26.09.2015

Berichterstattung über Flüchtlinge in der WZ - Leserbrief

Die WZ berichtet im redaktionellen Teil eigentlich neutral über die verschiedenen Initiativen, um Flüchtlingen zu helfen und sie zu integrieren. Im Gegensatz dazu ergießt sich seit etwa Mitte August eine Flut von schlimmen Leserbriefen im Meinungstreff über den Leser. Um dem entgegen zu wirken, habe ich auch einen Leserbrief zum Thema "Flüchtlinge" geschrieben - ich bin familiär auch betroffen und deshalb zwangsläufig nicht neutral.
(veröffentlicht am 26.09.2015, Änderungen und Streichungen der WZ in blau bzw. durchgestrichen)

Leserbrief zu vielen anderen Leserbriefen in der WZ

In den letzten Wochen sind in der WZ erstaunlich viele Leserbriefe abgedruckt worden, die eine erschreckende Tendenz zeigen.
Die WZ berichtet im redaktionellen Teil, wie sensationell hilfsbereit und freundlich die Flüchtlinge aufgenommen werden, aber die Leserbriefe sprechen fast alle eine vollkommen andere Sprache.

Da wird der Sprachgebrauch direkt aus dem Parteiprogramm der braunen Partei genommen: die Flüchtlinge müssen "zurückgeführt" werden.
Am besten werden sie vorher noch an "modernen Waffen" ausgebildet, damit sie in der Heimat auch effizient "Islamisten erledigen" können.
Auch die Rückreise in eine "stabile Diktatur" wird als erstrebenswert bezeichnet. Schließlich ist eine "stabile Diktatur" ja viel besser als eine wacklige, oder?

Und früher war überhaupt alles viel besser: nach dem zweiten Weltkrieg, das waren ja "anständige" Flüchtlinge, besser noch "Vertriebene" mit demselben Glauben, die waren ja nicht wirklich Ausländer, sondern Deutsche aus den Ostgebieten.

Nebenbei: auch die unsägliche Erika Steinbach pflegt immer noch den Opferstatus als "Vertriebene". Dabei war ihr Vater ein Nazi-Soldat, der zufällig 1941 nach Danzig versetzt wurde. Fr. Steinbach, geboren 1943, ist dann bereits 1945 zurück nach Schleswig-Holstein gekommen. Das hält sie aber nicht davon ab, energisch immer wieder Öl ins Feuer zu gießen und die Versöhnung mit den Nachbarn zu untergraben mit ihren kruden Thesen.

Und so war es wirklich: die Flüchtlinge wurden damals 1945 nicht mit offenen Armen willkommen geheißen, wie heute so schönfärberisch in einem Leserbrief behauptet wurde.
Die Flüchtlinge hatten nichts und wurden in Wöllstadt und sicherlich auch woanders als "Pollacken" u.ä.und anderes beschimpft, verprügelt und gemobbt.
Meine Oma war durch die Flucht so traumatisiert, dass sie nie wieder polnisch gesprochen hat, nicht einmal mit ihrem eigenen Bruder zu Besuch aus Polen.

Hört sich denn hier keiner mehr beim Reden und Denken zu? Das sind Menschen, die vor Krieg, Gewalt, Hunger flüchten und hier Schutz suchen.

Mein Lieblingsautor, Sir Terry Pratchett, hat in einem seiner sehr empfehlenswerten Bücher festgestellt: "Das Böse fängt an, wenn man Menschen wie Dinge behandelt".

Und genau das passiert seit lLangem tagtäglich: es wird nur noch geschachert, welches Land wie viele Flüchtlinge aufnimmt, und dabei wird das Elend dieser Menschen wahlweise ignoriert oder als Druckmittel verwendet.

Auch die Zahlen, die genannt werden, um angebliche "Überforderung" zu belegen, sind so lächerlich, dass man sich fragen muss: warum?

Im Vergleich zu 250 Milliarden Euro für die Banken - für ein bißchen Papier und ein paar Zahlen in Computern - mutet es beinahe traurig an, wenn über einen ähnlichen Zeitraum 5 Milliarden Euro für Flüchtlinge kalkuliert werden und Menschen dagegen auf die Straße gehen.

Weltweit sind nach Schätzungen 60 Millionen Menschen auf der Flucht. In einem anderen Leserbrief wird vermutet, ob Deutschland die knappe Hälfte davon (25 Mio.) verkraften könne. Wie kommt jemand auf die Idee zu so einer perfiden Rechnung?

Auf die Bevölkerungsgröße umgerechnet, nimmt sogar die Schweiz mehr Flüchtlinge auf als wir. Die wirklichen Zahlen sind nur Tausendstel von der demagogischen Zahl im Leserbrief von Hr. H.

Ein paar weitere Zahlen (Quelle: UNHCR, Anzahl syrische Flüchtlinge)
Syrien Inland7.600.000
Türkei1.550.000
Libanon1.140.000
Jordanien623.000
Europa insgesamt150.000
Deutschland41.000
Schweden34.000

Nochmal: für die Bankenrettung sind in den letzten Jahren fast 250 Milliarden Euro verpufft.
Ist das nicht absurd, wenn man darüber nachdenkt?

Es geht um Menschen!
[Update 20151202: Eigennamen abgekürzt]

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