24.09.2019

"Die Expertin" schreibt in der WZ über lästige Updates - Leserbrief

Die WZ hat am Samstag einen Stellenmarkt, und auf der Frontseite gibt es Glossen mit Tipps über alle möglichen Themen. Letzten Samstag erschien dort eine Glosse, in der ein Karriere-Coach sich darüber auslässt, wie lästig und unnötig Softwareupdates seien. Ich sah rot ...
[veröffentlicht am 24.09.19]

Leserbrief zur Glosse "Die Expertin"
In der Samstagsausgabe gibt es in der Rubrik "Stellenmarkt" eine Glosse mit dem Titel "Die Expertin".
Dort verfasste Tjalda Hessling am 07.09. einen Beitrag über lästige Updates auf ihrem Smartphone.
Der gesamte Inhalt dieses Beitrags zeigt nur eins: Frau Hessling mag eine Expertin auf vielen Gebieten sein, aber sie ist sicherlich nicht kompetent, über Sicherheit von Smartphones oder Computern zu schreiben.
Durch den ganzen Artikel zieht sich der Widerwillen gegen Updates, gepaart mit der schrägen Behauptung, dass bei Updates jedes Mal Geburtsdatum, Emailadresse oder andere persönliche Daten abgefragt werden. Das Gegenteil ist der Fall. Die Updates für das Betriebssystem kommen vom Hersteller des Smartphones, die Updates für Programme aus dem Appstore oder Playstore. Dort wird ganz sicher nicht (mehr) nach persönlichen Daten gefragt - die Nutzung geschieht mit dem angemeldeten Konto des Besitzers ohne weitere Nachfragen. Solche neugierigen Fragen könnten durchaus von einem Trojaner stammen, der durch ein nicht upgedatetes Handy ein bequemes Einfallstor ins Telefon gefunden hat.
Im Gegensatz zu Frau Hessling arbeite ich seit vielen Jahren in der Branche und bin überzeugt davon, dass regelmäßige Updates das wichtigste Bollwerk gegen Schadsoftware sind, und zwar noch weit vor der Nutzung eines Antivirusprogramms.
Die Nichtanwendung von Updates führt dazu, dass das Smartphone zur tickenden Zeitbombe wird, die mit zunehmendem Alter immer anfälliger gegen Viren und Trojaner sind.
Kürzlich tickerte eine Meldung durch die einschlägigen Nachrichtenportale, dass es Sicherheitslücken beim iPhone gibt, die beim schlichten Besuch einer Webseite das Gerät infizieren können.
Es ist wichtig, nicht nur beim Smartphone, sondern auch beim heimischen PC, dass die Programme und das Betriebssystem, sei es Windows, Linux, Android oder Apple iOS, immer so aktuell wie möglich gehalten werden. Es ist deswegen auch ratsam, beim Kauf eines Gerätes in die Entscheidung mit einzubeziehen, ob und wie oft Updates geliefert werden. Apple ist hier erfreulich zuverlässig, langfristig (3 bis 5 Jahre) Updates auch für ältere Geräte zu liefern. Bei Android sieht es leider schlimm aus: hier stechen nur wenige Hersteller positiv heraus, und auch das nur für ausgewählte Geräte. Leider kalkulieren die Handyhersteller gerade im preiswerten Segment ohne Updatekosten. Hier kauft man ein Gerät, das im Laufe seines Lebens nie wieder ein Update erhalten wird. Man sollte lieber ein klein wenig mehr Geld ausgeben für die Gewissheit, dass kein Bankingtrojaner heimlich Daten abgreift oder Überweisungen manipuliert. Halbwegs regelmäßig liefern nach eigenen Erfahrungen Google (für die hauseigenen Pixelmodelle), Samsung, Motorola und Nokia Updates aus. Fragen Sie vor dem Kauf eines bestimmten Modells!
Für Frau Hessling habe ich zum Schluss die Empfehlung, dass sie sich bei ihren Glossen auf die Themen beschränken sollte, für die sie tatsächlich kompetent ist. Mit solchen merkwürdigen Seitensprüngen gefährdet sie alle Smartphone-Besitzer, die ihre Ausführungen für bare Münze nehmen und nun auf Updates verzichten wollen.

16.09.2019

Das war kompliziert ... LineageOS 16.0 auf dem LG G3

Das war ein hartes Stück Arbeit diesmal! Bei ebay Kleinanzeigen habe ich ein LG G3 gesehen, das nicht mehr booten wollte. Der Verkäufer wollte nur ein Taschengeld dafür haben, deswegen konnte ich nicht nein sagen ...

"Nicht richtig starten" klingt nach einem größeren Hardwareproblem, d.h. die Hauptplatine des Geräts wird getauscht werden müssen. Bei solchen winzigen Bauteilen (noch dazu Spezialbauteilen ...) ist es nahezu aussichtslos, mit dem Lötkolben irgend etwas reparieren zu können.

Vor dem Kauf hatte ich bei ebay nachgeschaut, ob es Mainboards zu erschwinglichen Preisen gibt, und konnte ein Ersatzteil für ebenfalls wenig Geld in der "großen" 32 GB-Version bestellen. Es gibt Händler, die defekte Smartphones zerlegen und Einzelteile verkaufen. Auch Displays, Kameras, sogar einzelne Folienkabel kann man kaufen, wenn man ein entsprechendes Bedürfnis hat ;-)

Als das Telefon ankam, probierte ich zuerst, es einzuschalten. Das ging von etwa 20 Versuchen etwa einmal, und auch da nur bis zum "LG Life's good" Startbildschirm, danach war tote Hose. Also war tatsächlich Mainboard tauschen angesagt.


Die Geräte von LG (G3 und G4) sind sehr wartungsfreundlich. Man kann die Rückwand abnehmen, den Akku wechseln, und es ist nichts geklebt, sondern nur geschraubt. Nach dem Entfernen von gut 10 Schrauben rundherum konnte ich zwei Plastikführungen entfernen, die Folienkabel abklipsen und das Mainboard einfach herausheben und gegen das neue austauschen.

Insgesamt ist das LG G3 auch heute noch ein brauchbares Gerät. Beim Erscheinen war es die damalige Oberklasse, und auch heute kann man mit Snapdragon 800, 2.5 GHz, 4 Kernen, 3 GB RAM, 32 GB Speicher, 13MP-Kamera und einer Auflösung von 2500x1400 sehr gut leben. Außerdem kann man eine SD-Karte dazustecken, und meine testweise eingesteckte 64 GB-Karte hat es sofort benutzen können.

Das LG G4, das meine Frau bis vor einiger Zeit benutzte, ließ sich problemlos im fastboot-Menü entsperren, deswegen war ich zunächst ohne Bedenken, dass das G3 irgendwelche Probleme machen könnte.

Weit gefehlt!

So einen komplizierten Recherche- und Lernprozess hatte ich noch bei keinem der Handys, auf die ich LineageOS oder ein anderes Custom ROM installieren wollte.

Zum Ersten hat das Handy keinen fastboot-Modus. Das empfohlene Vorgehen ist, das Gerät zu "rooten", sich also mit Hilfe einer Sicherheitslücke in der Originalsoftware Administratorzugang (unter Unix eben "root") zu verschaffen, und danach direkt mit dem lowlevel-Befehl "dd" die Recoverypartition mit dem Custom Recovery TWRP zu überschreiben.

Schon das Rooten war nicht einfach: ich habe mehrere Tools ausprobieren müssen, bis eines erfolgreich war. Das Telefon bzw. das Ersatzmainboard kam mit Lollipop, also Android 5.0, und erst eine relativ neue Fassung von KingRoot hat es geschafft, mir Rootrechte zu geben. Die Installationsversuche mit Towelroot, Kingroot und ähnlichen Tools hat übrigens zuverlässig dazu geführt, dass Android mir erklären wollte, dass ich Schadsoftware auf dem Handy hätte, und bot gleich an, sie zu entfernen. Immerhin wurde ich trotzdem nicht daran gehindert, sie zu installieren und zu benutzen.

Das Flashen von TWRP war dann problemlos, aber beim Einschalten mit der Tastenkombination kam eben nicht das Customrecovery auf den Bildschirm, sondern ich bekam nur eine abwechselnd rot und blau leuchtende LED. Wie ich später herausfand, ist dies das Warnsignal, dass der "Secure boot" kein valides Recoveryprogramm gefunden hat. Aus diesem Fehlermodus kommt man nur durch Entfernen des Akkus wieder heraus.

Danach hatte ich noch mehrere erfolglose Versuche, mit anderen Versionen des TWRP-Images ein Custom Recovery auf das Gerät zu bringen. Jedes Mal wieder nur die lustig blinkende LED ...

Dann fragte ich auf Reddit im LG G3-Forum und bekam dort einen Hinweis, dass die "früheren" Bootloader noch nicht dieses Sicherheitsfeature hätten, und ich sollte mit dem Factoryimage (also die Originalfassung von LG) ein Android 4.4 installieren. Ich hätte nun beinah tatsächlich 1 GB heruntergeladen, aber zwischendrin stieß ich auf einen Artikel bei XDA, dass es reicht, nur den Bootloader zu ersetzen, ohne das gesamte Telefon mit einem noch älteren Android neu zu bespielen.

Freundlicherweise gibt es dafür ein Hilfswerkzeug, das ich im selben Artikel auch noch fand: es nennt sich AutoRecMM und überschreibt sowohl den Bootloader als auch das Recovery des Geräts mit passenden Versionen. Damit konnte ich tatsächlich in ein TWRP Custom Recovery booten, wenn auch in einer älteren Version 2.8.7.

Naja, das wär's dann eigentlich gewesen ... aber dann ist noch ein weiterer Fehler dazwischen gekommen: das LineageOS-zip ließ sich nicht flashen, weil das Gerät nicht mehr von sich selbst wusste, dass es ein G3, Modell d855 ist. Dieses Problem konnte ich beheben, indem ich mit TWRP selbst ein neueres TWRP installierte, diesmal 3.3.1. Wohlweislich hatte ich nämlich vor dem Flashen mit adb noch ein paar nützliche Dateien in den Speicher des Telefons überspielt, darunter auch die aktuelle twrp.img-Datei. Beim Flashen dieser Datei "lernt" das Handy wieder, dass es ein G3, d855 ist. Die Fehlermeldung dazu lautete sinngemäß "This installation requires a d855, your model is a .", d.h. die Kennung für den Typ des Smartphones war leer.

Wichtig: bei der ersten Installation unbedingt vor dem Booten auch gleich noch die Open GApps (stock, 32 bit) installieren. Nur wenn beide Dateien zusammen vor dem Booten geflasht wurden, passen alle Berechtigungen. Wenn LineageOS ohne die Open GApps gestartet wurde, lässt sich das nicht mehr nachholen und man muss einen Factory Reset machen und erneut beides (diesmal zusammen) flashen! Wenn man Krams wie Duo oder Hangouts nicht haben will, muss man mit einer handgeschnitzten gapps-config.txt nachhelfen, so dass die unnötigen Apps gleich entfernt werden. Es ist aber trotzdem sinnvoll, ein "großes" GApps-Paket zu installieren, damit die Apps, die man haben möchte, in der Systempartition und nicht im Benutzerspeicher installiert werden.

Und nun endlich konnte ich das aktuelle LineageOS 16.0 (mit Sicherheitsstand 09/2019) flashen! Und natürlich auch gleich Magisk zum Rooten :-)

Die Geschichte geht noch ein kleines Stücken weiter: die LineageOS-Version hat wunderbar funktioniert bis auf einen Haken: die Funktion "lange drücken" ging nicht. Beim Versuch, ein Widget auf dem Startbildschirm (ich mag die "analog clock") einzurichten, kam immer nur der Hinweis, dass ich lang drücken soll. Über das Update-Menü habe ich mir dann die 2 Tage neuere LineageOS-Version direkt auf das Gerät heruntergeladen und installieren lassen, und dann lief alles, so wie es soll ;-)

Zum Schluss noch eine Bemerkung, weil ich oben schon mal das LG G4 meiner Frau erwähnte:
es wurde dann abgelegt, weil es kein offizielles LineageOS mehr dafür gab, und durch ein Moto Z ersetzt, aber das ist eine andere Geschichte. Mittlerweile gibt es übrigens wieder "unofficial" Builds für das G4, und es läuft sehr gut damit. Aber auch das ist eine andere Geschichte ;-)