dem Besitzer von Amazon, greift er ebenfalls Amazon an und fordert z.B. von der US-Post, das Porto für die Pakete von Amazon im Preis zu verdoppeln.
Diese Zeitung hat eine permanent aktualisierte Liste aller seiner Lügen, die man abrufen kann.
Dort sind für seine bisherigen 497 Regierungstage schon 3251 aufgedeckte falsche Behauptungen zu finden.
Wenn er widerlegt wird, kontert die Regierung mit "alternativen Fakten", aus denen sich sein Weltbild zusammensetzt.
Die Zahl der Hassverbrechen ist deutlich gestiegen seit seiner Wahl.
Auf Sportfeldern schreien weiße Schulkinder "Trump! Trump!" als Beleidigung, wenn das Gastteam afro- oder lateinamerikanisch ist.
Nach dem Regierungsantritt hat Trump systematisch wissenschaftliche (echte!) Fakten von Webseiten löschen lassen, auf die das Weiße Haus Einfluss hat, z.B. zum Klimawandel, in der Gesundheitspolitik usw. Das Gesundheitsministerium wies die Seuchenschutzbehörden an, bestimmte Begriffe wie "Diversität", "evidenzbasiert" und "wissenschaftsbasiert" nicht mehr zu verwenden.
In einem Menschen, der systematisch Hass und Lügen verbreitet und wissenschaftliche Fakten ignoriert und durch Zensur aus der Welt und aus dem Bewusstsein schaffen will, darf man nichts Gutes suchen. Die Mechanismen der Sprache, die Trump verwendet, hat Orwell in "1984" voraus gesehen: die Realität ist nichts, wenn man nur lang genug das Gegenteil behauptet und die Medien beherrscht. Hier kann man durchaus Vergleiche zum Medienmogul Berlusconi ziehen, der durch sein eigenes Medienimperium politisch zu Einfluss kam. Trump ist genauso, nur noch dreister.
Hannah Arendt warnte schon 1951: "Der ideale Untertan totalitärer Herrschaft ist nicht der überzeugte Nazi oder engagierte Kommunist, sondern Menschen, für die der Unterschied zwischen Fakten und Fiktion, wahr und falsch, nicht länger existiert."
Trump ist auf dem besten Weg dorthin, wenn er systematisch das Vertrauen in die Wissenschaft und in die Demokratie angreift.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen